Deutscher Apothekertag 2021

Das große Schweigen

Ein Kommentar

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Dr. Doris Uhl, DAZ-Chefredakteurin

Die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen scheinen das Allheilmittel schlechthin zu sein für einen Beruf, dessen heilberufliche Seite im internationalen Vergleich hinterherhinkt, der so an Attraktivität verloren hat, dass fehlender Nachwuchs zu einem immer größeren Problem wird und das auch deshalb, weil die Anpassung der Honorierung in den letzten Jahren einfach ausgeblieben ist. Sie sollen aber auch ein Heilmittel sein für klaffende Sicherheitslücken in der Arzneimitteltherapie und auch noch die Apotheken in der Fläche stärken und so weiter und so fort. Diesen Eindruck vermittelte der Deutsche Apothekertag 2021 immer wieder. Die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen, die Apotheken ab 2022 zum Wohle der Allgemeinheit anbieten sollen, sollen den Weg frei machen nicht zuletzt für eine angemessene Honorierung und einen attraktiven Beruf. 80% der Apotheken planen laut Apothekenklimaindex bereits Maßnahmen für diese neuen Leistungen, verkündete die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im Rahmen der Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag. Doch leider, so ihr großes Bedauern, konnten sich die Verhandlungspartner des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) und des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen nicht einigen. Obwohl die Apothekerseite doch einen so gut ausgearbeiteten Katalog vorgelegt hatte. Leider hätten die Krankenkassen andere Vorstellungen von den Dienstleistungen gehabt, für die sie Geld ausgeben wollten.

Doch welche Vorschläge lagen auf dem Tisch? Welche konkreten Dienstleistungen wollte der DAV honoriert sehen, welche der GKV-Spitzenverband? Dieses Rätsel wollten weder die ABDA-Präsidentin noch der ebenfalls anwesende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Thomas Dittrich, noch der Hauptgeschäftsführer der ABDA, Dr. Sebastian Schmitz, lösen. Auf eine entsprechende Nachfrage erklärte die Präsidentin, sie könne keine Auskunft geben, weil sie nicht an den Verhandlungen teilgenommen habe. Der von ihr angesprochene DAV-Vorsitzende verharrte in Schwei­gen und überließ dem Hauptgeschäftsführer das Wort. Dieser griff dann auf die seit Monaten gebetsmühlenartig wiederholte Standardantwort zurück und bat um Verständnis, dass man über laufende Verhandlungen keine Auskunft geben könne. Man hoffe auf die Schiedsstelle, danach könne man über Details berichten. Pressesprecher Rainer Kern machte dann noch wenig Hoffnung, dass das große Schweigen in Kürze enden würde. Auf die Antwort müsse man wohl noch eine ganze Weile warten.

Nun ist der 1. Januar 2022 nur noch drei Monate entfernt. Hoffen wir, dass sich dann tatsächlich 80% der Apotheken auf die richtigen pharmazeutischen Dienstleistungen vorbereitet haben und möglichst viele von diesem neuem 150 Millionen Euro leichten Honorartopf profitieren können. Doch bekanntlich lehnt der GKV-Spitzenverband eine Ausschüttung an alle Apotheken nach dem Gießkannenprinzip ab. Vielleicht weil der Streit letztlich darum geht, dass in den Augen der Krankenkassen die von Apotheker-Seite gemachten Vorschläge schon jetzt von allen Apotheken zu erbringen sind, dass aber anspruchsvollere Leistungen wie Medikationsanalysen weder von allen Apotheken erbracht noch bei Teilnahme aller Apotheken mit 150 Millionen Euro zu finanzieren sind?

 

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