Deutscher Apothekertag 2021

Mehr Geld statt mehr Arbeit

Ein Kommentar

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der Deutschen Apotheker Zeitung

Das Problem ist alt, aber die Antwort ist neu. Die Apotheken brauchen mehr Geld, nicht nur für neue Aufgaben, sondern für ihren eigentlichen Versorgungsauftrag. Neu ist, dass die ABDA dieses Thema jetzt angehen will, wirklich! Die vorigen Honorarerhöhungen bezogen sich auf Leistungen, die mit viel Personalaufwand verbunden sind, beispielsweise Notdienst und Rezepturen. Dem jetzt erwarteten Geld für neue Dienstleistungen werden neue Kosten gegenüberstehen. Das ist, als sollten Angestellte bei Tarifverhandlungen mit weiteren bezahlten Überstunden honoriert werden. Doch die Apotheken brauchen zusätzliches Geld, um die vielen versteckten zusätzlichen Anforderungen der vorigen Jahre und die Inflation auszugleichen und vor allem um künftig ihr Personal angemessen zu bezahlen. Oder etwas verkürzt: Die Apotheken brauchen mehr Geld statt mehr Arbeit.

Auf dem Apothekertag hat die ABDA nun eingestanden, dass eine vor acht Jahren eingesetzte Arbeitsgruppe dazu nichts erarbeitet hat, wirklich gar nichts. DAV-Vize Hubmann erklärt dies damit, dass die Arbeitsgruppe vor vier Jahren vor einer ganz anderen Situation stand. Offenbar hatte die Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Preisbindung damals Vorrang. ABDA-Hauptgeschäftsführer Schmitz verweist auf den Unwillen der Politik bei der Pauschalhonorierung, hat nun aber deutlich gesagt, dass diese Debatte geführt werden muss. DAV-Chef ­Dittrich hat ebenso deutlich gesagt, dass das Honorar erhöht werden muss. Darüber will die ABDA nun „intern“ beraten.

Nach acht Jahren ergebnisloser Ausschussarbeit drängt sich allerdings eher auf, diesmal auf die Diskussion mit der Berufsöffentlichkeit zu setzen und nicht wieder auf einen Ausschuss. Der Verfasser dieses Kommentars hat schon 2015 einen Ansatz für ein Dynamisierungskonzept veröffentlicht. Je länger die vorige Anpassung von 2013 zurückliegt und je mehr Inflation sich entwickelt, umso mehr wird dafür sprechen. Allerdings haben sich praktisch alle Parteien bisher skeptisch zu einer Dynamisierung des Festzuschlags geäußert. Daher sollten auch andere Optionen geprüft werden. Beim Apothekertag hat sich Bundesgesundheitsminister Spahn durchaus offen für ein Konzept gezeigt, das Apotheken in ländlichen Alleinlagen bei der Bereitstellung ihrer Infrastruktur unterstützt. So wie er es formuliert hat, wäre das nicht die nötige Erhöhung für alle Apotheken. Doch die Idee lässt sich zu einem von der Apothekendichte abhängigen neuen Strukturhonorar ausbauen. Auch das wäre zusätzliches Geld ohne mehr Personalaufwand und es käme der Forderung entgegen, nicht die Abgabe von Packungen zu honorieren. Auch dazu gibt es schon länger Vorschläge, die auf eine Landapothekenförderung zurückgehen. Beispielsweise hat der Verfasser dieses Kommentars bereits im Jahr 2018 Gedanken zu einer fondsfinanzierten Strukturförderung publiziert. Daraus ließe sich ein Ansatz für alle Apotheken entwickeln. Vor der Pandemie wäre dieser Gedankensprung als Subvention für ein kleinteiliges System verworfen worden, aber künftig sollte ein solcher Ansatz viel besser ankommen. Es fehlt also nicht an Ideen, sondern eher an der Auswahl und bisher am Entschluss diese politisch zu vertreten. Doch das sollte sich nach dem jüngsten Apothekertag ändern. Dafür wird es allerhöchste Zeit, damit der Nachwuchs, der nun vermehrt gewonnen werden soll, nicht mit dem Blick auf die Verdienstaussichten gleich wieder abspringt.

 

1 Kommentar

Treffer

von Uwe Hansmann am 01.10.2021 um 11:12 Uhr

Lieber Herr Müller-Bohn,

man könnte schreiben:"Treffer, versenkt"

Es ist schon abenteuerlich, daß hier in den 8 Jahren nicht mehr erreicht werden konnte. Die Regierungsseite hat zudem weiter heftig gemauert.

Leider ist auch von zukünftigen Regierungen nicht viel zu erwarten. Es wird nach Corona zur Tagesordnung übergegangen . . . "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan . . ."

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