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Homeoffice: Auch ein Apotheken-Thema?

Arbeitsrechtliche Hinweise zur Corona-Arbeitsschutzverordnung

Ob Apothekenangestellte Teile ihrer Arbeit von zu Hause aus machen können, darüber wird derzeit kontrovers diskutiert. ADEXA-Rechts­anwältin Minou Hansen betrachtet die Frage aus juristischer Sicht.

Seit Dienstagabend letzter Woche stand fest: Neben weiteren Maßnahmen der Kontaktreduktion zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird ein neues Instrument geschaffen – die Verpflichtung der Arbeitgeber, den Beschäftigten soweit wie möglich das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen.

Die entsprechende SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) des Bundesarbeitsministe­riums wurde am 22. Januar 2021 im Bundes­anzeiger veröffentlicht und trat am Mittwoch, 27. Januar 2021, in Kraft. Ziel der Verordnung ist es, das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 am Arbeitsplatz zu minimieren und Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Die Verordnung ist Bestandteil des Arbeitsschutzes und gilt vorerst bis zum 15. März 2021.

Foto: Rawf8 – stock.adobe.com

Gefährdungsbeurteilung überprüfen

In § 2 wird ausgeführt, dass alle Arbeitgeber ihre Gefährdungsbeurteilungen hinsichtlich etwaiger zusätzlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und zu aktualisieren haben. Bislang war es in den meisten Bundesländern ausreichend, den Beschäftigten in den Apotheken durch Plexiglasscheiben und Bodenmarkierungen die Einhaltung der Abstandsregeln zu gewähren. Ebenso mussten die Kunden Mund-­Nasen-Bedeckungen tragen, und die Anzahl der Kunden pro Quadratmeter war begrenzt. Viele Apothekenleitungen haben davon abgesehen, auch die Angestellten zum Tragen von Masken zu verpflichten. Teils auf deren ausdrücklichen Wunsch, weil das Arbeiten mit Maske fast durchgängig als belastend empfunden wird.

Dies mag für die Ursprungsvariante des Virus vertretbar gewesen sein. Für die Mutationen wird von einer wesentlich leichteren Übertragbarkeit ausgegangen, sodass die Gefährdung unter Berücksichtigung dieser Veränderung neu beurteilt werden muss. Deshalb dürfte in den meisten Fällen das Tragen von FFP2-Masken, mindestens aber medizinischen OP-Masken, ein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr auch für die Angestellten sein. Die Masken sind von Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen (§ 3 Abs. 1 der Verordnung).

Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf das betriebsnotwendige Minimum zu begrenzen. Im HV-Bereich wird das schwierig umzusetzen sein. Im Back­office muss neu nachgedacht werden, ob zum Beispiel durch Staffelung der Arbeitszeiten vermieden werden kann, dass mehrere Personen gleichzeitig in den Räumen sind.

Digitale Meetings

Betriebsbedingte Zusammenkünfte sind auf ein Minimum zu reduzieren und nach Möglichkeit durch die Verwendung von Informationstechnologie zu ersetzen. Sprich: Statt Teamsitzung bei Kaffee und Kuchen digitale Meetings. Das ist natürlich nur die schlechtere Variante zum „echten“ Treffen, aber besser als gar nichts und gerade dann, wenn zum Beispiel in Schichten gearbeitet wird und die Teammitglieder sich selten bis gar nicht sehen, eine wichtige Maßnahme, um den Informationsfluss und den Zusammenhalt zu stärken.

Als größte Neuerung zwingt die Verordnung aber die Arbeitgeber, den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese in deren Wohnungen auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen – Homeoffice also. Vielfach mag man jetzt denken, dass das in der Apotheke gar nicht funktionieren kann. Der Handverkauf und die Tätigkeiten in Labor und Rezeptur sind nicht aus den Apothekenräumen wegzudenken. Warenbestellung und Rechnungsstellung können mit geeigneter Technik aber durchaus auch außerhalb der Apotheke durchgeführt werden. Wir haben unsere ADEXA-Berufsgruppen und Aktiven nach Ideen gefragt (siehe Kasten „Was lässt sich im Homeoffice machen?“). Die Filialleitung kann den Personaleinsatz und die Urlaubsplanung aus dem Homeoffice durchführen. Vorstellungsgespräche können zumindest im ersten Schritt online ­geführt werden. Und das Angebot an digitalen Fortbildungen ist enorm.

Wichtig ist, dass die Apothekenleitungen den Arbeitsauftrag der Verordnung verstehen: Es soll soweit wie möglich von zu Hause aus gearbeitet werden. Hier sind kreative Ideen gefragt!

Was lässt sich im Homeoffice machen?

Bevor man im Team konkrete Ideen entwickelt, welche Tätigkeiten im Home­office möglich sind, muss sich die Apothekenleitung (bzw. Filialleitung) grundsätzlich fragen: Kann ich die Mitarbeiterin, den Mitarbeiter in der Apotheke entbehren? Vielleicht ist aber auch nur ein Teil der Arbeitszeit betroffen – zum Beispiel bei einem Schicht­system. Eine Approbierte schätzt beispielsweise, dass nur etwa zehn Prozent ihrer Arbeit von zu Hause aus möglich seien.

Außerdem muss der Arbeitgeber bereit sein, finanzielle Mehraufwendungen zu tragen, um die notwendigen technischen Voraussetzungen – unter Umständen für viele Teilbereiche – zur Ver­fügung zu stellen. Als ein zentrales Problem wird daher auch der Zugang zu entsprechenden Datenbanken bzw. zur Apotheken-EDV angesehen. Hier muss absolute Sicherheit gewährleistet werden (heimisches WLAN als Sicherheits­risiko, Verhinderung von unbefugtem Zugang etc.). Neben der Technik ist es also auch eine Frage des Vertrauens der Apothekenleitung in die Beschäftigten.

Ergonomische Arbeitsplätze sind aktuell kein vorrangiges Problem aus Sicht der befragten ADEXA-Mitglieder; allerdings verfügt nicht jede Angestellte über einen ruhigen Heimarbeitsplatz.

Mögliche Tätigkeiten:

  • Einkauf: Saisonbestellungen
  • Buchführung: Rechnungskontrolle/Prüfung der Zahlungseingänge
  • QMS: administrative Aufgaben wie Gefährdungsbeurteilung, Hygiene­pläne, Beratungsleitlinien für die Selbstmedikation
  • administrative Aufgaben wie Urlaubsplanung, Dienstpläne erstellen
  • Rezeptkontrolle (sofern Zugang zur ­Software möglich ist)
  • Rezepturen: Erstellen der Plausibilitätsprüfung
  • BtM-Dokumentation
  • Medikationsanalysen (sofern Zugang zu entsprechenden Datenbanken möglich ist), Bearbeitung von Inter­aktions-Checks (Brown Bag Analyse)
  • eigene Fortbildung, Planung und Vorbereitung von Teamfortbildungen
  • Marketing: Planung von Aktionen und Erstellen von Flyern

IT-Ausstattung erforderlich

Soweit die zwingenden betrieblichen Gründe, die dem Homeoffice entgegenstehen, lediglich technischer Natur sind, zum Beispiel eine fehlende IT-Ausstattung, kann der Einwand nur vorübergehender Natur sein. Man muss sich als Apothekenleitung um Umsetzung bemühen. Hier werden ­sicher auch die Softwareanbieter mit datenschutzsicheren Lösungen in den Startlöchern stehen.

Was aber nun, wenn Angestellte der Meinung sind, Homeoffice sei umsetzbar, die Apothekenleitung das jedoch anders sieht? Hier ist im Vorweg der Verordnung lange gerungen worden, weil viele Arbeitgeberverbände Angst vor einem nicht umsetzbaren Zwang zum Homeoffice hatten. Deshalb geht die Verordnung davon aus, dass beide Seiten sich grundsätzlich einigen. Wenn das nicht möglich ist, können Beschäftigte die zuständige Arbeitsschutzbehörde einschalten. Dieser gegenüber muss die Apothekenleitung dann die betriebsbedingten Gründe vorlegen, die gegen einen Einsatz im Homeoffice sprechen. Ein Anspruch für Beschäftigte, den Homeoffice-Arbeitsplatz einzuklagen, ist ausdrücklich nicht vorgesehen.

Betrachten wir die Verordnung doch einfach als Anstoß und Chance, neu und weiter zu denken: Raus aus dem Klein-Klein und dem Hinterherhecheln in der Pandemieentwicklung. Die Prozesse betrachten und sich so aufstellen, dass Apotheke und Team gut durch diese Pandemie kommen und auch gegen zukünftige Krisen gewappnet sind! |

Rechtsanwältin Minou Hansen, Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung

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