Pandemie Spezial

Inaktivierter Ganzvirus-Impfstoff überzeugt

Phase-III-Studie zeigt bessere Immunantwort als unter AstraZeneca-Impfstoff Vaxzevria

cel | Gute Nachrichten zum inak­tivierten Ganzvirus-Impfstoff VLA2001 des französisch-österreichischen Konzerns Valneva: Der COVID-19-Impfstoff zeigte sich im Vergleich zum AstraZeneca-Impfstoff hinsichtlich der Antikörperantwort überlegen und war zudem besser verträglich. Wie sieht es bei COVID-19-Erkrankungen aus? Schneidet VLA2001 hier auch besser ab als Vaxzevria?

VLA2001 unterscheidet sich – hinsichtlich des Impfantigens – von den mRNA- oder Vektorimpfstoffen: Es handelt sich um einen inaktivierten Ganzvirus-Impfstoff, Valneva zufolge der einzige, der derzeit in klinischen Phasen gegen COVID-19 geprüft wird. Damit ist das Antigen in VLA2001 keine einzelne konservierte Struktur von SARS-CoV-2, wie das Spike-Protein (rekombinant in Novavax) oder die genetische Information (als mRNA oder integriert in einen Vektor) dafür, sondern das Ganzvirus von SARS-CoV-2, das chemisch inaktiviert wurde und dadurch seine Replikationsfähigkeit verloren hat. VLA2001 wird auf Valnevas etablierter Vero-Zell-Plattform hergestellt, wobei Valneva die Herstellungstechnologie bereits für seinen zugelassenen Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis, Ixiaro®, nutzt.

Das doppelte Adjuvans

Als Wirkverstärker setzt Valneva auf ein Adjuvans-Duo aus Alaun und CpG 1018. Dass Valneva gleich zwei Adjuvanzien nutzt, ist präklinischen Experimenten geschuldet, in denen durch die Adjuvans-Kombination „durchweg höhere Antikörperspiegel“ induziert wurden als bei alleiniger Wirkverstärkung mit dem Aluminium-haltigen Adjuvans. Zudem habe die Adjuvans-Kombination zu einer Verschiebung der Immunantwort in Richtung Th1 geführt – der Gruppe von T-Helferzellen, die für den Schutz vor Infektionen mit Viren (und intrazellulären Bakterien) wichtig sind.

Bei CpG 2018 handelt es sich um ein Adjuvans, das bereits in dem von der FDA und EMA zugelassenen Hepatitis-B-Impfstoff Heplisav-B enthalten ist und besonders auf den Toll-Like-Rezeptor (TLR-9) abzielt. CpG ist ein Dinukleotid aus Cytosin und Guanin. Durch diese Adjuvantierung mit CpG ist es dem Robert Koch-Institut zufolge geglückt, auch bei Dialysepatienten oder bei Typ-2-Diabetikern eine allgemein verstärkte Immunantwort auf die Hepatitis-B-Impfung auszulösen sowie das Impfschema von drei auf zwei Impfungen zu verkürzen – was insbesondere bei pandemischen Lagen vorteilhaft ist.

Foto: Ascannio/AdobeStock

Die Studie Cov-Compare

Anfang des vierten Quartals 2021 wollte Valneva Ergebnisse seiner zulassungsrelevanten Phase-III-Studie Cov-Compare bekannt geben und hat Wort gehalten. Am 18. Oktober teilte das Unternehmen mit, dass sein COVID-19-Imfpstoffkandidat VLA2001 beide co-primären Endpunkte in Cov-Compare erreicht hat. Dabei untersuchte Valneva seinen inaktivierten COVID-19-Ganzvirus-Impfstoff VLA2001 nicht gegen Placebo, sondern gegen den bereits zugelassenen Corona-Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria).

Cov-Compare (VLA2001-301) ist eine randomisierte, beobachterverblindete, kontrollierte, vergleichende Immunogenitätsstudie, für die 4.012 Erwachsene und 660 Heranwachsende rekrutiert wurden. Die Studie läuft multizentrisch in 26 Studienzentren im Vereinigten Königreich. 2.972 Teilnehmer und Teilnehmerinnen ab 30 Jahren wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert. Dabei wählte Valneva deswegen 30 Jahre als Altersgrenze, da die AstraZeneca-Impfung im Vereinigten Königreich auf diese Altersgruppe beschränkt ist und jüngere Probanden folglich nicht mit Vaxzevria vergleichend geimpft werden können.

Geimpft wurde zweimal im Abstand von 28 Tagen – entweder zwei intramuskuläre Dosen von VLA2001 (n = 1.977) oder AZD1222 (n = 995). Für die Immunogenitätsanalysen wurden 990 Proben (492 mit VLA2001 Geimpfte, 498 mit AZD1222 Geimpfte) ausgewertet. Zwei Wochen nach der zweiten Dosis wurde die Immunreaktion bestimmt, wobei als co-primäre Endpunkte die Überlegenheit der neutralisierenden Antikörpertiter von VLA2001 im Vergleich zu AZD1222 sowie die Nicht-Unterlegenheit der Serokonversionsraten neutralisierender Antikörper bei ab 30-jährigen Erwachsenen bestimmt wurden. Die restlichen 1.040 der 4.012 rekrutierten erwachsenen Teilnehmer, die aber unter 30 Jahre alt waren, wurden nicht randomisiert, und alle erhielten zwei Dosen VLA2001, ebenfalls im Abstand von 28 Tagen. Die Sicherheitsdaten der beiden Altersgruppen (von 18 bis 29 Jahren und ab 30 Jahren) wertet Valneva parallel aus.

Die Antikörperantwort

VLA2001 war hinsichtlich der Titer neutralisierender Antikörper dem Vektorimpfstoff Vaxzevria überlegen. Die Geimpften entwickelten nach zweimaliger VLA2001-Impfung Antikörpertiter von 803,5, nach AZD1222 lag der Titer bei 576,6 (Ratio: 1,39), jeweils bestimmt zwei Wochen nach der zweiten Dosis und bei ab 30-jährigen Erwachsenen. Der zweite co-pri­märe Endpunkt war definiert als Nicht-Unterlegenheit von VLA2001 gegen AZD1222 in Bezug auf die Serokonversionsrate, die in beiden Behandlungsgruppen über 95 Prozent liegen musste. Dieser Endpunkt wurde ebenfalls erreicht.

Die T-Zell-Antwort

Valneva informiert zudem über die T-Zell-Antwort auf die Impfung in der Studie. VLA2001 habe bei einer Subgruppe „breite antigenspezifische IFN-gamma-produzierende T-Zellen induziert“, die gegen das S-Protein (74,3 Prozent), N-Protein (45,9 Prozent) und M-Protein (20,3 Protein) reaktiv waren. Gamma-Interferon wird von CD4+-Lymphozyten (TH1-Zellen) sezerniert. Als inaktivierter Ganzvirus-Impfstoff weist VLA2001 zwar eine Vielzahl von Antigenen auf, die das Immunsystem stimulieren können, allerdings fehlt – durch Inaktivierung des Virus und dadurch fehlende Replizierung – die Fähigkeit, eine CD8+-T-Zell-Antwort (zytotoxische T-Zellen) auszulösen.

Gute Verträglichkeit

Neben der Wirksamkeit wurde VLA2001 auch auf Verträglichkeit geprüft: „VLA2001 war im Allgemeinen gut verträglich“, teilt Valneva mit, und sei vom Verträglichkeitsprofil „deutlich günstiger“ als der Vergleichsimpfstoff: 73,2 Prozent der mit VLA2001 Geimpften berichteten über Reaktionen an der Injektionsstelle, bei mit AstraZeneca Geimpften waren es 91,1 Prozent. Systemische unerwünschte Reak­tionen traten unter VLA2001 bei 70,2 Prozent der Geimpften auf, unter Vaxzevria bei 91,1 Prozent.

Kein schweres COVID-19

Neben den Laboranalysen hat Valneva auch analysiert, wie oft es zu einer COVID-19-Erkrankung kommt – Zahlen zu dem explorativen Endpunkt legt das Unternehmen allerdings nicht vor. Nur: „Das Auftreten von COVID-19-Fällen (explorativer Endpunkt) war in beiden Behandlungsgruppen ähnlich“. Und weiter: „Das völlige Ausbleiben schwerer COVID-19-Fälle könnte darauf hindeuten, dass beide in der Studie verwendeten Impfstoffe schwere COVID-19-Fälle verhinderten, die durch die zirkulierende(n) Variante(n) (vorwiegend Delta) verursacht wurden“.

Großbritannien prüft

Bei der britischen Arzneimittel­behörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) läuft seit August ein Rolling-Review-Verfahren. Nun will Valneva auch die Einreichung der bedingten Zulassung bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) vorbereiten. |

Literatur

Valneva-Pressemitteilung vom 18. Oktober 2021. https://valneva.com/press-release/valneva-reports-positive-phase-3-results-for-inactivated-adjuvanted-covid-19-vaccine-candidate-vla2001/

Study To Compare The Immunogenicity Against COVID-19, Of VLA2001 Vaccine To AZD1222 Vaccine (COV-COMPARE) www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04864561

 

Weiterer Beitrag des Pandemie Spezials in DAZ 2021, Nr. 43

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