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Wirtschaft
Wie läuft das ABDA-Datenpanel?
Apothekeninhaber und Filialleiter werden zu Kennzahlen und Leistungsdaten befragt
Seit 2018 befragt die ABDA jährlich Apothekeninhaber und Filialleiter nach betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und Leistungsdaten der Apotheken. Dieses Datenpanel möchte die ABDA als Grundlage für Gespräche mit Politikern und Marktpartnern nutzen. Einige Daten fließen in den Apothekenwirtschaftsbericht und in das statistische Jahrbuch über „Zahlen, Daten, Fakten“ ein. Darüber hinaus ist über die Ergebnisse bisher kaum etwas zu erfahren. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die Teilnehmerzahlen würden hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Vierte Runde bis zum 10. November
Neben den Standardfragen gibt es in den jährlichen Fragerunden jeweils zusätzliche aktuelle Fragen. Die diesjährige Runde läuft seit dem 1. September und endet voraussichtlich am 10. November. Teilnehmer erhalten 45 Euro brutto als Aufwandsentschädigung und „exklusiv zusätzliche Brancheninformationen“, heißt es von der ABDA. Diesmal – bei der vierten Runde – beziehen sich die aktuellen Fragen auf die Pandemie, pharmazeutische Dienstleistungen und medizinisches Cannabis.
280.000 Euro für die Weiterentwicklung
Offensichtlich ist die ABDA selbst nicht zufrieden mit dem Datenpanel. Denn nach Informationen der DAZ hat die ABDA in ihrem Haushalt für 2022 beachtliche 280.000 Euro zur „Weiterentwicklung des Datenpanels“ eingeplant. Bisher ist jedoch nicht bekannt, was die ABDA ändern möchte.
Was wird gefragt?
Als Grundlage für weitere Überlegungen sollte interessieren, welche Fragen die ABDA für das Panel überhaupt stellt und welche hoffentlich nützlichen Erkenntnisse sich daraus ableiten lassen. Das ist auch für potenzielle Teilnehmer wichtig. Denn die Teilnahme wird wesentlich vereinfacht, wenn bereits alle nötigen Daten vorliegen. Schon darum erstaunt, dass die ABDA die Fragen nicht veröffentlicht. Das könnte auch das Interesse an der Teilnahme erhöhen. Geheim sind die Fragen natürlich nicht, weil die Teilnehmer sie zwangsläufig erfahren. Darum soll hier ein Überblick vermittelt werden.
„Apothekentypen“ und Kundenzahlen
Am Anfang stehen einfache Fragen zur Person und zur Apotheke. Anhand der Postleitzahl werden Stadt-, Land- oder Umland-Lagen unterschieden. Dann soll der Apothekentyp, beispielsweise im Sinne von Lagen in einer Fußgängerzone, in einem Ärztehaus, am Bahnhof oder bei einem Krankenhaus, beschrieben werden. Dabei gibt es zwölf Auswahlmöglichkeiten. Mehrfachnennungen sind möglich. Außerdem wird nach der Infrastruktur im Sinne der Passantenfrequenz und der Parksituation gefragt. Die ABDA hat bisher keine Erkenntnisse zu diesen Typen von Apotheken veröffentlicht. Möglicherweise reichen die Teilnehmerzahlen nicht aus, um für alle Typen repräsentative Aussagen abzuleiten.
Dienstleistungen und „Spezialisierungen“
Weitere Fragen betreffen die durchschnittliche Kundenzahl pro Tag, die Zahl der Beschäftigten, die angebotenen pharmazeutischen Dienstleistungen und Messungen sowie die „Spezialisierungen“ der Apotheke. Dabei wird nach acht Dienstleistungen (z. B. Reiseberatung, Ernährungsberatung, Kompressionsstrümpfe, Medikationsanalyse), fünf Messungen und zehn Spezialisierungen (z. B. Inkontinenz, Naturheilkunde, Versandhandel, Heimversorgung, Mutter-Kind-Apotheke) gefragt. Ergänzend wird gefragt, ob Termine für Dienstleistungen vereinbart werden können, welche Dienstleistungen mit Krankenkassen abgerechnet werden, wie die Apotheke auf die Dienstleistungen aufmerksam macht und ob die Apotheke die Verblisterung von Arzneimitteln anbietet. Vermutlich ist damit sowohl das eigene Verblistern als auch die Verblisterung durch beauftragte Dienstleister gemeint. Wahrscheinlich fragt die ABDA in diesem Jahr so ausführlich nach Dienstleistungen, weil der Zustand vor der Einführung der neuen honorierten Leistungen als Ausgangsbasis erfasst werden soll. Für die Versorgungsforschung erscheint das hilfreich. Zu Cannabis gibt es hingegen nur die eine Frage, ob die Apotheke Patienten mit medizinischen Cannabisblüten versorgt. Dabei irritiert, dass nur Blüten, aber keine anderen Darreichungsformen erwähnt werden.
Lieferengpässe und ihre Folgen
Wesentlich ausführlicher sind die Fragen zu Lieferengpässen im Jahr 2021: Bei wie viel Prozent der Verordnungen war weder das Produkt noch eine Alternative zu beschaffen? Bei wie viel Prozent wurde eine Alternative abgegeben? Mit der zweiten Frage ist die Nutzung der diesbezüglichen Sonder-PZN gemeint, die auch aus Abrechnungsdaten ermittelt werden kann. Doch die Antworten auf die erste Frage versprechen neue, für die politische Argumentation wichtige Daten. Dabei geht es um die wirklich mühsamen und für alle Beteiligten belastenden Fälle, für die ein neues Rezept ausgestellt wird und die daher bisher in keiner Statistik auftauchen. Ebenso wichtig ist die folgende Frage, wie viel Arbeitszeit das Apothekenteam für das Management von Lieferengpässen pro Woche aufwendet. Dabei wird zwischen Arbeit mit einem Online-Bestellportal, zusätzlichen Botendiensten, Kontakten mit Ärzten, Rücksprachen mit dem Hersteller oder dem Großhandel und zusätzlichen Beratungen von Patienten unterschieden. Mit einiger Fantasie könnte auf der Grundlage dieser Daten ein Honorar für das Management von Lieferengpässen eingefordert werden. Außerdem wird nach den drei Wirkstoffen gefragt, die 2021 am häufigsten nicht geliefert oder ausgetauscht werden konnten. In der letzten Frage zu diesem Thema geht es darum, wie viel Prozent der OTC-Arzneimittel nicht geliefert werden konnten. Gemeint ist vermutlich der Prozentsatz bezogen auf die Anzahl der Kundenwünsche.
Notdienste und Botenlieferungen
Im Abschnitt zu Notdiensten geht es um die Zahl der Vollnotdienste und die Anzahl der durchschnittlich in einem Vollnotdienst versorgten Patienten, aufgeteilt nach Werktagen und Sonntagen. Zu Botendiensten wird gefragt, wie oft diese stattfinden – aufgeteilt nach Antwortklassen wie einmal oder mehrmals täglich – und in wie viel Prozent der Fälle sie von pharmazeutischem Personal durchgeführt werden. Weitere Fragen richten sich auf die durchschnittliche Zahl der Lieferungen pro Monat und die maximale Entfernung für den Botendienst. Antworten zum Botendienst hatte die ABDA bereits in ihren Wirtschaftsberichten veröffentlicht. Bei diesen relativ einfach strukturierten Fragen dürften auch mit eher wenigen Teilnehmern aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen sein. Erstaunlicherweise wird nicht gefragt, wie viele Lieferungen ohne eine vorherige persönliche Anwesenheit des Patienten in der Apotheke stattgefunden haben. Dies wäre für eine Bestandsaufnahme vor der flächendeckenden Einführung des E-Rezepts als Bezugsgröße für künftige Erhebungen wohl hilfreich gewesen.
Umgang mit der Pandemie
Im Wirtschaftsbericht für 2020 hatte die ABDA bereits über Maßnahmen der Apotheken zur Pandemie berichtet. Nun wird nach den zusätzlichen Kosten für Hygienemaßnahmen im ersten Halbjahr 2021 gefragt. Außerdem sollen Maßnahmen angekreuzt werden, die „zusätzlichen Aufwand“ aufgrund der Pandemie im bisherigen Jahr 2021 verursacht haben. Dies erscheint jedoch missverständlich. Plexiglaswände, die schon 2020 angeschafft wurden, sind zusätzlicher Aufwand gegenüber dem Normalzustand, aber vielleicht sind hier nur Neuanschaffungen des Jahres 2021 gemeint.
Harte betriebswirtschaftliche Daten
Im betriebswirtschaftlichen Hauptteil der Befragung geht es zunächst um den Absatz (in Packungen) und den Umsatz (in Euro) – insgesamt und für fünf Produktgruppen im Jahr 2020: Rx-Arzneimittel für die GKV, verordnete Arzneimittel für Selbstzahler (PKV und grünes Rezept), OTC-Arzneimittel, Freiwahlprodukte und Hilfsmittel. Anschließend wird nach den Gesamtkosten (ohne kalkulatorische Kosten) und den Kosten in acht Kostenarten im Jahr 2020 gefragt. Unterschieden werden Personalkosten, Raumkosten, Pacht, Marketingkosten, Fremdkapitalzinsen und Nebenkosten des Geldverkehrs, Abschreibungen, Gewerbesteuer und sonstige betriebliche Kosten. Schließlich fragt die ABDA nach dem gesamten Wareneinsatz in Euro und in Prozent vom Umsatz sowie nach dem Wareneinsatz und der Zahl der eingekauften Packungen – getrennt für Großhandels- und Direkteinkäufe.
Spannendes Material für die Honorardebatte
Da die Kosten in den Wirtschaftsberichten nur in Personalkosten und andere Kosten unterschieden werden, erscheint die hier abgefragte genauere Differenzierung der Kostenarten interessant. Damit kann die Entwicklung der Kostenarten in Zeitreihen unterschieden werden. Während die ABDA die Kosten der Apotheken im Jahreswirtschaftsbericht stets nur in Prozent vom Umsatz angibt, wird hier nach Euro-Beträgen gefragt. Daraufhin könnte empirisch ermittelt werden, wie hoch die Kosten in Abhängigkeit vom Umsatz sind. Damit könnte die in der Theorie seit Jahrzehnten umstrittene Frage nach dem Anteil der Fixkosten in Apotheken empirisch beantwortet werden. Dies alles verspricht hilfreiche Argumente für die Honorardebatte. Außerdem könnte mit den absoluten Umsatz- und Kostendaten eine Verteilung der Betriebsergebnisse bestimmt werden, die viel mehr als die üblichen Durchschnittswerte aussagt. Damit ließe sich möglicherweise abschätzen, wie viele Apotheken in absehbarer Zeit von einer Schließung bedroht sind. Dies alles kann politisch sehr nützlich sein. Darum erscheinen die gestellten Fragen relevant. Was die ABDA daran mit viel Geld ändern will, bleibt offen.
Entscheidend ist allerdings eine große und repräsentative Teilnehmerzahl. Doch vermutlich ist diese Zahl bisher eher wenig überzeugend. Dies wäre die naheliegendste Erklärung dafür, dass die ABDA in ihren Wirtschaftsberichten noch keine Antworten zu den betriebswirtschaftlichen Kernfragen aus dem Apothekenpanel veröffentlicht hat und dort weiterhin allein auf das Datenpanel der Treuhand Hannover setzt. |
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