Wirtschaft

Ein familiäres Netz

Die ABDA und ihre Tochterunternehmen

Die Kernaufgabe der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) besteht in der „Wahrung der gemeinsamen Interessen des apothekerlichen Heilberufes“. Dieses Ziel verfolgt die Standesorganisation zum einen über die ABDA selbst. Darüber hinaus gruppieren sich um die Kernmarke Tochterfirmen und weitere Aktivitäten. Dabei sollte die Interessenvertretung selbst ausschließlich von ihren Mitgliedern finanziert werden und sich nicht von den Töchtern abhängig machen. Während die ABDA selbst keine Gewinne erzielen darf, stellt sich die Frage, was langfristig aus den Gewinnen ihrer Töchter wird. | Von Thorsten Schüller und Thomas Müller-Bohn 

Es ist wie in großen Familien: Mutter und Vater sind meist die dominierenden Figuren. Daneben gibt es oft mehrere Kinder und Enkelkinder, die ihren eigenen Charakter, eigene Stärken und eigene Sichtbarkeit haben. Dieses familiäre Netz ist für Außenstehende nicht immer übersichtlich. Ähnlich verhält es sich mit der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), unter deren Dach sich die Apothekerkammern in der Bundesapothekerkammer (BAK) und die Apothekerverbände im Deutschen Apothekerverband e. V. (DAV) zusammengeschlossen haben. Zur Familie der apothekerlichen Standesvertretung gehören zahlreiche Tochtergesellschaften und Aktivitäten – der Dachverband spricht von „Institutionen der Apothekerschaft“. Während dabei die ABDA die Leitlinien und grundlegenden Interessen der Apothekerschaft in die Welt und zu Entscheidungsträgern – neudeutsch „Stakeholder“ genannt – trägt, haben sich die Gesellschaften am Rockzipfel der Mutter speziellen Aktivitäten verschrieben. Die reichen von Medienproduktion und Marketing über die Organisation von Veranstaltungen bis zur Vermittlung von Versicherungen und Fortbildung. Und während die ABDA über die Aktivitäten der Großfamilie bereitwillig Auskunft gibt, hält sie sich mit Informationen zu deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit deutlich zurück. Dabei ist ein näherer Blick auf diese Familienbande durchaus aufschlussreich.

Foto: Axel Bueckert/AdobeStock

Die ABDA vertritt die Interessen des apothekerlichen Heilberufes – dazu nutzt die Standesvertretung ein komplexes Geflecht von Unternehmen.

Avoxa – die Stimme der Apotheker

„Starke Stimme im Apothekenmarkt“ – so bezeichnet die ABDA selbst ihr prominentestes Tochterunternehmen Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH. In der Tat sendet das Unternehmen, das im Juli 2016 durch die Verschmelzung der Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH mit der Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH sowie Teilen der Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH (VGDA) entstanden ist, die Botschaften der Apotheker auf verschiedenen kommunikativen Kanälen in die Welt.

Die 100-prozentige Tochter richtet mit ihren über 200 Mitarbeitern und dem Unternehmenssitz in Eschborn bei Frankfurt a. M. unter anderem Messen wie die Expopharm und Fortbildungsveranstaltungen wie die halbjährlich stattfindenden Pharmacon-Kongresse in Schladming und Meran sowie das DAV-Wirtschaftsforum aus. Zum Unternehmen, das unter der Geschäftsführung von Peter Steinke und Metin Ergül steht, gehört auch der Bereich Pseudo Customer, der für Landesapothekerkammern Testkäufe mit anschließender Beratung organisiert. Darüber hinaus verlegt Avoxa Fach- und Kundenzeitschriften wie die „Pharmazeutische Zeitung“ oder die „Neue Apotheken Illustrierte“ und betreibt das Patienten-Gesundheitsportal „aponet.de“. Darüber hinaus gibt es Fach- und Publikumsbücher, Hilfen für den pharmazeutischen Apothekenalltag und zu Rezepturen sowie Organisationsmittel und Software für Apotheken. Nicht zuletzt produziert und vertreibt Avoxa im Bereich ABDATA Arzneimitteldaten.

Das vom ehemaligen ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt formulierte Ziel, durch die Avoxa-Fusion von 2016 „zusätzliche Synergieeffekte und dadurch eine noch schnellere und effektivere Ausrichtung auf die Anforderungen des Apothekenmarktes“ zu erreichen, wurde offenbar konsequent umgesetzt.

VGDA – eher im Hintergrund: Auch nach der Gründung der Avoxa besteht die Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker mbH (VGDA) weiter. Diese ältere Schwester der Avoxa ist ebenfalls ein Tochterunternehmen der ABDA. Mit ihren Verwaltungsauf­gaben tritt sie öffentlich nur wenig in Erscheinung.

Vielfältige Töchter der Avoxa

Die Bedeutung der Avoxa wird noch gesteigert, weil sie mittlerweile eigenen Nachwuchs bekommen hat. Zum engeren Familienkreis zählen heute vier Gesellschaften.

NGDA – Enkelkind mit digitaler ­Affinität: Die 2017 in Eschborn gegründete Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mbh (NGDA), eine 100-prozentige Avoxa-Tochter, fokussiert sich auf die „Entwicklung einer Infrastruktur für den digitalen Austausch zwischen Akteuren im Gesundheitswesen“. Zu ihren Aufgaben gehört beispielsweise die Einrichtung des Apothekenservers für Securpharm. Darüber hinaus konzipierte die NGDA für das E-­Rezept-Modellprojekt „Gerda“ den Fachdienst-Server und entwickelt im Auftrag des DAV das Apothekenverzeichnis für die Gematik-App.

Ravati Seminare – Fitmachen fürs Examen: Zu den Aufgaben der Augsburger Ravati Seminare GmbH zählen seit mehr als zehn Jahren die Examensvorbereitung für Pharmaziestudenten und Praktikanten sowie die Fortbildung von Apothekern. Dabei sieht sich Ravati selbst als Marktführer für die außeruniversitäre Lehre in Deutschland. Das Unternehmen wurde am 1. März 2017 in die Avoxa integriert und ist eine 100-prozentige Tochter.

pharma4u – Pharmazie goes online: Die pharma4u GmbH entwickelt und vertreibt nach eigenen Angaben digitale webbasierte Software, Apps sowie Content für pharmazeutische Fachkräfte – vom Studierenden über PTA und Praktikanten bis zum Apotheker. Avoxa hält 50 Prozent der Anteile an dem Online-Portal, weitere Muttergesellschaft ist die Augsburger MedApo GmbH. Die pharma4u hat ihren Sitz im Apothekerhaus in Eschborn sowie einen Bürostandort in München.

VfA – hoffentlich gut versichert: Die Versicherungsvermittlung für Apotheker GmbH (VfA) hat sich der Beratung, Vermittlung und Betreuung von Versicherungsverträgen für Apotheker verschrieben. Der Versicherungsmakler wurde 1956 von Apothekern gegründet und hat seinen Sitz wie andere ABDA- und Avoxa-Gesellschaften in Eschborn.

Daneben gehört eine Reihe weiterer Unternehmen und Organisationen zum Umfeld der ABDA-Familie.

MGDA – Marketing für Apotheker

Die MGDA – Marketing-Gesellschaft Deutscher Apotheker mbH ist ein Unternehmen des Deutschen Apothekerverbandes e. V. (DAV) und sieht sich einerseits als Makler zwischen Industrie und Apotheke, andererseits als Dienstleister für beide Zielgruppen. Der Fokus der MGDA und ihrer Partnerfirmen liegt auf Marketing- und Fortbildungsmaß­nahmen für Apotheker. Konkret geht es dabei beispielsweise um Videomarketing oder den Einsatz von Google-Ads-Anzeigen für Apotheken. Die MGDA agiert bundesweit und wird durch die Landesapothekerverbände unterstützt.

Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker – eine Frage des Stoffes

Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. (ZL) in Eschborn sieht sich als Partner für Qualitätsfragen von Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren. Dazu zählen insbesondere die Charakterisierung von Ausgangsstoffen und Primärpackmitteln, von Hilfsstoffen und Fertigprodukten sowie biopharmazeutische und pharmakokinetische Untersuchungen von Arzneistoffen und Fertigprodukten. Darüber hinaus widmet sich das ZL der Identifizierung von Neben- und Zersetzungsprodukten sowie Metaboliten.

Deutsches Arzneiprüfungsinstitut – sichere Arzneimittel

Laut Satzung widmet sich das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) der Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. Dazu betreibt das DAPI Arzneimittelversorgungsforschung. Das Institut verweist zudem darauf, dass ihm eine Datenbasis mit mehr als fünf Milliarden anonymisierten Verordnungen aus der GKV-Arzneimittelabrechnung zur Verfügung steht.

Deutsches Apotheken-Museum – der Blick zurück

Das 1937 in München gegründete und 1957 in Heidelberg reaktivierte Deutsche Apotheken-Museum will den Besuchern die Pharmaziegeschichte nahebringen. In den Räumen des Heidelberger Schlosses erfahren diese, wie der Arbeitsplatz des Apothekers einst ausgesehen hat, sie können die Entwicklung von antiken bis hin zu modernen Arzneimitteln nachverfolgen und Wissenswertes zum Thema „Glaube und Heilung“ erfahren.

Abb.: Als Spitzenorganisation aller Apothekerinnen und Apotheker zählt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) 17 Landesapothekerkammern und 17 Landesapothekerverbände zu ihren Mitgliedern. Daneben bestehen diverse „Institutionen“ der Apothekerschaft.

Familienangehörige „zweiten Grades“

Außer den Töchtern und Enkeln der ABDA gehören weitere Unternehmen zum Einflussbereich der Apothekerschaft. Die größte wirtschaftliche Bedeutung haben die Rechenzentren, an denen Landesapothekerverbände beteiligt sind. Die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover gehört mehrheitlich dem Treuhand-Verband Deutscher Apotheker e. V., dem wiederum selbstständige Apotheker angehören.

Die Agentur für Präqualifizierung (AfP) war zumindest gemäß einer Information aus dem Jahr 2010 eine Tochtergesellschaft der MGDA und damit eine „Enkelin“ des Deutschen Apothekerverbands (DAV). Wie Avoxa ist sie in der Eschborner Carl-Mannich-Straße lokalisiert. Die AfP gilt neben rund 20 weiteren Zertifizierungsstellen als eine der größten in Deutschland und muss laut gesetzlichen Vorgaben ihre Unabhängigkeit, Objektivität und Unparteilichkeit dauerhaft gewährleisten. Das bedeutet, dass es keinen Interessenkonflikt mit Leistungserbringern oder deren Interessen­verbänden geben darf. Diese Anforderungen werden von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) überprüft. Die Präqualifizierung sorgt allerdings im Apothekenalltag immer wieder für Unmut. Daraufhin kündigte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kürzlich an, die AfP solle neu aufgestellt werden. Sie solle die Apotheken unterstützen und dabei „wertschätzend und verstehend“ auftreten.

GEDISA – das jüngste Familienmitglied

Am 11. November 2021 hat die Familie rund um die ABDA ihren jüngsten Zuwachs bekommen. An diesem Tag wurde die Gesellschaft für digitale Services der Apotheken (GEDISA) gegründet. Sie ist eine gemeinsame Tochtergesellschaft der einzelnen Apothekerverbände, zunächst allerdings ohne den Apothekerverband Westfalen-Lippe. Die GEDISA wird künftig das Online-Portal der deutschen Apotheken betreiben und weiterentwickeln, das auf den Deutschen Apothekerverband zurückgeht. Mit Blick auf die künftige wett­bewerbliche Tätigkeit soll jedoch eine eigene Gesellschaft für das Portal zuständig sein, die von den Verbänden und nicht aus Mitteln der ABDA finanziert wird.

Wirtschaftliche Kennzahlen: Nebel über der ABDA-Familie

Während die ABDA recht offen über die Aktivitäten ihrer Töchter, Enkel und sonstigen Familienangehörigen berichtet, hält sie sich mit Auskünften zu deren wirtschaftlicher Entwicklung deutlich bedeckter. Zur Einschätzung, welche Werte und Volumina unter dem ABDA-Dach angesiedelt sind, muss man sich teilweise auf ältere Angaben stützen. So hieß es anlässlich des Zusammenschlusses von Govi-Verlag und WuV im Jahr 2016, dass diese beiden Gesellschaften auf einen Gesamtumsatz von 40 Millionen Euro kämen. Nach einem damaligen Gutachten der Unternehmensberatung KPMG wurde der Wert des Govi-Verlages einst auf rund 32 Millionen Euro taxiert, der von der WuV auf etwa 84 Millionen Euro.

Immerhin können für einige Töchter Geschäftsberichte eingesehen werden – die jüngsten beziehen sich dabei meist auf das Jahr 2019. Die im Februar 2021 veröffentlichten finanziellen Leistungsindikatoren im Report der Medientochter Avoxa vermitteln dabei den Eindruck eines wirtschaftlich sehr gesunden Unternehmens. Die ABDA selbst spricht mit Bezug auf Avoxa von „einer sehr stabilen Entwicklung“ im Jahr 2019. Nachdem Umsatz und Ergebnis bereits in den beiden Vorjahren stark gestiegen waren, konnte Avoxa den Umsatz 2019 noch mal um 1,1 Millionen Euro auf 46,5 Millionen Euro steigern. Die wichtigsten Positionen dabei waren 23,6 Millionen Euro aus dem Verlagsbereich, 16,5 Millionen Euro von den Datenservices der ABDATA und 5,6 Millionen Euro aus dem Veranstaltungsgeschäft. Das Ergebnis vor Steuern ging allerdings von 10,35 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 9,98 Millionen Euro im Jahr 2019 zurück. Einen Wermutstropfen stellten dabei vor allem überdurchschnittlich starke Rückgänge der Anzeigenerlöse bei der „Pharmazeutischen Zeitung“ dar.

Auch die übrigen Avoxa-Kennzahlen deuten auf eine solide Bilanz hin: Die liquiden Mittel betrugen Ende 2019 rund 49,2 Millionen Euro gegenüber 44,3 Millionen Euro im Vorjahr. Die Bilanzsumme legte von 68,7 auf 74,7 Millionen Euro zu. Komfortabel ist auch die Eigenkapitalquote mit 90,7 Prozent. Die Erklärung dafür liegt in der Gewinnverwendung bei der Avoxa. Die beträchtlichen Gewinne bleiben seit Jahren überwiegend im Unternehmen. Zum Jahresende 2019 bestanden Gewinnrücklagen von 30 Millionen Euro und ein Gewinnvortrag von 14,8 Millionen Euro. Hinzu kam der Jahresüberschuss von 7,1 Millionen Euro aus dem Jahr 2019. Auf die Frage der DAZ, wofür die Gewinne der Avoxa verwendet werden, antwortete ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern: „Diese fließen zum einen in Rücklagen des Unternehmens zur Risikovorsorge. Zum zweiten ermöglichen sie Investitionen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auch für die Zukunft sichern. Zum dritten tragen die Gewinne auch zur Stützung des Haushaltes der ABDA bei und helfen damit, die Beitragslast der Mitgliedsorganisationen zu begrenzen.“

Zu den Investitionen der Avoxa gehören beispielsweise die Digitalisierungsprojekte der NGDA, die von der Avoxa mit 4,074 Millionen Euro (Stand: Ende 2019) finanziert werden. Doch der größte Teil des Avoxa-Vermögens lag zumindest bis Ende 2019 in Form liquider Mittel im Unternehmen und wird demnach weder für Investitionen noch für die ABDA genutzt.

Verhaltener sah bei Publikation des 2019er-Geschäftsberichtes allerdings der Ausblick auf das Jahr 2020 und die damit einhergehende Corona-Pandemie aus. Dieser „exogene Schock“ führte bei der Avoxa-Mediengruppe erwartungsgemäß zu deutlichen Umsatz- und Ergebniseinbußen, besonders im Veranstaltungsbereich. Im Verlagsbereich dämpfte zudem der Einbruch der Gesamtwirtschaft die Umsatzentwicklung. Für die Avoxa-Manager war bereits damals klar, „dass die krisenbedingten Umsatz- und Ergebniseinbußen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft im Jahr 2020 belasten werden“. Das konkrete Ausmaß war zum damaligen Zeitpunkt allerdings noch nicht verlässlich zu prognostizieren. Andererseits beruhigte das Unternehmen mit den Worten, dass die Corona-bedingten Verluste für die Avoxa-Mediengruppe aufgrund hoher finanzieller Reserven nicht existenzbedrohend seien.

Abgesehen von der Avoxa sind die verfügbaren Informationen zu den anderen Gesellschaften der ABDA-Familie eher spärlich. So heißt es über die pharma4u GmbH, dass diese Firma sowohl 2018 als auch 2019 hohe sechsstellige Gewinne vor Steuern erzielte.

Auch für die NGDA war 2019 laut Geschäftsbericht ein erfolgreiches Jahr. Nach den Entwicklungs­arbeiten der Vorjahre erwirtschaftete die NGDA seit der Aufnahme des Securpharm-Regelbetriebs im Februar 2019 „erstmals substanzielle regelmäßige Erlöse“. Diese stiegen den Angaben zufolge 2019 im Vorjahresvergleich von 0,6 auf 3,6 Millionen Euro, während der Jahresfehlbetrag von knapp 2,3 auf 0,2 Millionen Euro reduziert werden konnte.

Zur Ravati Seminare GmbH heißt es, dass diese Gesellschaft für 2019 wie bereits für die beiden Vorjahre ein „nahezu ausgeglichenes Ergebnis“ ausgewiesen hat.

Die Mutter rechnet nur als Verband ohne Gewinnabsicht

Doch die Ergebnisse der Töchter und Enkel schlagen sich nur wenig bis gar nicht in den Geschäftszahlen der ABDA nieder. Deren Jahresüberschüsse sind in der Gewinn- und Verlustrechnung der ABDA nicht zu finden, sondern sie bleiben bei den Töchtern. Insbesondere die Avoxa hat auf diese Weise ein beträchtliches Vermögen angesammelt (siehe Seite 29). Die Darstellung ist anders als in der Bilanz eines Konzerns – und das muss auch so sein. Denn die Töchter wurden gegründet, um die ABDA als Verband ohne Gewinnabsicht von den wirtschaftenden Töchtern, die Gewinne erzielen, zu trennen.

Die Jahresabschlüsse der ABDA weisen daher im Prinzip nur aus, was den Verband selbst betrifft. Dazu gehören der Haushalt für die Verbandsarbeit und die Vermögensverwaltung. Letztere betrifft überwiegend die Grundstücke und Gebäude der ABDA. Hier besteht ein Zusammenhang zu den Töchtern, soweit diese die Gebäude der ABDA nutzen. Ansonsten spielen die Töchter in den Geschäftszahlen der ABDA dann eine Rolle, wenn sie Leistungen für die ABDA erbringen. In der Gewinn- und Verlustrechnung für 2020 stehen beispielsweise zusammen etwa 467.400 Euro für Verwaltungsleistungen von der VGDA (für Buchhaltung) und von der Avoxa (für IT). Dies schlägt beim Ergebnis der ABDA negativ zu Buche, bei den Töchtern hingegen positiv, aber der letztere Aspekt ist nur in den Geschäftszahlen der Töchter abzulesen. Außerdem hat die ABDA 2020 für den Sammelbezug der „Pharmazeutischen Zeitung“ 1,69 Millionen Euro ausgegeben.

Foto: markus thoenen/AdobeStock

Die Gewinn- und Verlustrechnung der ABDA weist am Ende die Position „Ergebnis aus Beteiligungen und weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben“ aus. Für 2020 ist dort ein negatives Ergebnis von etwa 870.000 Euro ausgewiesen. Gemäß den Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung setzt sich dieser Betrag insbesondere aus Kapitalertragsteuer, Gewerbesteuer für die Vorjahre und Nachzahlungen zur Körperschaftssteuer zusammen. Vermutlich hängt dies mit nachträglichen steuerlichen Bewertungen zusammen. In früheren Jahren wurde diese Position als „Beteiligungsverwaltung“ ausgewiesen, und das traf den Inhalt wohl besser. Jedenfalls stehen dort nicht die Überschüsse der Avoxa. Die Gewinn- und Verlustrechnung der ABDA gibt daher zwar Aufschluss, wie effektiv die Verbandsarbeit in finanzieller Hinsicht erbracht wurde und wie erfolgreich mit den Immobilien gewirtschaftet wurde. Sie sagt aber nichts darüber aus, wie erfolgreich die Töchter waren. Der mittlerweile vorliegende Jahresabschluss der ABDA für 2020 lässt daher auch nicht erkennen, wie stark die Pandemie mit dem Ausfall der Expopharm die Avoxa belastet hat. Das wird erst der Abschluss der Avoxa zeigen.

Entsprechendes gilt für die Bilanz. In der Vermögensaufstellung der ABDA werden die Beteiligungen selbstverständlich mit Nennwerten erwähnt. In der Vermögensaufstellung für 2020 sind zusammen etwa 300.000 Euro für die Avoxa und die VGDA ausgewiesen. Allein in der Bilanz der Avoxa steht allerdings gezeichnetes Kapital von 375.000 Euro. Der tatsächliche Wert des Unternehmens ist auf jeden Fall sehr viel höher. Allein die liquiden Mittel der Avoxa gemäß ihrer Bilanz von 2019 in Höhe von 49,2 Millionen Euro entsprechen etwa dem buchmäßigen Gesamtvermögen der ABDA-„Mutter“.

Was hat die ABDA von den Tochterunternehmen zu erwarten?

Am Ende der Gewinn- und Verlustrechnung der ABDA, also der Mutter allein, stand für 2019 und 2020 jeweils ein negativer Jahresüberschuss. Für 2020 ergab sich ein Fehlbetrag von 2,43 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es 1,88 Millionen Euro. Die Beiträge und sonstigen Einnahmen des Verbandes reichen demnach kaum für die Verbandsarbeit aus. Aus dieser Perspektive erscheinen die Beitragserhöhungen der Vergangenheit also gerechtfertigt, unabhängig von einer möglichen Debatte über Effizienzreserven in der eigentlichen Arbeit. Doch hier stellt sich die Frage, ob die reichlich vorhandenen Mittel der Avoxa nicht viel mehr „zur Stützung des Haushaltes der ABDA“ eingesetzt werden sollten, zumal die ABDA diese Verwendung in ihrem Statement selbst benennt. Dagegen könnte allerdings angeführt werden, dass die Interessenvertretung von den Mitgliedern finanziert werden muss und sich nicht von den Einnahmen der Töchter abhängig machen darf. Hier lässt sich wieder das Bild der Familie bemühen. Die Mutter möchte für sich selbst sorgen – erst recht, wenn sie einen selbstbewussten Berufsstand vertreten will. Gegen die Finanzierung durch die Töchter sprechen also grundsätzliche und auch praktische Argumente. Denn die Erträge der Töchter müssen nicht immer so gut sein wie in der Zeit vor der Pandemie. Hinzu kommen steuerliche Aspekte. Denn die Trennung der Vermögenssphären soll verhindern, dass die ABDA als Unternehmen besteuert wird. Das alles erscheint plausibel und doch bleiben grundsätzliche Fragen offen: Was soll langfristig mit den Überschüssen der Avoxa geschehen? Wem stehen sie letztlich zu? Wofür sollen sie dienen, wenn sie nicht die Beitragslast der ABDA-Mitglieder und damit letztlich der Apotheken reduzieren sollen? |

Autoren

Thorsten Schüller ist freier Wirtschaftsjournalist und schreibt u. a. für DAZ, AZ und DAZ.online über den Apotheken-, Pharma- und Großhandelsmarkt.

 

Dr. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Dipl.-Kaufmann, DAZ-Redakteur

Transparenz oder Verwirrung

Ein Kommentar

Thomas Müller-Bohn

Verbände sind Interessenvertretungen ohne eigene Gewinnabsicht. Kammern sind aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben noch weiter vom Wirtschaftsgeschehen entfernt. Dennoch kann eine solche Interessenvertretung auch in wirtschaftliche Tätigkeiten münden. Das Steuerrecht drängt die Akteure dazu, diese komplexe Arbeit auf unterschiedliche Körperschaften zu verteilen. Ob das die Transparenz verbessert oder die Verwirrung steigert, mag umstritten bleiben. Die Regeln sind so. Die Interessenvertretung der Apotheker, die ohnehin mit Kammern und Verbänden sehr komplex ist, muss deshalb noch differenzierter angelegt werden. Die ABDA, der Deutsche Apothekerverband und einzelne Landesverbände benötigen wirtschaftende Töchter. Für spezielle Aufgaben sind eigenständige Organisationen wie das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut und das Deutsche Apothekenmuseum angebracht. In anderen Fällen sollen personelle Verbindungen zur ABDA gemeinsame strategische Konzepte sichern. Für jede Variante mag es gute Gründe geben, aber in der Summe entsteht ein verwirrendes Bild. Im nebenstehenden Beitrag werden die Zusammenhänge dargestellt.

Argwöhnische Betrachter könnten vermuten, dass in einem so komplexen Geflecht eher etwas versteckt wird, als dass die Aufteilung der Transparenz dient. Bei der mühsamen Aufgabe alles richtig einzuordnen, laufen aber auch wohlwollende Betrachter Gefahr, zwei wesentliche Fragen aus dem Blick zu verlieren – und das ist wohl das entscheidende Problem. Erstens betrifft dies die Frage, ob die Struktur der ABDA als „Verband der Verbände“ und Kammern für die eigentliche Interessenvertretung ideal ist. Ist es wirklich zielführend, „mit einer Stimme“ zu sprechen oder könnten mehrere Organisationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten in einem komplexen Gesundheitswesen mehr erreichen? Die ABDA hat sich im vorigen Jahr selbst eine Strukturanalyse verordnet, aber die ABDA-Spitzenvertreter haben zu den Ergebnissen bisher fast nichts berichtet – nur dass es offenbar Handlungsbedarf gibt. Die ABDA-Präsidentin sprach in der vorigen Woche über eine ABDA, die schlanker und transparenter werden soll (siehe Seite 84). Damit hat sie die Erwartungen und die Spannung gesteigert, aber eine konstruktive Debatte ist das noch nicht.

Bei der zweiten Frage geht es um die Tochtergesellschaften: Durch die erzwungene Abspaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit sammeln sich in dieser Sphäre auf die Dauer erhebliche Gewinne an, die nicht ohne Weiteres in die Verbandssphäre überzuleiten sind. Das kann nicht ewig so weitergehen. Was soll damit geschehen? Die ABDA ist Eigentümerin der wirtschaftenden Töchter. Wem sonst sollten die Gewinne zugutekommen? Einerseits könnten sie die Beitragslast spürbar senken. Andererseits sollte sich ein Verband nicht von wirtschaftlichen Erfolgen seiner Töchter abhängig machen. Es gibt gute Argumente für unterschiedliche Optionen. Doch das Problem ist, dass diese Frage bisher nicht offen mit denen diskutiert wird, die die ABDA mit ihren Beiträgen tragen.

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