Die Seite 3

Er wird es doch!

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

Wird er es? Wird er es nicht? Über wohl keine Ministerpersonalie der Ampel-Koalition wurde so viel spekuliert. Nun hat die SPD Karl Lauterbach doch als Gesundheitsminister nominiert. Höchstwahrscheinlich wird er das Amt angetreten haben, wenn diese Ausgabe der DAZ erscheint. Das war lange fraglich. Seine Präsenz in Talkshows war so übertrieben, dass sich die Frage stellte, wann er überhaupt seiner Arbeit als Abgeordneter nachgeht. Seine vielfach eigenständigen Positionen gefielen nicht allen Parteifreunden. Doch der künftige/neue Bundeskanzler Olaf Scholz überspielte dies souverän, indem er bei der Präsentation des Gesundheitsministers nur das eine, hier entscheidende Argument nannte: Er ist „vom Fach“. – Lauterbach hat die Qualifikation, die in der Pandemie gefragt ist. Für ihn spricht sicherlich, dass er sich in das Thema nicht einarbeiten muss. Außerdem hätte jede andere Entscheidung Lauterbach massiv beschädigt. Doch jede Regierungspartei muss sorgsam mit ihrem ministrablen Personal umgehen. Schließlich bleibt zu fragen, wer sonst diese heikle Aufgabe so gerne (oder überhaupt) übernommen hätte. Denn sie kann leicht zu einem vorzeitigen Karriereende führen.

Nun muss Lauterbach den nötigen Wandel vom Talkshowgast zum Politiker vollziehen. Markige Warnungen und Unken­rufe haben ihm Schlagzeilen eingebracht. Er hat die Debatte polarisiert. In Talkshows fällt es leicht, bei jedem Inzidenzanstieg reflexartig einen Lockdown zu fordern und damit die primitive Mentalität „viel hilft viel“ zu bedienen. Doch beim Regieren sind andere Qualitäten gefragt. Lauterbach muss umschalten und von der angstgetriebenen Talkshow-Rhetorik zu einer vorwärts gerichteten Mentalität wechseln. In der lange erhofften und nun erreichten Macht liegt die Gefahr, das nötige Maß zu verlieren. Doch gerade nach einer so langen Ausnahmesituation sind konstruktive Wege gefragt, die möglichst alle mitgehen können. Das Impfen positiv zu vermitteln und erfolgreich umzusetzen, wird seine Bewährungsprobe werden. Statt Lockdown-Ideen in Talkshows sind endlich durchdachte Strukturen für das Impfen gefragt – von der Mengenplanung bis zur Terminvergabe. Bei der Minister-Präsen­tation erklärte Lauterbach, die Pandemie werde noch länger dauern, als viele meinen, „wir werden das aber schaffen“. Das klang ein bisschen wie Merkels berühmter Satz und könnte für Lauterbach zu einem neuen Anfang werden.

Dann kündigte er die nächste Konsequenz an. Die Regierung werde das Gesundheitssystem robuster machen. Es werde keine Leistungskürzungen geben. Dieses Bekenntnis in diesem besonderen Moment macht Hoffnung jenseits der Pandemie. Die Regierung hat verstanden, wie wichtig ein leistungsfähiges Gesundheitssystem ist. Es ist zu hoffen, dass diese Erkenntnis auch die Apotheken vor Spargesetzen schützt, die bewährte Strukturen beschädigen würden. Damit dürften den Apotheken Diskussionen erspart bleiben, die mit Lauterbach sicherlich anstrengend wären. Doch es bleibt abzuwarten, mit welchem Stil der Politik und der Kommunikation uns der Minister Lauterbach begegnen und vielleicht überraschen wird.

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