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Arzneimittel und Therapie
Mirtazapin bei Dementen besser meiden
Keine Besserung der Agitation, aber erhöhte Mortalität
Unruhezustände und Agitiertheit bei Demenz-Patienten sind für Erkrankte und Betreuende gleichermaßen belastend. Zur Beruhigung sollten nach Möglichkeit nichtmedikamentöse Maßnahmen ergriffen werden, was im pflegerischen Alltag nicht immer umsetzbar ist. Die noch immer meist im Off-Label-Use eingesetzten Antipsychotika sind wenig wirksam und mit einer erhöhten Mortalitätsrate assoziiert. Daher wird nach anderen Therapieoptionen gesucht, nachdem auch Wirkstoffe wie Donepezil, Memantin oder Valproat nicht den gewünschten Erfolg gezeigt hatten. Um die Gabe von Antipsychotika zu umgehen, werden zur Linderung der Agitiertheit – obwohl in entsprechenden Leitlinien nicht aufgeführt – zunehmend Antidepressiva eingesetzt. In einer an 26 Zentren in England durchgeführten Studie wurde vor Kurzem die Gabe des sedierend wirkenden Antidepressivums Mirtazapin bei agitierten Demenz-Patienten untersucht.
An der doppelblinden, placebokontrollierten Studie nahmen 204 Demenz-Patienten teil, bei denen zur Linderung der Agitiertheit nichtmedikamentöse Maßnahmen erfolglos waren. Das Ausmaß ihrer Agitiertheit wurde mit dem CMAI (Cohen-Mansfield Agitation Inventory)-Score bewertet. Dabei handelt es sich um ein Assessmentinstrument, das zur Erfassung agitierter Verhaltensweisen dient und unangebrachte verbale, vokale oder motorische Aktivitäten in einer Skala von 29 bis 293 Punkten bewertet.
Kein signifikanter Unterschied im CMAI-Score
Alle Teilnehmer wiesen zu Beginn der Studie einen CMAI-Wert von mindestens 45 Punkten auf. Die Patienten erhielten im Verhältnis 1:1 zwölf Wochen lang Mirtazapin (auftitriert auf bis zu 45 mg pro Tag) oder ein Placebo. Der primäre Studienendpunkt war eine Abnahme des CMAI-Scores. Nach zwölf Wochen unterschied sich dieser in den beiden Gruppen nicht signifikant. So reduzierte sich der CMAI unter Mirtazapin im Schnitt von 71,1 auf 61,4 Punkte, in der Placebogruppe von 69,8 auf 60,8 Punkte (adjustierte Differenz: 1,74 Punkte). Unerwünschte Wirkungen traten in beiden Gruppen ungefähr gleich häufig auf (64% in der Placebogruppe vs. 66% in der Mirtazapin-Gruppe). Allerdings wurden in der Mirtazapin-Gruppe mehr Todesfälle verzeichnet als in der Placebogruppe (sieben vs. einem Todesfall; p = 0,065).
Die Studie zeigt, dass pharmakologische Interventionen gegen Unruhe bei Demenz in ihrer Wirksamkeit begrenzt sind und mit einem Risiko für unerwünschte Ereignisse verbunden sein können. Die Autoren fordern, vielmehr auf die Ursachen der Agitiertheit näher einzugehen, die häufig in Studien unbeachtet bleiben. Das können neben Hunger, Durst oder Schmerzen auch medizinische Gründe (z. B. Infektionen, Hypothyreose), Begleitmedikation (z. B. Anticholinergika, Steroide) und eine falsche Wahrnehmung der Umgebung (z. B. Halluzinationen) sein. |
Literatur
Banerjee S et al. Study of mirtazapine for agitated behaviours in dementia (SYMBAD): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2021;398(10310):1487-1497. doi: 10.1016/S0140-6736(21)01210-1
Study of Mirtazapine for Agitation in Dementia (SYMBAD), www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03031184, Abruf am 30. November 2021
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