Arzneimittel und Therapie

Einsatz von PPI überdenken

Säureblocker helfen nicht bei unspezifischen Rachensymptomen

Protonenpumpeninhibitoren werden auf empirischer Basis bei Halsbeschwerden unklarer Ursache eingesetzt. Man vermutet eine zugrunde liegende Refluxsymptomatik als Auslöser und verspricht sich Linderung durch die säuresenkende Therapie. In einem praxisnahen Setting in Großbritannien hat Lansoprazol jedoch enttäuscht, man konnte keinen Wirksamkeitsbeleg finden.

Chronische Halsbeschwerden wie Heiserkeit, häufiges Räuspern und Husten sind weit verbreitet. In einer Befragung in britischen Hausarztpraxen berichtete ein Viertel aller Patienten von solchen Symptomen [1]. Als Auslöser wird eine atypische Manifestation der Gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD, gastroesophageal reflux disease) vermutet, da klassische Symptome wie Sodbrennen meist fehlen. Man spricht in diesem Fall auch vom stillen Reflux oder einer Laryngitis gastrica.

Basierend auf den Ergebnissen von Beobachtungsstudien hat sich eine Behandlung mit Protonenpumpen­inhibitoren etabliert [2, 3]. Valide klinische Studien fehlen jedoch.

Säureblocker häufig eingesetzt

Trotz der geringen Evidenz werden Protonenpumpenhemmer bei unklaren Halsbeschwerden gerade in Großbritannien oft verordnet. Eine im Januar veröffentlichte britische Studie untersuchte, ob diese Praxis gerechtfertigt ist [4]. Es wurden 346 Probanden (im Durchschnitt 55 Jahre alt) mit über sechs Wochen andauernden Halsbeschwerden unklarer Genese für die Studie registriert. Die Symptomatik wurde anhand des Reflux-Symptom-Indizes (RSI) bestimmt. Für diesen Wert mussten die Probanden verschiedene Laryngitis-Symptome sowie klassische Refluxsymptome quantifizieren. Um zu verhindern, dass die Auswertung möglicherweise durch starke dyspeptische Beschwerden verzerrt wird, legten die Autoren einen Schwellenwert für die typischen Laryngitis-Symptome fest, die mindestens zehn Punkte des Wertes ausmachen mussten. Die Teilnehmer wurden randomisiert und verblindet in den Placebo-Arm und den Verum-Arm der Studie (zweimal täglich 30 mg Lansoprazol) aufgeteilt. Die Intervention endete nach vier Monaten, und der Symptomindex wurde erneut erhoben.

Foto: andrewburgess – stock.adobe.com

Frosch im Hals? Ein Globusgefühl im Hals, Heiserkeit, Husten oder häufiges Räuspern können Zeichen eines stillen Refluxes sein.

Placebo schlägt Lansoprazol

Sowohl in der Placebogruppe als auch in der Lansoprazol-Gruppe reduzierte sich der Score ausgehend von durchschnittlich 22 Punkten zu Studienbeginn auf einen Wert von 17,4 Punkten unter Lansoprazol und 15,6 Punkten unter Placebo. Nach einem behandlungsfreien Intervall von zwölf Monaten ergab sich kein Vorteil für den Protonenpumpeninhibitor (Lansoprazol: 16,0; Placebo: 13,6). Um die Halsbeschwerden besser zu fokussieren, bestimmten die Studienautoren den RSI-Wert zusätzlich unter Ausschluss der typischen Refluxsymptomatik. Aber auch in dieser Analyse schnitten die Teilnehmer aus der Verumgruppe um 2,4 Punkte schlechter ab als jene aus der Placebogruppe (Lansoprazol: 16,3; Placebo: 13,9). Ein darüber hinaus erhobener Reflux-Symptomscore (CReSS, comprehensive reflux symptom score) sowie eine Befragung zur Lebensqualität offenbarten ebenso keine Vorteile von Lansoprazol.

Durch die breiten Einschlusskriterien ist die Studie praxisnah und widerlegt den auf Erfahrungswerten basierten Nutzen der Protonenpumpeninhibitoren bei Halsbeschwerden. Jedoch wurden Patienten mit zusätzlichen klassischen Refluxsymptomen aufgrund der höheren Gewichtung der Laryngitis-Symptomatik ausgeklammert. Für diese Gruppe besteht weiterhin Bedarf an Forschung. Zusätzlich bleibt die Frage offen, wie Patienten mit unklaren Halsbeschwerden geholfen werden kann. Einerseits schienen die Teilnehmer erheblich von einem Placeboeffekt zu profitieren, erreichten aber im Mittel keine Symptomfreiheit. Die Verfasser der Studie schließen nicht aus, dass die Symptome trotzdem mit einem Reflux an weniger saurem oder neutralem, pepsinhaltigem Mageninhalt zusammenhängen. Eine säuresenkende Therapie wäre in diesem Fall kaum wirkungsvoll. Den Autoren zufolge stellen eine Änderung des Lebensstils, eine Therapie mit Alginaten oder Verhaltenstherapien bei psychosomatisch bedingten Beschwerden mögliche Therapieansätze dar. |
 

Literatur

[1] Lowden M et al. Prevalence of symptoms suggestive of extra-oesophageal reflux in a general practice population in the UK. Logoped Phoniatr Vocol 2009;34:32-35

[2] Lee YS et al. Prospective, observational study using rabeprazole in 455 patients with laryngopharyngeal reflux disease. Eur Arch Otorhinolaryngol 2011;268:863-869

[3] Sherwood Forest Hospitals Mansfield and Ashfield Clinical Commissioning Group. Guidelines for management of common ENT conditions in primary care https://midnottspathways.nhs. uk/media/1194/guidelines-for-management-of-common-ent- conditions-in-primary-care.pdf, Abruf am 02. Februar 2021

[4] O’Hara J et al. Use of proton pump inhibitors to treat persistent throat symptoms: multicentre, double blind, randomised, placebo controlled trial BMJ 2021;372:m4903

Apotheker Dr. Tony Daubitz

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.