Gesundheitspolitik

DSGVO: Wer darf klagen?

BGH verhandelt über Arzneiverkäufe über Amazon

ks/dpa-AFX | Seit Jahren streitet der Münchener Apotheker Hermann Vogel jr. vor Gerichten darum, ob Apotheken Arzneimittel über Amazon verkaufen dürfen. Er hat nicht nur apotheken- und berufsrechtliche, sondern auch datenschutzrechtliche Zweifel an dem Vorgehen. Vergangenen Donnerstag hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) seine beiden Verfahren verhandelt – eine Entscheidung ist für den 12. Januar 2023 angekündigt. Möglicherweise zieht der BGH zunächst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Rate. (Az: I ZR 222/19 und I ZR 223/19)

Vergangene Woche ging vor allem ein anderes Verfahren durch die Presse, das am selben Tag vom 1. Zivilsenat des BGH verhandelt wurde: Hier hat der Verbraucherzentrale Bundesverband wegen möglicher Datenschutzverstöße gegen Facebook geklagt. Eine entscheidende Frage war: Ist ein Verband überhaupt befugt, Ansprüche aus der Datenschutz-Grundver­ordnung (DSGVO) vor Gericht geltend zu machen? Oder kann das nur der betroffene Verbraucher selbst? Die seit 2018 geltende DSGVO lässt dies offen. Der BGH rief im Facebook-Verfahren den EuGH an. Die Richter in Luxemburg entschieden im April dieses Jahres, nach nationalem Recht berechtigte Verbände könnten bei Datenschutzverstößen von Internetriesen anstelle der Nutzer vor Gericht ziehen – auch ohne konkreten Auftrag Betroffener.

Gute Chancen für Verbraucher­schutzverbände

Nach der Verhandlung in Karls­ruhe sieht es ganz so aus, als würden Verbraucherschutzverbände bald grünes Licht für ihre Klagen bekommen. Allerdings könnte es dafür Bedingungen geben, zum Beispiel, dass mutmaßlich geschädigte Verbraucher auch identifizierbar sind. Laut dem Vorsitzenden Richter des 1. Zivilsenats, Thomas Koch, hat Facebook zwischenzeitlich eine Erklärung abgegeben, auf das beanstandete Vorgehen zu verzichten. Um ein abschließendes Urteil über Klagerechte von Verbraucherschutzverbänden in Deutschland unabhängig von betroffenen Nutzern zu haben, wurde jedoch weiterverhandelt.

Ausgang der Apotheken-Verfahren offen

Auch für die anhängigen „Amazon-Apotheker“-Verfahren erhoffte sich der BGH Erkenntnisse seitens des EuGH. Doch der ging nicht auf den Fall ein, dass eine einzelne Person in solchen Datenschutz­fällen gegen Mitbewerber vorgeht. Die Frage könnte nun in einer weiteren EuGH-Vorlage geklärt werden. Zu klären ist auch, ob die Voraussetzungen für eine unzulässige Datenverarbeitung ohne Einwilligung vorliegen. Und: Geht es bei den Bestelldaten auf Amazon wirklich um gesundheitsbezogene Daten im Sinne der DSGVO? Mög­licherweise ist auch dies eine Frage für den EuGH. Nicht gänzlich auszuschließen ist auch, dass der BGH der Klage aus apothekenrechtlichen Gründen stattgibt. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Naumburg, hatte nur auf das Datenschutzrecht abge­hoben. Mehr wissen werden wir im Januar, wenn der Senat seine Entscheidung verkündet. |

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