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Gesundheitspolitik
Sativex: Erst, wenn nichts anderes hilft
SG Karlsruhe: Alternative Behandlungsmöglichkeiten müssen ausgeschöpft sein
Seit knapp fünf Jahren können Patienten Medizinalcannabis auf Kassenkosten erhalten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Anforderungen gibt § 31 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor. Die Norm besagt unter anderem, dass Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit „Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon“ haben, wenn „eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht“. Umfasst sind dabei auch Fertigarzneimittel wie Sativex.
Begehrte Cannabisarznei
Dass der Wunsch von Patienten, eine Cannabistherapie zu erhalten, oft größer ist als die Bereitschaft der Kassen, diese zu bezahlen, zeigen die zahlreichen Gerichtsentscheidungen zum Thema. Gerade die Frage, wann eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, beschäftigt die Sozialgerichte der Republik immer wieder. Ihre Urteile fallen dabei je nach Einzelfall unterschiedlich aus.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat nun über die Klage eines 27-jährigen Auszubildenden gegen seine Krankenkasse entschieden. Bei dem Mann hatten die behandelnden Ärzte ein chronisches Schmerzsyndrom diagnostiziert: Er leidet unter starken dauerhaften Schmerzen, vor allem im Bereich des unteren Rückens mit Ausstrahlungen in beide Beine. Die zunächst verschriebenen Schmerzmittel führten nicht zur erhofften Linderung der Schmerzsymptomatik. Der behandelnde Arzt verordnete dem Kläger deshalb Sativex – ein Fertigarzneimittel in Form eines Mundsprays, das Cannabisextrakte enthält und üblicherweise zur Behandlung von multipler Sklerose verwendet wird. Mit dieser Medikation konnte eine deutliche Schmerzlinderung erreicht werden.
Die Kasse zeigte sich dennoch nicht bereit, die Kosten zu übernehmen. Sie verwies auf alternative Behandlungsmöglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft seien. In Betracht kämen etwa eine sogenannte multimodale Therapie, ein aktivierendes Training, Rehabilitationsbehandlungen und eine psychotherapeutische Mitbehandlung.
Das Sozialgericht Karlsruhe gab der Krankenkasse recht. Eine Versorgung mit Cannabisarzneimitteln komme nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht. Diese seien im Fall des Klägers nicht erfüllt. Hier mangelte es auch schon an einer „richtigen“ Verordnung – der behandelnde Arzt hatte nämlich lediglich ein Privatrezept ausgestellt. Aber das Gericht meint auch, dass die Behandlungsmöglichkeiten noch keineswegs ausgeschöpft seien. Stünden noch verschiedene allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmöglichkeiten als Alternative zur Verfügung, sei eine Versorgung mit Cannabisarzneimitteln nach geltender Gesetzeslage ausgeschlossen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann vom Kläger mit der Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart angefochten werden. |
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