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„Das müssen wir prüfen“
Für Lauterbach ist ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst denkbar
Am Donnerstagabend in der vergangenen Woche stellte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im „Praxis-Check“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den Fragen der Ärztinnen und Ärzte. Wie er im Gespräch mit KBV-Chef Andreas Gassen, das live übertragen wurde, erklärte, stehen aktuell für ihn zwei Themen im Gesundheitswesen im Vordergrund: Die medizinische Versorgung von Menschen in der Ukraine und nach Deutschland Geflüchteter sowie die Bekämpfung der Pandemie. Kurzfristig angehen will er aber auch eine weitere Baustelle: die Reform der Notfallversorgung. Dieser werde er sich „noch in diesem Jahr“ widmen, kündigte der Minister an.
Auch aus Apothekensicht ist das nicht unwichtig – im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Partner etwa darauf geeinigt, dass die Apotheken auch im Notdienst Botenlieferungen anbieten sollen. Zudem soll der Nacht- und Notdienstfonds zu einem sogenannten Sicherstellungsfonds weiterentwickelt werden.
Dispensierrecht als Drohgebärde
Darüber hinaus informierte Lauterbach im „Praxis-Check“, er wolle das Dispensierrecht für Ärztinnen und Ärzte im Notdienst prüfen. Bisher nutzten die ärztlichen Interessenvertreter dies eher als Drohgebärde, etwa im Zusammenhang mit Impfungen, die nun auch Apotheken anbieten. Wörtlich sagte Lauterbach auf eine entsprechende Frage der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe: „Das ist auf jeden Fall etwas, das wir prüfen müssen, das ist ganz klar. Das ist etwas, das im Notdienst eine Rolle spielt und etwas, das auch eine Humanisierung der Versorgung zur Folge hätte. Weil zum Teil sind das ja erhebliche Qualitätsverluste in der Versorgung der Patienten, die damit einhergehen, wenn der Arzt nicht abgeben kann.“
E-Rezept – für Lauterbach eher zweitrangig
Ein großes Thema war auch die Digitalisierung – bekanntermaßen sind nicht nur viele Ärztinnen und Ärzte unzufrieden mit dem aktuellen Stand der Dinge. Nach dem Aufschub für das E-Rezept hatte Lauterbach kürzlich auch den Start der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verschoben. Beides begründete er gegenüber KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel damit, dass die Technik noch nicht so weit sei. „Was noch nicht zu 100 Prozent ausgereift ist, kann man nicht in die Fläche bringen“, stellte der Minister klar.
Auch wenn er in vielen Belangen mit seinem Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) einer Meinung gewesen sei: Bei der Digitalisierung unterscheide sich seine Herangehensweise in diesem Bereich von der des Unionskollegen. „Wir brauchen zuerst Applikationen, die einen spürbaren Nutzen für Ärzte und Patienten bringen.“ Das E-Rezept und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zählt Lauterbach nicht dazu.
Stattdessen setzt der Minister auf die elektronische Patientenakte. Diese könne die Versorgung der Menschen deutlich verbessern, allein schon dadurch, dass jeder Arzt auf vorherige Befunde seiner Kollegen schnell und unkompliziert zugreifen könne. Daran hapere es aktuell in der Praxis, mit oftmals massiven Nachteilen für die Patienten.
Der Digitalisierungsexperte und ehemalige Leiter des Health Innovation Hub, Jörg Debatin, hatte im DAZ-Interview darauf hingewiesen, wie wichtig die ePA auch für die Apotheken werden könnte (DAZ 2022, Nr. 1, S. 19). „Der Apotheker wird mit den Informationen, die er auf diesem Wege bekommt, in die Lage versetzt, wirklich medizinisch zu handeln – etwas, das er immer schon versucht hat, aber wofür ihm oftmals schlicht die Instrumente gefehlt haben“, erläuterte er im Gespräch mit der Redaktion. „Wie gut sie mit dem digitalen Wandel umgehen können, haben sie ja bei den Impfzertifikaten durchblicken lassen. Darauf sollte der Berufsstand aufbauen. Für die Apotheker ist richtig viel drin. Sie können aus meiner Sicht zu den großen Gewinnern der Digitalisierung gehören.“ |
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