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ApothekenRechtTag online
Mit dem Staubsauger gegen Corona?
Wettbewerbsrecht in Zeiten der Pandemie
Dubios bis kurios, vor allem aber zahlreich waren die Fälle, die der Wettbewerbszentrale ins Haus flatterten. Eine Zeit lang dominierten Beschwerden rund um die Maskenabgabe in Apotheken – allein von Januar bis März 2021 waren es 46. Doch dieses Thema ist abgeschlossen und so wandte sich Köber solchen Angeboten zu, von denen sie annimmt, dass sie auch künftig eine Rolle spielen werden. Dies gilt etwa für unzulässige Wirkversprechungen. So gab es plötzlich Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel, die gegen Corona helfen sollten. Auch Apotheken sprangen auf den Zug auf. Sie priesen etwa Vitamin-Präparate mit der Botschaft an: „Stärken Sie jetzt Ihr Immunsystem und sagen Sie Corona den Kampf an!“. Das mag für den Durchschnittsbürger durchaus nachvollziehbar klingen – erlaubt ist es nicht. Die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen – die auch für Nahrungsergänzungsmittel gelten – sind streng. So dürfen laut Lebensmittelinformations-Verordnung Informationen nicht irreführend sein, insbesondere dürfen sie Lebensmitteln keine Wirkungen zuschreiben, die diese nicht besitzen. Sie dürfen auch nicht suggerieren, dass sie Krankheiten vorbeugen, behandeln oder gar heilen können. „Damit ist per se bei Lebensmitteln jede krankheitsbezogene Aussage unzulässig“, so Köber. Doch selbst gesundheitsbezogene Aussagen sind durch die Health-Claims-Verordnung (HCVO) streng reguliert. Wer mit einer solchen Aussage werben will, muss sicher gehen, dass diese in der HCVO-Positivliste genannt wird. Die Liste beschreibt genau, womit z. B. für Vitamin C geworben werden darf, z. B. mit „Vitamin C trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“. Nicht erlaubt ist es, werbewirksamer zu formulieren. „Stärkt das Immunsystem“ ist tabu, erst recht „hilft bei Corona“.
Keine Chance für Corona-Globuli
Beanstandet hat die Wettbewerbszentrale auch die Werbung einer Apotheke für Corona-Globuli. „Dass das nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand“, so Köber. So verbietet das Heilmittelwerbegesetz irreführende Angaben zur Wirksamkeit und irreführenden Erfolgszusagen – und dafür, dass Globuli gegen Corona helfen könnten, gibt es nun einmal keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse. Ebenso verboten ist eine Werbung für Anwendungsgebiete, die nicht von der Zulassung umfasst sind – dies sollte man im Hinterkopf haben, auch wenn es sich bei Globuli gerade nicht um zugelassene, sondern nur um registrierte Arzneimittel handelt (einschlägig wäre das Verbot etwa, wenn für einen Hustensaft damit geworben würde, dass er bei Corona helfe). Doch das Heilmittelwerbegesetz hält auch eine Spezialvorschrift für Homöopathika bereit: Für sie darf generell nicht mit Anwendungsgebieten geworben werden. Sogar der Hersteller eines Wasserstaubsaugers kam auf die Idee, dafür zu werben, dass sein Gerät die Luft von Corona-Viren befreie. Auch dies ließ die Wettbewerbszentrale als Irreführung untersagen – nach deutlichen Hinweisen des Gerichts erkannte das Unternehmen den Unterlassungsanspruch an.
Achtung Biozide!
Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt bescherte der Wettbewerbszentrale die Werbung für Desinfektionsmittel – dem „Trendprodukt“ der Pandemie. Wer es anbot und dafür warb, vergaß dabei gerne, dass die Werbung für Desinfektionsmittel den Regularien der Biozidverordnung unterliegt. Diese verbietet ebenfalls eine Irreführung – auf keinen Fall darf etwa die Werbung für ein Biozidprodukt Angaben wie „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“ oder ähnliche Hinweise enthalten. Was heißt nun „ähnlich“? Das Landgericht Karlsruhe subsumierte darunter etwa die Angaben „hautfreundlich“ und „Bio“, mit denen die dm-Märkte ein Desinfektionsmittel angepriesen hatten – sie verharmlosten nach Auffassung des Gerichts das Produkt. Anders sah es das Landgericht Mannheim in einem ähnlichen Fall, bei dem für einen Desinfektions-Handschaum mit „hautfreundlich“ geworben wurde. Wenn die Aussage stimme, sei sie auch zulässig. Beide Verfahren sind noch am Oberlandesgericht Karlsruhe anhängig. Ziel der Wettbewerbszentrale ist es, so Köber, die Grenzen abzustecken und klarstellen zu lassen, wie für Desinfektionsmittel geworben werden darf. Wichtig ist auch: Für Biozide ist stets der Warnhinweis nötig „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen“. Sofern der Hersteller sein Desinfektionsmittel als Arzneimittel auf den Markt bringt (z. B. Sterillium®), muss die Werbung hingegen die recht zahlreichen Pflichtangaben nach § 4 Heilmittelwerbegesetz aufführen. Was die Wettbewerbszentrale noch länger beschäftigen könnte, sind Unternehmen, die mit Testzertifikaten oder Impfunfähigkeitsbescheinigungen ihr Geschäft machen. Für Aufsehen sorgte das Angebot von DrAnsay.com. Hier erhält man für zu Hause durchgeführte Selbsttests ein Zertifikat ausgestellt. Köber probierte es selbst aus und erhielt nach wenigen Angaben innerhalb von fünf Minuten das Zertifikat per E-Mail – und zwar ohne dass jemand den Test sehen wollte oder ein Arztkontakt stattfand. Unterzeichnet hatte eine Ärztin (offenbar die 80-Jährige Mutter des findigen Unternehmers, die tatsächlich Ärztin ist), die bestätigte, dass der Test unter der „fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis“ erfolgt sei. „Man muss kein Jura studiert haben, um zu sehen, dass das grobe Irreführung ist“, so Köber. Kernfrage sei hier, ob ein rechtsgültiger Testnachweis vorliege, also der Test von einem Leistungserbringer im Sinne der Testverordnung vorgenommen oder überwacht wurde. Die erwirkte einstweilige Verfügung ließ das Unternehmen ungerührt, das Hauptsachverfahren läuft – allerdings hat der Unternehmer sein Geschäftsmodell jetzt angeblich an eine in Pakistan ansässige Firma abgegeben.
Der leichte Weg zur Impfunfähigkeitsbescheinigung
Ein ähnliches Angebot gab es im Web für Bescheinigungen einer vorläufigen Impfunfähigkeit. Auch dieses Angebot hat Köber selbst ausprobiert. Anzuschauen gab es einen Film, in dem unter anderem erläutert wurde, wie viele Menschen schon an einer Coronaimpfung gestorben seien und wie wenige dagegen an den Folgen einer Coronaerkrankung. Dann sollte man angeben, mit welchem Impfstoff man sich impfen lassen würde, wenn man es denn täte. Zu diesem wurden dann die Inhaltsstoffe aufgeführt und die Frage gestellt, ob man ausschließen könne, gegen einer dieser Stoffe allergisch zu sein. Köber antwortete mit „nein“ – und schon bekam sie die gewünschte Bescheinigung samt Musteranschreiben an die Krankenkasse und einen Allergologen. Unterschrieben waren die Dokumente von einer Ärztin, mit der es im gesamten Bestellvorgang keinen Kontakt gab. Auch hier rügte die Wettbewerbszentrale erfolgreich einen Verstoß gegen das Verbot der Fernbehandlung und der Irreführung. Das Geschäftsmodell wurde aufgegeben, doch der Unternehmer ist offenbar mit einer neuen Firma wieder auf ähnlichen Wegen unterwegs.
Zum Schluss ging Köber noch auf die Werbung für Impfungen in der Apotheke ein. Ein Thema, von dem sie glaubt, dass es relevanter werden könnte als es bislang scheint. Doch noch gab es hierzu keine Beschwerde. Dennoch stellte die Anwältin ihre Auffassung kurz dar: Impfstoffe fallen als Arzneimittel unter das Heilmittelwerbegesetz. Und für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden. Für die Impfung an sich dürfe hingegen geworben werden. „Ab jetzt können Sie sich bei uns impfen lassen“ wäre demnach aus Köbers Sicht zulässig, nicht aber eine explizite Werbung mit dem Vakzin, z. B. „Wir impfen mit Biontech, dem Rolls-Royce unter den Impfstoffen“. Ob das Thema noch relevant wird, muss sich zeigen. |
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