DAZ aktuell

Zwei Semester mehr für die Zukunft

Das Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker liegt vor

cm/du | Mehr Klinische Pharmazie, zehn Unisemester und eine Option auf Teilzeit im praktischen Jahr: Bundesapothekerkammer (BAK), Pharmaziestudierende, Hochschullehrer und andere Interessenvertreter haben sich auf eine gemeinsame Vision verständigt, wie das Pharmaziestudium der Zukunft aussehen soll. Die DAZ konnte bereits einen Blick in das frisch gedruckte Positionspapier werfen, das in Kürze von der BAK-Mitgliederversammlung verabschiedet werden soll.

Welches Rüstzeug brauchen zukünf­tige Apothekerinnen und Apotheker, um für die Herausforderungen, vor denen der Berufsstand steht, gewappnet zu sein? Diese Frage treibt die Apothekerschaft schon seit Jahren um. Im November 2019 beschloss die BAK-Mitgliederversammlung, die Approbationsordnung modernisieren zu wollen – unter anderem mit Vertretern des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), des Verbands der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen der Bundes­republik Deutschland, der Apothekengewerkschaft ADEXA und der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft traf man sich daraufhin mehrfach am Runden Tisch, um die Weichen für die Zukunft der apothekerlichen Ausbildung zu stellen.

Jetzt liegt ein Positionspapier vor, in dem die Beteiligten ihre gemeinsame Vision vom Pharmaziestudium der ­Zukunft festgehalten haben.

Foto: ABDA

Die Pharmazeutische Chemie soll – wenn es nach dem Positionspapier geht – auch in Zukunft das dominierende Fach im Pharmaziestudium bleiben.

Künftig zehn Semester

Was steckt konkret drin in dem Werk, auf dessen Basis man zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Approbationsordnung novellieren will? Zum einen wird die Notwendigkeit gesehen, den universitären Teil der Ausbildung um zwei Semester zu verlängern. Wichtig dabei: Die damit verbundene Erhöhung der Ausbildungskosten dürfe nicht durch Abstriche bei der Betreuungsintensität kompensiert werden. Auch die Zu­lassungszahlen sollen mindestens konstant gehalten werden, um den ohnehin grassierenden Fachkräftemangel nicht zu verschärfen. Zum anderen gelte es, fächerübergreifende Lehrkonzepte zu entwickeln und darüber hinaus eine interprofessio­nelle Ausbildung zusammen mit der Medizin zu etablieren.

„In den letzten Jahrzehnten erweiterte sich das Berufsbild des Apothekers“, konstatiert der Runde Tisch. „Er ist nicht mehr nur Arzneimittelexperte, sondern auch Heilberuf mit Fokus auf die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit sowie der damit verbundenen evidenzbasierten Therapiebegleitung. Die flächendeckende Etablierung patientenorientierter pharmazeutischer Dienstleistungen wird diese Entwicklungen weiter vorantreiben und stärken. Diesem Wandel des Berufsbilds muss auch die Ausbildung Rechnung tragen.“

Mehr Raum für Klinische Pharmazie

Was das genau bedeutet, verrät ein Blick in die von den Beteiligten erarbeitete Fächeraufteilung: Demnach bekommt die Klinische Pharmazie deutlich mehr Raum (bisher 6,6 Prozent der Stunden, künftig 14,7 Prozent). Explizit vorgesehen ist dabei auch ein Modul „Pharmazeutische Betreuung“, in dem die Studierenden fit gemacht werden sollen für Medikationsanalyse und -management. Der Pharmakologieanteil an der Zahl der Gesamtstunden steigt leicht von bisher 11,0 Prozent auf ebenfalls 14,7 Prozent. Auf den ersten Blick hat vor allem die Chemie das Nachsehen: Ihr Anteil soll um satte 10 Prozentpunkte sinken, von bisher 44,5 Prozent auf künftig 34,4 Prozent. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass die Zahl der Gesamtstunden von derzeit 3178 auf 3906 steigen soll. Unter dem Strich verliert die Chemie nur 70 Stunden (von 1414 auf 1344) und bleibt weiterhin das dominierende Fach, gefolgt von der Technologie mit 658 Stunden, der Biologie mit 644 Stunden und der Klinischen Pharmazie sowie der Pharmakologie und Toxikologie mit je 574 Stunden. Die ADKA-Forderung aus dem Jahr 2018 nach gleichen Anteilen der fünf Kernfächer mit je 20 Prozent an der Gesamtheit der Lehre findet sich in diesem Papier nicht wieder.

Klinische Pharmazie und Pharmakologie eng verzahnt

Grundlagen der Klinischen Pharmazie sowie der Pharmakologie und Toxikologie sollen schon im Grundstudium gelegt werden. Im Hauptstudium finden sich für die Klinische Pharmazie die Module „Bewertung der Pharmakotherapie“ sowie „Individualisierung der Pharmakotherapie“, jeweils in Form von Vorlesungen und Seminaren. Die Pharmazeutische Betreuung soll in Form eines Praktikums begleitet von einer Vorlesung gelehrt werden. Auffallend ist die enge Verknüpfung der Module der Klinischen Pharmazie mit denen der Pharmakologie und Toxikologie: Vorlesungen im Fach Pharmakologie zu Erkrankungen des Nervensystems, des Stoffwechsels und endokrinen Systems, des kardio- und zerebrovaskulären Systems sowie von Infektions- und Krebserkrankungen sollen ergänzt werden durch entsprechende Seminar-Module im Fach Klinische Pharmazie.

Wissenschaftliche Arbeit statt Wahlpflichtfach

Statt des Wahlpflichtfachs sollen die Studierenden laut Positionspapier künftig im Hauptstudium innerhalb von sechs Monaten eine wissenschaftliche Arbeit anfertigen, deren Abschlussnote zum gleichen Teil in die Bewertung der Leistung des Zweiten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung einfließt wie die einzelnen Noten der mündlichen Prüfungen.

Was die Benotung betrifft, ist im Papier zudem vorgesehen, dass künftig die erbrachten Studienleistungen in den jeweiligen Modulen mit in die Einzelnoten der entsprechenden Prüfungsfächer im Ersten und Zweiten Abschnitt einfließen. Damit werde die Studienleistung über die gesamte Zeit des Studiums berücksichtigt und führe zu einer gerechteren Beurteilung in der Endnote. Darüber hinaus sollen die Einzelnoten der Prüfungsfächer in den Zeugnissen der jeweiligen Abschnitte der Pharmazeutischen Prüfung aufgeführt werden und nicht mehr nur die Durchschnittsnote.

Praktisches Jahr in Teilzeit

Auch den praktischen Teil der Ausbildung wollen die Autoren anfassen: Während die Famulatur von acht auf vier Wochen verkürzt werden soll – es bleibt dabei, dass die Hälfte der Zeit in einer öffentlichen Apotheke Pflicht ist –, soll es möglich werden, das praktische Jahr in Teilzeit zu absolvieren. „Der Mindestumfang soll dabei 50 Prozent Teilzeittätigkeit bezogen auf die tarifliche Arbeitszeit nicht unterschreiten, um eine hinreichende Berufspraxis innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu ermöglichen“, heißt es. Die Gesamtdauer verlängert sich demnach entsprechend.

Einheitliche Approbation, kein Bachelor-Master-System

Vom Tisch ist die Idee, schon während des Studiums inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. „Die Einheitlichkeit der Approbation muss erhalten bleiben, so dass der Apotheker seinen Beruf in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen ausüben kann“, heißt es im Positionspapier. Zudem soll es dabei bleiben, dass die Prüfung nach dem Grundstudium schriftlich erfolgt, die Prüfungen nach dem zweiten und dritten Ausbildungsabschnitt hingegen mündlich.

Auch dem Bachelor-Master-System erteilen die Autoren des Positionspapiers eine klare Absage. „Der Staatsexamensstudiengang Pharmazie sichert die bundesweit einheitliche Ausbildung mit hohen Qualitätsstandards, ins­besondere für die Ausbildungs­inhalte und Prüfungsanforderungen“, schreiben sie. „Bachelor- und Master-Studiengänge werden dem Ziel der Einheitlichkeit der Ausbildung nicht gerecht und führen zu uneinheitlichen und eingeschränkten Berufsbildern. Die breite pharmazeutische, naturwissenschaftliche und medizinische Ausbildung ist jedoch die Basis für die spä­tere Berufsausübung in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen, die nicht eingeschränkt werden darf.“ Allerdings wird eine Modularisierung und die Zuweisung von Leistungs-Punkten (ECTS-Punkte) wie im Bachelor-Master-System zur Gewährleistung der Durchlässigkeit des Studiums angestrebt. Das Positionspapier wurde inzwischen an die Mitgliedsorganisationen der BAK sowie nachrichtlich an die Landesapothekerverbände und -vereine versandt. Am 10. Mai 2022 soll es bei der BAK-Mitgliederversammlung diskutiert und beschlossen werden. Dann steht der Gang zum Bundesgesundheitsministerium an – am Ende wird dort entschieden, ob und wie die Approbationsordnung novelliert wird. |

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