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Beratung

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Mit Phytopharmaka durchs Klimakterium

„Ich habe mehrfach täglich Schweißausbrüche und bekomme einen knallroten Kopf. Können Sie mir etwas dagegen empfehlen? Hormone möchte ich nicht nehmen!“ Manche Frauen mit Wechseljahresbeschwerden möchten oder dürfen keine Hormontherapie anwenden, obwohl diese die wirksamste Therapie ist. Als Alternative zur Linderung der Symptome können pflanzliche Präparate eingesetzt werden. Welche Produkte sind geeignet? | Von Karin Krämer

Als Klimakterium (Wechseljahre) wird die Übergangszeit von der fruchtbaren Phase einer Frau bis zum Erlöschen der Hormonproduktion in den Eierstöcken bezeichnet. In der Vorphase, der Prämenopause, beginnt die Produktion der weiblichen Sexualhormone langsam abzunehmen. Es kann zu unregelmäßigen, aber auch zu starken oder lang anhaltenden Menstruationsblutungen kommen. Mögliche Begleiterscheinungen sind Kopfschmerzen, Brustspannen, Wassereinlagerungen und Reizbarkeit. Die Fruchtbarkeit sinkt. Die eigentlichen Wechseljahre werden in Peri- und Postmenopause unterteilt. Die Perimenopause umfasst die Zeit von zwei bis drei Jahren vor der letzten Monatsblutung, der Menopause, und den zwölf Monaten danach. Die Follikel reifen seltener, die Estrogen-Produktion sinkt dadurch und der Eisprung bleibt immer häufiger aus. Damit fehlt auch die Gelbkörperreifung, die für die Progesteron-Produktion verantwortlich ist. Deshalb werden nun vermehrt das Gonadotropin-­releasing-Hormon (GnRH), das follikelstimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH) ausgeschüttet, um die nachlassende Hormonproduktion wieder zu stimulieren. Da die männlichen Sexualhormone weiterhin auf ihrem bisherigen Niveau vom weiblichen Organismus gebildet werden, gerät der Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht.

Die Postmenopause beginnt ein Jahr nach der Menopause und dauert mehrere Jahre. In dieser Zeit stellt sich allmählich ein neues Hormongleichgewicht auf viel niedrigerem Niveau ein. Die typischen Wechseljahresbeschwerden beginnen in der Regel in der Perimenopause und können bis in die Postmenopause anhalten.

Typische Symptome in den Wechseljahren

Obwohl das Hormongleichgewicht bei allen Frauen in den Wechseljahren gestört ist, durchläuft ein Teil der Frauen diese Zeit beschwerdefrei, bei anderen treten leichte Beeinträchtigungen der Lebensqualität auf und bei einem weiteren Teil kann sie mit erheblichen Beschwerden verbunden sein. Neurovegetativ verursachte vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche und nächtliches Schwitzen sind laut der aktuellen S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause, Diagnostik und Intervention“ [12] die häufigsten Beschwerden. Sie sind die einzigen Symptome, die eindeutig den hormonellen Veränderungen in der Peri- und Postmenopause zugeordnet werden können. Weitere mögliche Symptome sind Schlafstörungen und psychische Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und depressive Verstimmung. Durch den Estrogen-Mangel verringert sich die Dicke der Schleimhaut in der Scheide (vaginale Atrophie). Es kommt zu Symptomen wie vaginalem Juckreiz, Schmerzen, Trockenheit oder Beschwerden beim Geschlechtsverkehr. Die Vaginalflora kann sich dadurch verändern und damit die Anfälligkeit für Scheideninfektionen steigen. Auch Harnwegsinfektionen treten häufiger auf.

Was empfiehlt die Leitlinie?

Die Leitlinie gibt eine starke Empfehlung (Empfehlungsgrad A) für die Hormontherapie bei vasomotorischen Beschwerden. Da diese nicht immer möglich oder erwünscht ist, werden unter anderem Phytopharmaka und Nahrungsergänzungsmittel in der Leitlinie besprochen. Für pflanzliche Arzneimittel gibt es langjährige Erfahrungen. In der Selbstmedikation sollte man wegen der strengeren Qualitätskriterien den zugelassenen Arzneimitteln mit standardisierten hoch dosierten Extrakten den Vorzug geben. Am besten sind Spezialextrakte der Trauben­silberkerze und des Rhapontik-Rhabarbers untersucht [12].

Die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa (L.) Nutt., Actaea racemosa) ist ein mehrjähriges Hahnenfußgewächs (Ranunculaceae), deren Stängel bis zu 2 m lang werden können. Endständig befindet sich ein langer, traubenförmiger Blütenstand aus zahlreichen kleinen weißlichen Blüten, der an eine Kerze erinnert. Aus den Blüten ragen die in der Sonne silbrig erscheinenden Staubfäden heraus. Die Blüten verströmen einen abstoßenden Geruch, um damit schädliche Insekten zu vertreiben, vor allem Blattwanzen. Die Pflanze stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde von den Ureinwohnern zur Schmerzlinderung, gegen Schlangenbisse und in der Frauenheilkunde eingesetzt. In Europa ist der Wurzelstock erst seit dem 20. Jahrhundert gebräuchlich.

Die European Medicines Agency (EMA) bescheinigt drei Trockenextrakten den Status „well-established use“ (anerkannte medizinische Verwendung) zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und übermäßigem Schwitzen. Die in Deutschland zugelassenen Arzneimittel sind teilweise unabhängig von der Monographie des Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu­gelassen, daher variieren die in den Fachinformationen angegebenen Indikationen (s. Tab.).

Tab.: Beispiele für Arzneimittel gegen neurovegetative Wechseljahresbeschwerden (Hitzewallungen, übermäßiges Schwitzen) [Quelle: ABDA-Datenbank]
Droge
Extrakt, DEV, Auszugsmittel
Präparat
EinzeldosisGehalt
Dosierung, Indikation
Traubensilberkerze–wurzelstock
(Cimicifugawurzelstock)
Trockenextrakt DEV 4,5 bis 8,5 : 1, Ethanol 60% (V/V)
Cimicifuga AL®
Cimicifuga Stada®
Cimifugan®
Femikliman® uno
6,5 mg
einmal täglich eine Filmtablette
Feminon® C Hartkapseln
Sinei® Hartkapseln
einmal täglich eine Hartkapsel zusätzlich gegen psychische Beschwerden
Trockenextrakt DEV 5 bis 10 : 1, Ethanol 58% (V/V)
Klimadynon®Filmtabletten
2,8 mg
zweimal täglich eine Filmtablette
Trockenextrakt DEV 6 bis 1 1 : 1, Propan-2-ol 40% (V/V)
Remifemin® Tabletten
2,5 mg
zweimal täglich eine Tablette
zusätzlich gegen psychische Beschwerden, Schlafstörungen
Remifemin® mono Tabletten
5 mg
einmal täglich eine Tablette
Traubensilberkerzewurzelstock (a)
+ Johanniskraut (b)
(a) Trockenextrakt DEV 6 bis 11:1, Propan-2-ol 40% (V/V)
(b) Trockenextrakt DEV 3,5 bis 6 : 1, Ethanol 60% (V/V)
Remifemin® plus Johanniskraut Filmtabletten
(a) 3,75 mg
(b) 70 mg
acht Wochen zweimal täglich zwei Filmtabletten, danach zweimal täglich eine Filmtablette zusätzlich gegen psychische Beschwerden wie Nervosität, Verstimmungszustände und Reizbarkeit
Trockenextrakt DEV 4,5 bis 8,5 : 1, Ethanol 60 Vol %
Dr. Böhm® Traubensilberkerze 6,5 mg Filmtabletten
6,5 mg
eine Filmtablette täglich immer zur gleichen Tageszeit, ohne ärztlichen Rat drei Monate
Rhapontikrhabarberwurzel
Trockenextrakt DEV 16 bis 26 : 1, wässrige Calciumoxid-Lösung
FemiLoges® magensaftresistente Tabletten
4 mg
einmal täglich eine Tablette zusätzlich gegen psychische Beschwerden, Schlafstörungen
Salbeiblätter
Fluidextrakt DEV 1 : 4 bis 5, Ethanol 50% (V/V)
Salbei Curarina® Tropfen
1 ml = 25 Tropfen
47,5 Vol.% Ethanol
dreimal täglich 50 Tropfen (= 2 ml) nach dem Essen mit Wasser
Fluidextrakt DEV 1 : 2,9 bis 3,1, Wasser
Salvysat® Flüssigkeit
1 ml enthält: 800 mg Salbeiöl
22 Vol.% Ethanol
dreimal täglich 2 bis 3 ml
Trockenextrakt DEV 4 bis 7 : 1, Wasser
Sweatosan®überzogene Tabletten
80 mg
Tagesschweiß: dreimal täglich ein bis zwei Tabletten, nervös bedingter Nachtschweiß: eine bis vier Tabletten abends

Die Einnahme sollte täglich erfolgen, eine vollständige Wirkung ist erst nach zwei bis drei Wochen zu erwarten. Ohne ärztlichen Rat sollten entsprechende Präparate maximal sechs Monate eingenommen werden. Frauen mit Lebererkrankungen sollten Cimicifuga-Extrakte nur mit Vorsicht verwenden. Von einer gleichzeitigen Anwendung mit Estrogenen wird abgeraten. Nebenwirkungen sind selten und milde, am häufigsten sind gastrointestinale Beschwerden. Zwei große Analysen von 2011 und 2013 ergaben eine gute Verträglichkeit und keine Evidenz für eine Lebertoxizität [1, 10]. Dennoch sollte die Einnahme sofort beendet und ein Arzt konsultiert werden, wenn Zeichen einer Leberschädigung auftreten, zum Beispiel Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gelbfärbung von Haut und Augen oder schwere Oberbauchschmerzen. Patientinnen, die wegen Brustkrebs oder anderen hormonabhängigen Tumoren in Behandlung waren oder sind, sollten nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt Präparate aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze einnehmen.

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Abb. 1: Die Traubensilberkerze ist nicht nur hübsch anzusehen, Extrakte aus ihrem Wurzelstock können bei klimakterischen Beschwerden helfen.

Die Wirksamkeit von Cimicifuga-Extrakten ist noch nicht endgültig belegt, da es viele widersprüchliche oder methodisch unzureichende Studien gibt [7, 11]. Die Autoren der Leitlinie geben an, dass die Extrakte verwendet werden können (Empfehlungsgrad 0, also keine explizite Empfehlung), wohingegen die ebenfalls an der Erstellung der Leitlinie beteiligte Gesellschaft für Phytotherapie (GPT) den Nutzen von zugelassenen Arzneimitteln, die Extrakte aus dem Wurzelstock der Cimicifuga enthalten, als belegt ansieht. Die GPT gibt eine starke Empfehlung für den Trockenextrakt mit Auszugsmittel Propan-2-ol, sowie eine einfache Empfehlung für Extrakte mit Ethanol als Auszugsmittel.

Die Traubensilberkerze enthält verschiedene Triterpenglykoside (beispielsweise Actein und Cimicifugosid), Phenolcarbonsäuren, Fukinolsäure und Cimicifugasäure. Welche dieser Inhaltsstoffe für die Wirkung verantwortlich sind und wie diese genau zustande kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden der Einfluss auf Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin, Serotonin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA), eine SERM-ähnliche Wirkung (SERM = selektiver Estrogen-Rezeptor-Modulator), sowie antiinflammatorische und antioxidative Effekte. Eine Estrogen-artige Wirkung an Gebärmutter oder Brust ist bisher nicht nachweisbar.

Johanniskraut-Extrakte werden aus Hypericum perforatum L., Hypericaceae) gewonnen, dem Tüpfel-Johanniskraut – auch Echtes Johanniskraut genannt. Es wächst an Waldrändern, Gebüschen und Wegrändern. Die mehrjährige Staude wird bis zu 80 cm hoch und besitzt einen Stängel mit zwei erhabenen Längsleisten, sowie durchscheinend drüsig punktierte Blätter. Charakteristisch sind die von Juni bis ­August blühenden, leuchtend gelben Blüten mit auffallenden langen Staubblättern, die auch auf vielen Arzneimittel­packungen dargestellt sind.

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Abb. 2: Für Frauen mit Brustkrebs sind Johanniskraut-Extrakte eine Therapiemöglichkeit bei Hitzewallungen.

Für Johanniskraut-Extrakt, der unter anderem Hypericin, Flavonoide und Procyanidine enthält, ist eine antidepressive Wirkung in zahlreichen Studien nachgewiesen [18]. Der Extrakt hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin, Noradrenalin, Dopamin und GABA im zentralen Nervensystem und verlängert so die Wirkdauer dieser Neurotransmitter. Entsprechende Präparate können auch für depressive Verstimmungen im Rahmen von Wechseljahresbeschwerden eingesetzt werden. Gemäß der Leitlinie zu Peri- und Postmenopause können Johanniskraut-Präparate auch gegen Hitzewallungen versucht werden. Allerdings sind nur zwei kleine Studien zu Monopräparaten bekannt, die meisten Studien beziehen sich auf die Kombination von Extrakten aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze und Johanniskraut. Für diese Kombination ist eine HMPC-Monographie der EMA in Vorbereitung. In Deutschland gibt es derzeit nur ein Fertigarzneimittel mit dieser Kombination, auf das sich auch die Studien beziehen (s. Tab.). Da Johanniskraut-Extrakte keine estrogene Wirkung haben, ist es eine Therapiemöglichkeit bei Hitzewallungen für Frauen, die Brustkrebs hatten.

Bei der Einnahme von Johanniskraut-Extrakt gegen Wechseljahresbeschwerden sollte beachtet werden, dass es regelmäßig eingenommen wird und dass die Wirkung erst nach drei bis vier Wochen eintritt. Johanniskraut-Extrakt induziert das Enzym CYP3A4 und das P-Glykoprotein und verringert dadurch die Wirkung zahlreicher Arzneistoffe, beispielsweise von hormonellen Kontrazeptiva, Phenprocoumon, Warfarin, Dabigatran, vielen Zytostatika und einigen Wirkstoffen bei HIV-Infektion. Die Kombination mit chemischen Antidepressiva sollte nur nach Absprache mit dem Arzt erfolgen. Wirkstoffe, die auf den Serotonin-Haushalt einwirken sind wegen eventueller lebensbedrohlicher Nebenwirkungen kontraindiziert. Wegen einer möglichen Photosensibilisierung sollte starke Sonneneinstrahlung, z. B. im Solarium oder im Hochgebirge, während der Ein­nahme gemieden werden.

Phytoestrogene

Bei Phytoestrogenen handelt es sich um sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die den Estrogenen in ihrer chemischen Struktur ähneln und an Estrogen-Rezeptoren als Agonisten oder Antagonisten wirken. Zu ihnen gehören die Isoflavone, Stilbene, Coumestane und Lignane. Sie sollen den Estrogen-Mangel im Klimakterium ausgleichen und dadurch Wechseljahresbeschwerden lindern. Die Wirksamkeit der meisten Drogen ist noch nicht ausreichend durch Studien belegt und mögliche Risiken sind noch nicht genügend erforscht, um sichere, evidenzbasierte Aussagen treffen zu können. Frauen, die Brustkrebs hatten oder haben, sollten wegen der Estrogen-ähnlichen Wirkung keine Phytoestrogene zur Behandlung ihrer klimakterischen Beschwerden verwenden. Die meisten Drogen werden als Nahrungsergänzungsmittel in den Handel gebracht, nur von der Rhapontik-Rhabarberwurzel gibt es ein zugelassenes Fertigarzneimittel (s. Tab.).

Der Rhapontik-Rhabarber oder Sibirische Rhabarber (Rheum rhaponticum L., Polygonaceae) stammt wahrscheinlich aus Asien und wird heute vor allem im südlichen Sibirien, in Bulgarien und in Südnorwegen kultiviert. Die Staude kann bis zu 1,50 m hoch werden und erinnert von der Wuchsform an den bei uns kultivierten Gemüse-Rhabarber (Rheum rhabarberum L. und Hybriden). Aus der Wurzel wird mithilfe einer wässrigen Calciumoxid-Lösung ein Anthranoid-freier Spezialextrakt ERr 731® gewonnen, der Hydroxy­stilbene wie Rhaponticin und Desoxyrhaponticin enthält und in Femiloges® enthalten ist. Der Wirkmechanismus des Extraktes ist noch nicht entschlüsselt, Untersuchungen deuten auf eine SERM-ähnliche Wirkung durch selektive Stimulation des Estrogen-Rezeptors 2 (ESR2) hin. Dieser Rezeptor stimuliert weder das Uterus- noch das Brustdrüsenwachstum. Anthrachinone sind in dem Extrakt nicht enthalten, er wirkt also nicht abführend. Das Präparat sollte regelmäßig über mehrere Monate eingenommen werden, ohne ärztliche Rücksprache maximal vier Monate. Als Nebenwirkungen können Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, wie Hautrötungen, Hautausschläge, Hautschwellungen und Juckreiz auftreten.

Soja-, Rotklee-, Hopfen- und Leinsamen-Extrakte oder die isolierten Isoflavone sind bisher nur als Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Die Studienlage ist unbefriedigend. Daher gibt die Leitlinie nur an, dass Isoflavone verwendet werden können (Empfehlungsgrad 0). Die zuverlässigste Wirkung zeigt Genistein, ein isoliertes Isoflavon, in einer Dosierung von 30 bis 60 mg pro Tag. Isoflavone in Form einer Phytoestrogen-reichen Ernährung, als Soja-Extrakte oder Rotklee-Extrakte wirken möglicherweise bei einer Tagesdosis über 30 mg. Laut einer Stellungnahme der European Food Safety Authority (EFSA) gibt es keine Hinweise auf eine schädliche Wirkung bei Anwendung der in Nahrungsergänzungsmitteln üblichen Mengen, wenn diese bis zu zwölf Monate angewendet werden. Laut Leitlinie ist das Risiko für Schäden bei der Einnahme von Isoflavonen (30 bis 80 mg/Tag, inklusive Phytoestrogen-reicher Ernährung), Rotklee, Genistein (30 bis 60 mg/Tag) gering. Bisher gibt es mangels aussagekräftiger Studien keine HMPC-Monographien zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden mit Phytoestrogen-haltigen Drogen. Die Anwendung der Nahrungsergänzungsmittel wird damit begründet, dass wegen der sojareichen Ernährung in Japan nur ein Viertel der Frauen an Wechseljahresbeschwerden leidet. In den Produktinformationen ist Diätmanagement bei Wechseljahresbeschwerden, z. B. Hitzewallungen und Schweißausbrüche, oder eine vergleichbare Formulierung angegeben.

In Soja- oder Sojabohnen-Extrakt (Glycine max L., Merr., Fabaceae) sind vor allem die Isoflavone Genistein und Daidzein enthalten. Je nach Zubereitung sind die Isoflavone glykosyliert oder liegen als Aglykon vor. Letztere sind wirksamer.

Von Rotklee(Trifolium pratense L., Fabaceae) wird der Extrakt der gesamten Pflanze eingesetzt. Er enthält zusätzlich zu Genistein und Daidzein die Isoflavone Formononetin und Biochanin A.

Für die Wirkung von Leinsamen-Extrakt (Linum usitatissimum L., Linaceae) gegen Wechseljahresbeschwerden werden die enthaltenen Lignane verantwortlich gemacht. Nach einem systematischen Review von sechs Studien zur Wirksamkeit von Leinsamen-Extrakt sind Leinsamen wirksam gegen Hitzewallungen, doch die Wirkung ist nicht signifikant [5]. Grund für die Wirkung sind möglicherweise Estrogen-ähnliche Effekte. Gemäß Leitlinie sind mindestens 100 mg/Tag möglicherweise wirksam, das gleiche gilt für Hopfen-­Extrakt (Humulus lupulus L., Cannabaceae) mit 100 bis 200 mg/Tag.

Echter Salbei (Salvia officinalis L., Lamiaceae) ist ein Halbstrauch mit meist violetten Lippenblüten, bei dem alle oberirdischen Teile einen typischen Geruch besitzen. Die Blätter sind lanzettlich bis länglich-eiförmig, weißfilzig behaart und graugrün. Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind ätherische Öle, vor allem Thujon, Linalool und 1,8-Cineol, sowie Gerbstoffe und Bitterstoffe. Salbei-Blätter werden laut der HMPC-Monographie der EMA traditionell gegen übermäßiges Schwitzen bei Erwachsenen eingesetzt und können auch bei entsprechenden Wechseljahresbeschwerden versucht werden. Salbeiblätter-Tee (Infus von 2 g Salbeiblättern auf 150 ml Wasser) oder Fertigarzneimittel werden eingesetzt. Alkoholische Zubereitungen aus Salbeiblättern sollten wegen des Thujon-Gehaltes nicht länger als 14 Tage eingenommen werden.

Mönchspfeffer oder Keuschlamm (Vitex agnus-castus L., Lamiaceae) ist ein 3 bis 5 m hoher Strauch mit großen, handförmig geteilten, kreuzgegenständig stehenden Blättern. Die kleinen Lippenblüten sind blau bis violett und stehen dicht in endständigen, ährenartigen Blütenständen. Die Früchte erinnern wegen ihrer rötlich-schwarzen Farbe und ihres scharfen Geschmackes an schwarzen Pfeffer. Mönchspfefferfrucht-Extrakte werden beim prämenstruellem Syndrom (PMS) eingesetzt und sind für diese Indikation gut untersucht. Die HMPC-Monographie attestiert einem Trocken­extrakt einen „well-established use", weitere Extrakte sind als traditionelle Arzneimittel zugelassen. Beschwerden vor der Menstruation wie Brustspannen, Wassereinlagerungen, Kopf- und Bauchschmerzen und Reizbarkeit treten vor allem in der Prämenopause auf, also vor den eigentlichen Wechseljahren. Die Präparate haben keine Zulassung für Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche.

Pflanzliche Präparate zur lokalen Anwendung bei vulvovaginaler Atrophie

Laut Leitlinie können Befeuchtungs- oder Gleitmittel entweder allein oder in Kombination mit einer lokalen Estrogen-Therapie empfohlen werden. Dabei sind häufig auch die befeuchtenden Produkte alleine und sogar Placebos wirksam. Feuchtcremes haben eine länger anhaltende Wirkung als Gele, eine Alternative sind Vaginalovula oder Vaginalzäpfchen. Die meisten Zubereitungen enthalten Hyaluronsäure oder Milchsäure, aber es gibt auch pflanzliche Produkte.

In einer Beobachtungsstudie von 2015 mit 230 Frauen (19 bis 87 Jahre, 75% postmenopausal) mit der Indikation Scheidentrockenheit wurde für das Medizinprodukt Remifemin® Feuchtcreme eine lang anhaltende und nachhaltige Wirksamkeit gegen Scheidentrockenheit und deren Folgesymptome bei guter Verträglichkeit festgestellt [14]. Das Produkt enthält neben Milchsäure Hamameliswasser (Destillat der Zweige, Rinde und Blätter von Hamamelis virginiana L.) und ist mit latexfreien Kondomen verwendbar.

Eine weitere Möglichkeit mit pflanzlichen Inhaltsstoffen ist menoelle® Gel, das Leinsamen-Extrakt, Aloe vera, Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl enthält. Es wird alle ein bis drei Tage angewendet und kann mit Kondomen aus Naturlatex und Polyisopren verwendet werden.

Ein Therapieversuch mit einem befeuchtenden Präparat in der Selbstmedikation ist oft eine hilfreiche Empfehlung. |

 

Literatur

 [1] Beer A-M, Neff A. Differentiated Evaluation of Extract-Specific Evidence on Cimicifuga racemosa‘s Efficacy and Safety for Climacteric Complaints. Evid Based Complement Alternat Med Epub 2013;2013:860602, doi: 10.1155/2013/860602

 [2] European Union herbal monograph on Cimicifuga racemosa (L.) Nutt., rhizoma. EMA/HMPC/48745/20172018, Stand: 18. Juli 2017

 [3] European Union herbal monograph on Salvia officinalis L., folium. EMA/HMPC/277152/2015, Stand: 2. Februar 2016

 [4] European Union herbal monograph on Vitex agnus-castus L., fructus. EMA/HMPC/606742/2017, Stand: 27. März 2018

 [5] Ghazanfarpour N, Sadeghi R et al. Effects of flaxseed and Hypericum perforatum on hot flash, vaginal atrophy, and estrogen-dependent cancers in menopausal women: a systemativ review and meta-analysis. Avicenna J Phytomed 2016;6(3):273-283

 [6] Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln für Frauen nach der Menopause: kein Hinweis auf schädliche Wirkung. Informationen der European Food Safety Authority (EFSA), Stand: 21. Oktober 2015, www.efsa.europa.eu/de/press/news/151021

 [7] Leach MJ, Moore V. Black cohosh (Cimicifuga spp.) for menopausal symptoms. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, doi: 10.1002/14651858.CD007244.pub2

 [8] Lethaby A, Marjoribanks J et al. Phytooestrogens for menopausal vasomotor symptoms. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, doi: 10.1002/14651858.CD001395

 [9] Franco OH, Chowdhury R et al. Use of Plant-Based Therapies and Menopausal Symptoms. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA 2016;315(23):2554-2563, doi: 10.1001/jama.2016.8012

[10] Naser B, Schnitker J et al. Suspected black cohosh hepatotoxicity: no evidence by meta-analysis of randomized controlled clinical trials for isopropanolic black cohosh extract. Menopause 2011;18(4):366-75

[11] Menopause – diagnosis and management. National Institute for health and Care Exellence Guideline, 2019, www.nice.org.uk/guidance/ng23

[12] Ortmann O et al. Peri- und Postmenopause, Diagnostik und Interventionen. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, der österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, AWMF-Registernummer 015-062, Version 1.1 2020

[13] Phytotherapie im Klimakterium: Behandlung menopausaler Beschwerden. Zusammenfassung wissenschaftlicher Ergebnisse zu dem Spezialextrakt ERr 731® aus der Sibirischen Rhabarberwurzel. Informationen der Dr. Loges & Co GmbH, Stand: 2020

[14] Schnitker J et al. Abschlussbericht analog § 67 Abs. 6 AMG für die klinische Erfahrungsbeobachtung zum Einsatz der Vaginalcreme Remifemin® FeuchtCreme. Informationen der Schaper & Brümmer GmbH & Co, 2015

[15] Vollmer G, Papke A, Zierau O. Treatment of menopausal symptoms by an extract from the roots of rhapontic rhubarb: the role of estrogen receptors. Chin Med 2010;5:7-10, doi: 10.1186/1749-8546-5-7

[16] Blaschek W (Hrsg.). Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2016

[17] Wuttke W, Jarry H et al. The non-estrogenic alternative for the treatment of climacteric complaints: Black cohosh (Cimicifuga or Actaea racemosa). J Steroid Biochem Mol Biol 2014;139:302-310, doi: 10.1016/j.jsbmb.2013.02.007

[18] European Union herbal monograph on Hypericum perforatum L., herba (traditional use). EMA/HMPC/45508/2017, Stand: 3. März 2018

Autorin

Dr. Karin Krämer studierte in München Pharmazie. Während und nach der Promotion in Medizingeschichte arbeitete sie in einer öffentlichen Apotheke. Sie unterrichtet an der Berufsfachschule für pharmazeutisch-technische Assistenten in München Arzneimittelkunde, Botanik und Drogenkunde, Chemie und Gefahrstoffkunde.

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