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DAZ aktuell
Grippeschutzimpfung in Apotheken soll Regelleistung werden
Ampelfraktionen planen Änderungsantrag zum Pflegebonusgesetz / Kritik der Bundesärztekammer
Wo immer Apotheken gegen Grippe impfen, ist die Resonanz gut: Viele der laufenden regionalen Modellprojekte wurden inzwischen räumlich ausgeweitet oder es haben sich weitere Kassen dem Vertrag angeschlossen. Den bis dato bekannt gewordenen Evaluationsberichten zufolge sind auch die Kunden überaus zufrieden mit den Leistungen der Betriebe. Und: Oftmals erreichen die Apotheken demnach genau diejenigen Menschen, die sich ohne ein solch niedrigschwelliges Angebot gar nicht gegen Influenza hätten immunisieren lassen.
Der Erfolg der Projekte überzeugt offenbar auch die Ampel-Koalitionäre: Sie wollen die Apotheken-Grippeimpfungen in die Regelversorgung überführen und damit unabhängig machen von regionalen Vereinbarungen mit einzelnen Krankenkassen. Geschehen soll dies mit dem Pflegebonusgesetz, das sich bereits in den parlamentarischen Beratungen befindet. Dessen Hauptinhalt ist es, die Leistung von Pflegekräften in der Corona-Pandemie mit einem Pflegebonus zu würdigen. Je 500 Millionen Euro sollen hierfür im Bereich der Krankenhäuser sowie der Pflegeeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Woche Mittwoch – nach Redaktionsschluss dieser DAZ – fand die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf statt. Schon Mitte April lag ein Paket mit Entwürfen für Formulierungshilfen verschiedener Änderungsanträge der Regierungsfraktionen vor. Diese waren in der vergangenen Woche zwar noch nicht ressortabgestimmt. Allerdings spricht viel dafür, dass der Antrag zur „Einbeziehung der Apotheken in die Regelversorgung mit Grippeschutzimpfungen“ in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird – auch wenn im Einzelnen noch Änderungen möglich sind. Er wird im Paket der Änderungsanträge als eine der „zeitkritischen Regelungen, die vor der Sommerpause in Kraft treten sollten“ bezeichnet. Erklärtes Ziel ist, einen „weiteren, niedrigschwelligen Zugang zu Grippeschutzimpfungen zur Erhöhung der Impfquote anzubieten“.
Geschulte Apotheker dürfen impfen
Konkret sind nach der Formulierungshilfe Anpassungen im Infektionsschutzgesetz (§ 20c neu), im Sozialgesetzbuch V (§§ 132e, 132j), im Apothekengesetz (§ 21) sowie in der Apothekenbetriebsordnung (§§ 1a, 2, 35a neu, 36, 37) geplant. Demnach sollen Apotheker, die eine entsprechende ärztliche Schulung absolviert haben, Grippeschutzimpfungen bei Erwachsenen durchführen dürfen. Anerkannt werden sollen auch ärztliche Schulungen für die COVID-19-Impfung.
Die Bundesapothekerkammer wird dem Entwurf nach verpflichtet, zusammen mit der Bundesärztekammer auf Basis der bereits vorliegenden Vorgaben zu Schulungen im Rahmen von Modellvorhaben nach § 132j SGB V ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung der Apothekerinnen und Apotheker zu entwickeln. Dadurch „soll sichergestellt werden, dass die Schulungen bundesweit möglichst einheitlich durchgeführt werden und zügig beginnen können“.
DAV und GKV-Spitzenverband sollen Honorar festlegen
Was die Vergütung betrifft, werden die Karten neu gemischt: Der GKV-Spitzenverband soll im Benehmen mit der PKV nach dem Willen der Ampel-Partner mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) einen Vertrag über die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken schließen, der insbesondere das Honorar für die Impfleistung regelt sowie die Impfdokumentation und die Abrechnung. Werden sich Kassen und Apotheker nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten einig, muss mal wieder die Schiedsstelle ran. Laufende Modellprojekte enden spätestens neun Monate nach Vertragsschluss.
Im Übrigen bleibt es dabei, dass PTA beim Impfen außen vor sind. „Nur Apotheker, die zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen berechtigt sind, dürfen die Aufklärung, die Anamnese, das Einholen der Einwilligung der zu impfenden Person und die Grippeschutzimpfungen durchführen“, soll es künftig in der Apothekenbetriebsordnung heißen. Bei der Vorbereitung und der Dokumentation der Impfung kann das Personal der Apotheke unterstützen. „Zudem ist die Durchführung der Schutzimpfung nur gestattet, sofern das Berufsrecht dem nicht entgegensteht. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen der Apothekerkammern.“
Zuspruch und Kritik
Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, begrüßte den Vorstoß. Er sieht ihn auch als einen ersten wichtigen Schritt, um im internationalen Vergleich aufzuholen. In einem Gastkommentar für DAZ.online erklärt er, für ihn sei vorstellbar, dass Apotheken neben Grippe und COVID-19 künftig auch gegen andere Infektionskrankheiten impfen, zum Beispiel gegen FSME.
Auch die ABDA unterstützt das Vorhaben ausdrücklich. In ihrer Stellungnahme zum Änderungsantragspaket erklärt sie, Apotheken könnten „dazu beitragen, die Impfquoten zu erhöhen, die für die Allgemeinheit von herausragender Bedeutung sind“. Dabei könnten sie auf ihre positiven Erfahrungen in Modellvorhaben sowie bei den COVID-19-Impfungen zurückgreifen und auf diesen aufbauen. Die ABDA regt allerdings eine Klarstellung an, dass die impfenden Apotheker zum pharmazeutischen Personal der Apotheke gehören müssen und nicht etwa als „freie Mitarbeiterinnen bzw. freie Mitarbeiter“ diese Aufgabe übernehmen dürfen.
Kritik kommt dagegen vom Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK) Klaus Reinhardt. Er erklärte, man müsse zwar alles dafür tun, die Durchimpfungsraten in Deutschland zu erhöhen. „Kontraproduktiv aber ist es, das hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen in Deutschland zu senken und das Impfrecht neben Ärztinnen und Ärzten auch auf andere Professionen aus dem Gesundheitswesen zu übertragen. Impfen gehört zur ärztlichen Regelversorgung.“ Wenn der Gesetzgeber von einem niederschwelligen Zugang spreche, verkenne er, dass es in Deutschland lediglich etwa 20.000 Apotheken gebe, von denen nur ein Teil in der Lage wäre, die räumlichen Anforderungen zur Durchführung einer Impfung zu erfüllen. Im Vergleich dazu seien mehr als 160.000 Ärzte im ambulanten Versorgungsbereich tätig – „es stehen also ausreichend Ärztinnen und Ärzte für Grippeschutzimpfungen zur Verfügung“, so Reinhardt. Zur Erhöhung der Durchimpfungsrate in Deutschland seien keine zusätzlichen Impfangebote notwendig, sondern gut verständliche und auf die verschiedenen Zielgruppen angepasste Informationen, meint der BÄK-Präsident.
Nun bleibt das weitere parlamentarische Verfahren abzuwarten. |
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