Aus den Ländern

BVDAK-Chef „im Glück“: Die Branche trifft sich wieder

14. Kooperationsgipfel digital und vor Ort in München

jb | Vergangene Woche trafen sich Vertreter aus den Apothekenkooperationen, der pharmazeutischen Industrie, den Warenwirtschaftshäusern sowie den pharmazeutischen Großhandlungen auf Einladung des Bundesverbandes der Apothekenkooperationen (BVDAK) zum Kooperationsgipfel in München zum ersten großen Wiedersehen nach Corona.

Eigentlich war alles wie immer beim Kooperationsgipfel, der am 3. und 4. Mai als Hybridveranstaltung in München und online stattfand – also zumindest fast, wenn man von der Teststation im Hotel absah und der Tatsache, dass sich die Teilnehmer in den Pausen bei angenehmen Temperaturen draußen aufhalten konnten. Denn regulär findet der Kooperationsgipfel im Februar statt, wurde aber in diesem Jahr pandemiebedingt auf Anfang Mai verschoben. Das ermöglichte, dass die Gespräche in den Vortragspausen und auch abends teils ins Freie verlegt wurden. Und noch eine Sache war anders als sonst: die spürbar große Freude aller Beteiligten, sich nach einem Jahr Pandemiepause vor Ort wiederzusehen. Er sei in diesem Jahr gar nicht wie in den vergangenen Jahren angespannt gewesen, erzählte der BVDAK-Vorsitzende und Gastgeber Dr. Stefan Hartmann bei der Begrüßung und führte das darauf zurück, dass er „einfach im Glück sei“.

Weiter ging er dann auf die Sparpläne der Regierung ein, die der Branche demnächst ins Haus stehen dürften. Werde der Kassenabschlag wirklich erhöht, wirke sich das negativ auf die Innovationskraft der Apotheken aus, so Hartmann. Warum man vor allem bei den Apotheken und der Industrie sparen will, ist für den Apotheker klar: „Dort ist es am einfachsten etwas abzugreifen, an die Krankenhäuser kommt man nicht ran.“ Das wird nicht lustig für die Apotheken, befürchtet Hartmann, der persönlich von einem Rohertragsverlust von 33.000 Euro ausgeht, sollte der Kassenabschlag erhöht werden. Darin, dass in Berlin nun eine völlig neue Generation von Gesundheitspolitikern das Sagen hat, sieht Hartmann allerdings eine große Chance für die Apothekerschaft. Diese Politiker wollten nämlich mehr von den Apothekern. In der Pandemie hätten viele Kolleginnen und Kollegen die Ärmel hochgekrempelt und ihre Insel verlassen, erklärt er weiter – und dabei viel gelernt, zum Beispiel andere Organisationsstrukturen mit Online-Terminvereinbarung in den Testzentren. Dies gelte es nun, aufs Impfen zu übertragen. Letzteres befürworten Hartmann und der BVDAK schon lange. Der Verband hat laut Aussage des Vorsitzenden maßgeblich auf die Gesetzgebung zu den Modellprojekten zur Grippeimpfung Einfluss genommen.

Auf die Begrüßung, die Hartmann in guter Tradition nicht allein, sondern mit Co-Moderatorin Dr. Vanessa Conin-Ohnsorge, vortrug, folgte dann ein bunter Strauß von Themen aus der Branche. Prof. Dr. Heribert Prantl von der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte mit der „Stunde der Optimisten“, wie Zukunft funktioniert, wie wichtig Hoffnung in Zeiten wie diesen ist und was Hoffnung von blindem Opportunismus unterscheidet.

Foto: DAZ/jb

Politiker ohne klassisches Denken

Manuela-Andrea Pohl, Senior Specialist Public Affairs bei Noventi, gab einen Überblick über die neuen und alten Köpfe im Bundesgesundheits­ministerium – viele aus dem Krankenkassenbereich – und die Pläne der Ampel. Auch sie betonte noch einmal den Generationenwechsel in der Gesundheitspolitik. „Die aktuellen Gesundheitspolitiker kommen nicht aus dem klassischen Denken, wie zum Beispiel der Standespolitik.“ Daher müsse man sich auch auf Fragen gefasst machen, von denen man bislang dachte, dass sie niemand fragen würde. Zum Beispiel: „Muss eine Apotheke einem Apotheker gehören?“ Ähnlich wie Hartmann sieht sie darin aber auch eine Chance. Pohls Rat: Die Apothekerinnen und Apotheker sollten sich zusammentun und das Gespräch mit der Politik suchen. Wenn sie nicht einfach nur mehr Geld wollen, sondern sich konstruktiv einbringen, wie sich die Versorgung verbessern lässt, werden sie Gehör finden, so ihre optimistische Einschätzung. Im Anschluss diskutierte Andreas Kierndorfer von der AOKI GmbH mit Martina Gampl von Dr. Pfleger, Apothekerin Iris Blaschke, Leitung & COO der St. Vitus Apotheke in Gilching, und Robert Bielmeier, Inhaber der Personalberatung Bielmeier & Partner, darüber, was einen starken OTC-Außendienst auszeichnet und ob es den Außendienst nach Corona überhaupt noch braucht. Berlins Kammerpräsidentin Dr. Kerstin Kemmritz, Ramin Heydarpour von Pfizer und der Holzgerlinger Apotheker Dr. Björn Schittenhelm machten sich zusammen mit Dr. Stefan Hartmann Gedanken darüber, wie das Apothekensterben gestoppt werden kann. Thomas Heil von IQViA stellte Daten aus dem OTC-Markt nach Corona vor, zum Beispiel wie viele Apotheken bei welcher Plattform dabei sind. Nina Thiele vom DeutschenApothekenPortal präsentierte die Preisträger der Coop-Study 2022.

Foto: DAZ/jb

Keine Anspannung, sondern einfach nur glücklich: Gastgeber und Vorsitzender des Bundesverbandes der Apothekenkooperationen (BVDAK) Dr. Stefan Hartmann.

Wem nützen Kooperationen?

Gudrun Kreutner, die die Unternehmenskommunikation beim Wort & Bild Verlag leitet und zudem Mitglied der #DenkfabrikApotheke ist, diskutierte mit Meike Appelrath von der Kooperation Migasa, Dana Schreiner, Filialleitung der Dom-Apotheke in Gelsenkirchen-Buer, Anike Oleski, Inhaberin der Berliner MediosApotheken, Kathrin Neubauer von der eigens.net GmbH, wo sie den Bereich Industriekooperationen verantwortet, und Tanja Wilcke-Pasternacki, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei AHD/Gehe, darüber, wem Kooperationen im Apothekenmarkt nützen und nach welchen Kriterien sich eine Apotheke für eine Kooperation entscheidet. Prof. Dr. Claudius Schmitz von der West­fälischen Hochschule Gelsenkirchen machte Vorschläge, wie sich die Apotheke in der Medienwelt positionieren kann. Prof. Dr. Ralf Ziegenbein erklärte und analysierte, welche „Prozesse“ beim Networking ablaufen und wie man profitiert, wenn man erfolgreich netzwerkt. Stefan Höcherl von der Gematik wurde zugeschaltet und berichtete, nachdem technische Probleme bei der Einwahl überwunden waren, über das digitale Gesundheitsnetz für Deutschland. Zum Schluss erläuterte der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas die Entwicklungen für Industrie, Großhandel und Apotheken nach der Wahl und welche gerichtlichen Entscheidungen im Bezug auf Telemedizin und Plattformen anstehen. In diesem Bereich sei einfach vieles noch ungeklärt, es wurden aber schon Verfahren auf den Weg gebracht. Am Rande der Vorträge präsentierten sich zudem einzelne Dienstleister im Rahmen der World of Pharma Services.

Der nächste BVDAK-Kooperations­gipfel findet am 8. und 9. Februar 2023 statt. |

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