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DAZ aktuell
Rückenwind nutzen, Approbationsordnung erneuern
Diskussion über Positionen und Perspektiven beim ADKA-Kongress
In seiner Begrüßung hob ADKA-Präsident Dr. Thomas Vorwerk die Herausforderungen der nächsten Jahre hervor. Da sich die Krankenhauslandschaft verändern wird, stellt sich die Frage, welche pharmazeutischen Dienstleistungen noch gebraucht werden. Dies sei mit Sicherheit die Arzneimittelinformation, die allerdings noch verbessert werden muss und auch entsprechend honoriert werden sollte. Als große gesellschaftliche Aufgabe nannte Vorwerk die Nachhaltigkeit. Da der ökologische Fußabdruck pharmazeutischer Dienstleistungen noch nicht oder nur rudimentär bekannt ist, gelte es, neue Konzepte zu entwickeln und diese umzusetzen.
Neue Konzepte für die Ausbildung
Unter dem Stichpunkt „Neue Konzepte“ ist auch das von der Bundesapothekerkammer (BAK) veröffentlichte Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung zu sehen, das im Rahmen eines gut besuchten Seminars vorgestellt und diskutiert wurde. In einem Impulsvortrag skizzierte Prof. Dr. Thorsten Lehr, Universität des Saarlandes Saarbrücken, das Zustandekommen und die wichtigsten Eckpunkte eines Positionspapiers zur Novellierung der Approbationsordnung. Zur Erinnerung: Bereits im November 2019 beschloss die BAK-Mitgliederversammlung eine Novellierung der Approbationsordnung. In Zusammenarbeit mit Vertretern des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), des Verbands der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen, der Apothekengewerkschaft Adexa und der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft wurde ein Positionspapier erstellt, dem die BAK-Mitgliederversammlung am vergangenen Dienstag in Münster zugestimmt hat. Darüber informierte die ABDA per Mitteilung. Die endgültige Entscheidung, wie eine Novellierung genau aussieht, liegt beim Bundesgesundheitsministerium.
Wunsch nach mehr klinischer Pharmazie
Aktualisierungen der Approbationsordnung erfolgen in großen zeitlichen Abständen (1989, 2001, 2023?) und aktuell wieder in einer Zeit, in der sich die wissenschaftlichen Anforderungen an einen Beruf, und demzufolge auch an ein Studium, enorm verändern. Lehr nannte hier die Notwendigkeit einer stärkeren Fokussierung auf die klinische Pharmazie. Allerdings gibt es noch immer Universitäten ohne einen eigenen Lehrstuhl für dieses Fach. Eine Ursache liegt darin, dass bei der letzten Novellierung der Approbationsordnung die Kostenneutralität eingehalten werden musste, was Lehr zufolge bei der jetzt anstehenden Änderung nicht mehr möglich sein wird. Die angedachten Neuerungen (s. Kasten) sind nicht mehr kostenneutral umzusetzen. Eine Novellierung der Ausbildung wird nicht nur den jetzigen Anforderungen gerecht, sondern auch den Beruf eines Apothekers attraktiver machen. Mit diesem Statement leitete Lehr zu der anschließenden Podiumsdiskussion über.
47. ADKA-Jahreskongress in Nürnberg
Vom 5. – 7. Mai 2022 fand der 47. Wissenschaftliche Kongress des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) in Nürnberg statt. Sein diesjähriges Motto – „Krankenhausapotheker – innovativ, digital und patientennah“ – wurde in zahlreichen Vorträgen und Veranstaltungen aufgegriffen. Auch das Seminar „Ausbildung und Zukunft“ folgte dem Leitmotiv der Veranstaltung und zeigte angedachte Änderungen bei der Ausbildung der Pharmaziestudierenden auf. Begleitet wurde der Kongress von Workshops, Satelliten-Symposien, Posterpräsentationen und einer Industrieausstellung. Die Möglichkeit zur Präsenzfortbildung wurde von knapp 900 Teilnehmern genutzt.
Günstige Vorzeichen für die Umsetzung
Einleitend nahmen die Diskutanten Stellung zum Positionspapier. Thorben Kurzbach, Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V., Berlin, sah in der angedachten Neuverteilung der Studienfächer einen ersten wichtigen Schritt, auch wenn vonseiten der Studenten eine gleichmäßige Verteilung der Fächer (jeweils 20% für jedes Kernfach) gewünscht wird. Dem fügte Dr. Holger Knoth, Leiter der Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Dresden, hinzu, dass man mit der Einigung zufrieden sein könne. Wichtig sei es nun, dass alle Beteiligten mitspielen und keine Partikularinteressen verfolgen. Diese Forderung nahm auch Lehr auf, der darauf hinwies, dass der Weg bis zur Umsetzung des Positionspapiers noch weit sei und ein geschlossenes Auftreten aller Beteiligten (Berufsverbände, Lokalpolitik, Studierende, Universitäten, Interessensvertreter) erfordere. Die Vorzeichen für ein Gelingen seien indes nicht schlecht, da die Pandemie die wichtige Stellung des Apothekers im Gesundheitswesen gezeigt habe. Dem stimmte Prof. Dr. Frank Dörje, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen und Vizepräsident der ADKA, Erlangen, zu. Der Rückenwind, den die Apothekerschaft aufgrund ihrer Leistung und ihres Engagements während der Pandemie erhalten habe, müsse genutzt werden, um eine neue Approbationsordnung in trockene Tücher zu bringen.
Fünf Jahre Studium „ja“, Dominanz der Chemie „nein“
Erwartungsgemäß führte die Vorstellung des Positionspapiers zu vielen Fragen aus dem Auditorium, teils von Studierenden, teils von Pharmazeuten im Praktikum, aber auch von Apothekern mit langer Berufserfahrung. Eine mehrfach gestellte Frage betraf die geplante Verlängerung des Studiums um zwei Semester. Für diese Notwendigkeit sprachen sich die meisten Diskutanten aus, zum einen, um im Europavergleich bestehen zu können, aber auch, um insgesamt als Berufsstand selbstbewusster zu werden und als integrativer Bestandteil im Gesundheitswesen wahrgenommen zu werden. Als mögliche Schattenseiten wurden die Finanzierung eines längeren Studienganges sowie eine mögliche passagere Lücke bei der Versorgung angesehen, wenn eine Nachwuchsgeneration durch die Verlängerung des Studiums erst ein Jahr später zur Verfügung steht.
Die geplante Fächeraufteilung wurde dagegen nicht einheitlich begrüßt. Die Pharmazeutische Chemie bleibt trotz prozentualer Abnahme das Hauptfach, auch wenn Inhalte der klinischen Pharmazie erweitert werden. Allerdings müsse man berücksichtigen, dass auch die Chemie ihren Stoff aktualisiert habe und stärker auf pharmazeutische Belange ausgerichtet ist, so Lehr. Zudem sollen klinische Fächer früher in das Studium integriert werden, sodass eine Vernetzung der beiden Disziplinen erfolgen kann.
Was die Gestaltung des Praktikums anbelangt, so soll das Halbjahr in der Offizin erhalten bleiben. Ferner ist ein Praktikum in einem Krankenhaus oder – falls dies nicht möglich – in einer Hausarztpraxis geplant, um die Kooperation innerhalb der Heilberufe zu stärken. Dadurch lernen Apotheker und Ärzte eine frühzeitige Zusammenarbeit und praktizieren einen Wissensaustausch auf gleicher Höhe. Von einer interprofessionellen Ausbildung profitieren die Heilberufler und nicht zuletzt die Patienten. |
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