Arzneimittel und Therapie

Vorläufige Entwarnung für Spironolacton

Keine Assoziation zwischen Diuretikum und malignen Erkrankungen erkennbar

Wenn sich der Blutdruck nicht ausreichend in den Griff bekommen lässt, ist Spironolacton oft eine wirksame Option. Wie sieht es aber mit der ­Sicherheit der Therapie aus, denn die FDA warnt, dass Spironolacton potenziell tumorigen wirkt? Der ­Frage, ob der Wirkstoff dieses Label zu Recht trägt, ging eine neue Metaanalyse nach und findet, zumindest bei Älteren, kein erhöhtes Krebs­risiko.

Bei Herzinsuffizienz, resistenter Hypertonie und Hyperaldosteronismus hat sich das Kalium-sparende Diuretikum Spironolacton als starke Therapieoption etabliert. Der Wirkstoff agiert als Antagonist am Mineralo­corticoid-Rezeptor. Zusätzlich wirkt Spironolacton durch seine Steroidstruktur antagonistisch an Androgen- und Progesteron-Rezeptoren. Off label wird es deshalb auch bei Akne und Hirsutismus angewendet.

Warnung vor Karzinogenität

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA weist allerdings auf ein mögliches Krebsrisiko durch den Wirkstoff hin und stützt sich dabei auf die Ergebnisse von Tierversuchen [1]. Bei Wirkstoffmengen, die die therapeutische Dosis um ein Vielfaches überschreiten, traten bei Ratten beispielsweise gutartige Adenome der Schilddrüse und Hoden, aber auch hepatozelluläre Adenome, Hodenkarzinome und andere Karzinome auf [1]. Die deutsche Fachinformation sieht keinen Hinweis auf ein relevantes tumor­erzeugendes Potenzial [2]. Eine neue Metaanalyse aus den USA untersuchte nun den Stand der Dinge und fasst die Literatur zum Krebsrisiko des Wirkstoffes zusammen [3].

Foto: SciePro/AdobeStock

Großes Patientenkollektiv

Die Wissenschaftler identifizierten in der Literatur sieben relevante retrospektive Beobachtungsstudien, die Daten­sätze von rund 4,5 Millionen Personen (mittleres Alter 62,6 bis 72,0 Jahre) umfassen. Aus diesen verfügbaren Daten berechneten die Wissenschaftler das relative Risiko, mit dem unter Spironolacton sowohl während der Studiendauer als auch in der Nachbeobachtungszeit von bis zu 20 Jahren eine Krebserkrankung eintrat. Insgesamt war bei allen untersuchten Krebsarten kein erhöhtes Risiko festzustellen. Beispiel Mammakarzinom: Die relative Risk Ratio [RR] betrug 1,04 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,86 bis 1,22), somit erhöhte Spironolacton das Krebsrisiko um vier Prozent – ein nicht signifikanter Unterschied, der im Rauschen der Statistik untergeht. Ein möglicher Zusammenhang kann trotzdem nicht komplett ausgeschlossen werden, da die Ergebnisse schwankten, je nachdem, welche Studien einbezogen wurden.

Protektiv bei Prostatakrebs?

Für andere Krebsarten identifizierten die Wissenschaftler ebenso kein von Spironolacton ausgehendes Risiko. Sowohl Karzinome der Blase (RR: 0,89; 95%-KI: 0,71 bis 1,07), der Nieren (RR: 0,96; 95%-KI: 0,85 bis 1,07), des Magens (RR: 1,02; 95%-KI: 0,8 bis 1,24) oder der Speiseröhre (RR: 1,09; 95%-KI: 0,91 bis 1,27) waren nicht mit der Einnahme des Wirkstoffes assoziiert. Für Eierstockkrebs konnte zwar kein Zusammenhang etabliert werden, das Konfidenzintervall, also die Schwankungsbreite, war aber sehr breit (RR: 1,52; 95%-KI: 0,84 bis 2,2). Ein Zusammenhang könnte möglicherweise doch bestehen.

Das Risiko für Prostatakrebs auf der anderen Seite reduzierte Spironolacton sogar nachweislich um 21% (RR: 0,79; 95%-KI: 0,68 bis 0,9). Den Autoren zufolge aufgrund der antiandrogenen Wirkung keine große Überraschung. Da Prostatakarzinome bei Männern zu den häufigsten malignen Erkrankungen zählen, können die Forscher sich vorstellen, dass Spironolacton bei Männern bevorzugt eingesetzt werden bzw. zur Prävention genutzt werden könnte.

Qualität der Evidenz gering

Die Autoren kritisieren aber, dass die Primärdaten der Studien nicht immer zugänglich gemacht wurden und die in den Veröffentlichungen gezeigten Effektgrößen in relative Risiko-Verhältnisse umgerechnet werden mussten. Die meisten Daten stammen zudem von älteren, euro­päischen Pa­tienten. Ob diese uneingeschränkt auch für andere Bevölkerungsgruppen gelten, ist unbekannt. Auch wenn die Ergebnisse durch derartige Einschränkungen in ihrer Aussagefähigkeit eingegrenzt werden, ermutigt diese Metaanalyse und sollte zukünftig von weiteren Studien flankiert werden. |

Literatur

[1] Aldactone® Tabletten. FDA Drug Label

[2] Fachinformation Aldactone® 100 mg Hartkapseln

[3] Bommareddy K et al. Association of Spironolactone Use With Risk of Cancer: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Dermatol 2022;e215866

Apotheker Dr. Tony Daubitz

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