Prisma

Hirnschaden „heilt“ Nicotin-Sucht

Neuronales Netzwerk identifiziert

Foto: oneinchpunch/AdobeStock

us | Das Rauchen aufzugeben ist ein oft formulierter Vorsatz, und doch gelingt es nur wenigen. Zu groß ist der Suchtdruck des Nicotins, zu klein die Hemmschwelle, in bestimmten Situationen doch wieder zur Zigarette zu greifen. Manchen Menschen widerfährt allerdings eine Spontanheilung ihrer Sucht infolge eines Unfalls oder einer Krankheit. Ein Team um den Neurologen Professor Michael Fox von der Uniklinik in Boston hat eine Reihe dieser Fälle untersucht. Zwei Kohorten von Patienten (n = 69 und n = 62), die zum Zeitpunkt einer Hirnläsion (z. B. durch einen Schlaganfall) täglich durchschnittlich 23 Zigaretten rauchten, standen für die Auswertung zur Verfügung. Immerhin 34 der Patienten gaben ihr Laster nach der Verletzung auf, ohne rückfällig zu werden oder ein Verlangen nach Zigaretten zu spüren. MRT-Bilder der Schädel erlaubten es den Forschern die Hirnverletzungen miteinander zu vergleichen. Eine spezifische Hirnregion, die mit der plötzlichen Abstinenz in Verbindung gebracht werden konnte, fanden die Forscher dabei nicht. Als nächstes testeten sie daher, ob die ­betroffenen Hirnregionen in dieselben Schaltkreise integriert waren und wurden fündig. Läsionen mit dem ­Potenzial eine Nicotin-Sucht zu beenden, betrafen ein Netzwerk zwischen Inselrinde, präfrontalem Kortex und dem Gyrus cinguli. Dieses neuronale Netzwerk scheint auch in andere Suchterkrankungen involviert zu sein. In einer anderen Kohorte zeigten ­Patienten mit ähnlichen Läsionen ein niedrigeres Alkoholismus-Risiko. Mit der Identifizierung des „Sucht-Remissions-Netzwerks“ öffnen sich neue ­Wege in der Suchttherapie. So könnten beispielsweise mittels transkranieller Magnetstimulation gezielt die entsprechenden Hirnregionen angesprochen werden. |
 

Literatur

Joutsa J et al. Brain lesions disrupting addiction map to a common human brain circuit. Nat Med 2022;28(6):1249-1255

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