Arzneimittel und Therapie

Vazkepa wird vom Markt genommen

Hersteller zieht Konsequenzen aus gescheiterten Preisverhandlungen

daz/dm | Die Amarin Deutschland GmbH wird den Vertrieb des Omega-3-Fettsäure-Präparates Icosapent-Ethyl (Vazkepa®) zum 1. September 2022 in Deutschland ein­stellen, da mit dem GKV-Spitzen­verband keine zufriedenstellende Einigung über den Erstattungspreis erzielt werden konnte. Amarin verweist nun auf die Möglichkeit des Einzelimports.

Vazkepa® ist indiziert zur Reduzierung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse bei mit Statinen behandelten erwachsenen Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko und erhöhten Triglyceridwerten (≥ 150 mg/dl [≥ 1,7 mmol/l]) sowie nachgewiesener kardiovaskulärer Erkrankung oder ­Diabetes und mindestens einem weiteren kardiovaskulären Risikofaktor. Die Zulassung des Omega-3-Fettsäurepräparates basiert auf der REDUCE-IT-Studie, in der Icosapent-Ethyl gegen ein Mineralöl-haltiges Placebo getestet worden war [1]. Der Verdacht: Das Placebo könnte die kardiovaskulären Risiken erhöht und einen Nutzen von Icosapent-Ethyl vorgetäuscht haben. Darauf machte Anfang August 2022 auch nochmals Prof. Dr. Martin Smollich, Leiter der Arbeitsgruppe Pharmakonutrition am Institut für Ernährungsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, auf Twitter aufmerksam: Die Wirksamkeit sei fraglich, weil das Placebo in der maßgeblichen Zulassungsstudie vermutlich gar kein Placebo war. Eine aktuelle Neuauswertung der REDUCE-IT-Studie zeige, dass das Mineralöl als Placebo zu den „vermeintlich positiven Effekten“ von Vazkepa® beigetragen haben könne. In der Mineralöl-Gruppe sei es zu einem signifikanten Anstieg von Biomarkern gekommen, die mit ­einem erhöhten kardiovaskulären Risiko in Verbindung stehen, so Smollich.

Von Anfang an war die Markteinführung des chemisch modifizierten und hoch dosierten Omega-3-Fettsäure-­Präparats Vazkepa® von viel Hoffnung, aber auch vielen Zweifeln begleitet worden. So wurde die STRENGTH-­Studie, eine weitere Studie mit hoch­dosierten Omega-3-Fettsäuren, wegen Wirkungslosigkeit 2020 vorzeitig gestoppt. Hier war eine Mischung aus EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) gegen ein Mais­öl-haltiges Placebo getestet worden [2]. Angesichts solcher Ergebnisse, der kritisierten Placebo-Wahl in der REDUCE-IT-Studie sowie möglicher Nebenwirkungen wie Vorhofflimmern konnten die Zweifel am Nutzen von Vazkepa® nicht ausgeräumt werden. Selbst im Fazit der REDUCE-IT-Studie heißt es, dass die Gabe von Icosapent-Ethyl nur minimale Auswirkungen auf eine ­Reihe von Biomarkern hatte, die mit atherosklerotischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) konnte keinen Zusatznutzen von Vazkepa® feststellen (G-BA-Beschlüsse vom 17. Februar und 5. Mai 2022).

Allerdings hat Amarin mit der Beurteilung durch den G-BA und der gescheiterten Preisverhandlung mit dem GKV-Spitzenverband noch nicht abgeschlossen. Man erwägt eine erneute Einreichung, sobald ein neues Dossier erstellt ist. Ärzte, die das Präparat verordnen möchten, werden auf die Möglichkeit des Einzelimports verwiesen. Sie sollen Kontakt mit einer internationalen Apotheke aufnehmen. |
 

Literatur

[1] Bhatt DL et al. Cardiovascular risk reduction with icosapent ethyl for hypertriglyceridemia. N Engl J Med 2019;380:11-22

[2] Nicholls SJ et al. Effect of high-dose omega-3 fatty acids vs corn oil on major adverse cardiovascular events in patients at high cardiovascular risk: The STRENGTH randomized clinical trial. JAMA 2020, doi: 10.1001/jama.2020.22258

[3] Pressemitteilung der Amarin Deutschland GmbH vom 19. August 2022

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