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Beratung

Impfen gegen Influenza

Wie wird die Grippesaison 2022 / 23 und welche Impfstoffe gibt es?

Australien berichtet über knapp 216.725 laborbestätigte Influenzafälle und damit über die höchsten Influenzafallzahlen seit fünf Jahren – ein Hinweis, dass auch hierzulande eine heftigere Grippewelle droht? Und: Welche Influenzaimpfstoffe gibt es in der bevorstehenden Grippesaison 2022/23, welcher eignet sich für Schwangere, Senioren oder Kinder und mit welchen innovativen Influenzavakzinen dürfen wir in Zukunft rechnen? | Von Celine Bichay

Bislang starben in Australien in diesem Jahr 273 Menschen mit einer Influenza-Infektion, 1666 mussten im Krankenhaus behandelt werden, 6,4% der Patienten direkt auf der Intensivstation (Stand 14. August 2022). Der australischen Gesundheitsbehörde Department of Health and Aged Care zufolge erkranken auf der Südhalbkugel vor allem Kinder unter fünf Jahren, Fünf- bis Neunjährige und Jugendliche und junge Erwachsene zwischen zehn und 19 Jahren [1]. Im letzten Jahr wurden um diese Jahreszeit lediglich 435 laborbestätigte Grippefälle (Stand 18. Juli 2021) und keine Grippe-assoziierten Todesfälle verzeichnet. Zu 183.331 Grippefällen (Stand 28. Juli 2019) und 363 Todesfällen kam es in der Influenzasaison 2019, der letzten präpandemischen – und dennoch waren dies noch weniger als bislang für 2022 berichtet.

Vor allem Influenza-A-Viren

Für die Infektionen sind mit 83% aller laborbestätigten Fälle hauptsächlich Influenza-A-Stämme verantwortlich. Bei den Stämmen, die in Australien näher typisiert wurden, lag bei 1% der Fälle Influenza A(H1N1) und bei 5% Influenza A(H3N2) vor. Vor allem bei A(H1N1)-dominierten Grippewellen erkranken dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge auch jüngere Erwachsene und Kinder „sehr schwer“ und sterben möglicherweise, insbesondere, wenn sie vorerkrankt sind. A(H3N2)-dominierte Grippewellen treffen laut RKI hingegen vor allem ältere und hochbetagte Menschen. In Australien entfallen derzeit lediglich 0,1% aller Grippemeldungen auf Influenza-B-Viren, noch weniger auf Co-Infektionen mit A und B und 17,1% aller laborbestätigten Influenzafälle blieben völlig untypisiert (unbekannt, ob Influenza A oder B).

Passt der Grippeimpfstoff?

Noch ist es zu früh, um zu bewerten, wie gut der Grippeimpfstoff der Südhalbkugel die dort zirkulierenden Viren neutralisiert. Positiv ist es jedoch schon, wenn die verimpften Stämme den tatsächlich zirkulierenden antigenetisch ähnlich sind – was beim Großteil der an die WHO Collaboration Centres (WHOCC) eingesandten Proben wohl der Fall war (bei 98,1% der Influenza-A(H1N1)-, bei 92,4% der Influenza-A(H3N2)- und vier Influenza B/Victoria-Proben).

Doch was fangen Europäer mit diesen Daten nun an? Sind sie ein Hinweis, wie die Grippesaison 2022/23 hierzulande verlaufen könnte oder agieren Influenzaviren auf der Nord- und Südhalbkugel völlig autark? Die DAZ hat beim RKI nachgefragt: „Die Influenza-Aktivität kann in verschiedenen Regionen der Welt sehr unterschiedlich verlaufen, und es lässt sich zum Beispiel von einem schweren Verlauf in einem Staat nicht auf einen ähnlichen Verlauf in einem anderen Staat schließen“, erklärt eine Sprecherin des RKI. Allerdings könnten dadurch Hinweise über eine bevorstehende Saison im eigenen Land gewonnen werden, wenn in Nachbarländern die Grippewelle schon begonnen hat, weswegen die Arbeitsgemeinschaft Influenza im Wochenbericht über akute respiratorische Erkrankungen (ARE-Wochen­bericht) regelmäßig über die Situation in Europa berichtet. Eine Vorhersage der hiesigen Grippesaison anhand von australischen Daten scheint also schwierig: „Wir können für den Herbst keine Prognose abgeben, ob es eine stärkere oder schwächere Grippewelle geben wird, zumal auch die Zirkulation anderer Viren wie SARS-CoV-2 Einfluss auf die infektiologische Gesamtlage akuter Atemwegsinfektionen haben“, so die RKI-Sprecherin.

Welche Grippeimpfstoffe gibt es diese Saison?

Für den bevorstehenden Grippewinter haben die Impfstoffhersteller bereits vorgesorgt – mit „normalen“ und auch „besonderen“ Influenzaimpfstoffen. Bei den standarddosierten, hühnereibasierten tetravalenten Grippeimpfstoffen kann man dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zufolge 2022/23 zwischen Afluria® (Seqirus), Influsplit Tetra (GlaxoSmithKline), Influvac Tetra (Viatris), Vaxigrip Tetra® (Sanofi Pasteur) und Xanaflu Tetra (Viatris) wählen (s. Tab.). Unterschiede gibt es dennoch: So dürfen mit Afluria® erst ab 18-Jährige gegen Grippe geimpft werden, während Influsplit Tetra, Influvac Tetra, Vaxigrip Tetra® sowie Xanaflu Tetra bereits eine Zulassung zum Influenzaschutz bei Babys ab einem Alter von sechs Monaten haben [2].

Tab.: Influenza-Impfstoffe mit Stammanpassung für 2022/2023 (Stand: 25. August 2022) [Paul-Ehrlich-Institut]
Bezeichnung
Art des Impfstoffs
Anwendung
Zulassungsinhaber
Afluria Tetra 2022/2023
Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert)
  • ab einem Lebensalter von 18 Jahren
  • intramuskulär
Seqirus Netherlands B. V. (NL)
Efluelda 2022/2023
Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert, 60 µg HA/Stamm)
  • ab einem Lebensalter von 60 Jahren
  • intramuskulär oder subkutan
Sanofi Pasteur (F)
Fluad Tetra 2022/2023
Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert, adjuvantiert)
  • ab einem Lebensalter von 65 Jahren
  • intramuskulär
Seqirus Netherlands B. V. (NL)
Flucelvax Tetra 2022/2023
Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff aus Zellkulturen, inaktiviert, frei von Hühnereiweiß)
  • ab einem Lebensalter von zwei Jahren
  • intramuskulär
Seqirus Netherlands B. V. (NL)
Fluenz Tetra 2022/2023
Influenza-Impfstoff (Virusimpfstoff, lebend-attenuiert)
  • ab einem Lebensalter von zwei Jahren bis einschließlich 17 Jahren
  • nasal
AstraZeneca AB (S)
Influsplit Tetra 2022/2023
Influenza-Spaltimpfstoff(Virusimpfstoff, inaktiviert), intramuskulär
  • ab einem Lebensalter von sechs Monaten
  • intramuskulär
GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG (D)
Influvac Tetra 2022/2023
Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert)
  • ab einem Lebensalter von sechs Monaten
  • intramuskulär oder tief subkutan
Viatris Healthcare GmbH (D)
Vaxigrip Tetra 2022/2023
Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert) Injektions­suspension in einer Fertigspritze
  • ab einem Lebensalter von sechs Monaten
  • intramuskulär oder subkutan
Sanofi Pasteur Europe (F)
Xanaflu Tetra 2022/2023
Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Ober­flächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert)
  • ab einem Lebensalter von sechs Monaten
  • intramuskulär oder tief subkutan
Viatris Healthcare GmbH (D)

Grippeimpfung in der Schwangerschaft

Eine Sonderstellung nimmt nochmals Vaxigrip Tetra® ein: Der Impfstoff von Sanofi Pasteur ist der einzige Grippeimpfstoff, der explizit eine Zulassung zur Impfung von Schwangeren hat und zum passiven Schutz von Säuglingen nach der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten. Auch andere „inaktivierte Grippeimpfstoffe können während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden“, informiert z. B. die Fachinformation zu Influvac Tetra – über eine ausdrückliche Zulassung verfügt jedoch nur Vaxigrip Tetra®. Präferenzen, ob Schwangere sich bevorzugt oder ausschließlich mit Vaxigrip Tetra® gegen Grippe impfen lassen sollen, sprechen weder die Ständige Impfkommission (STIKO) noch das PEI aus. Die STIKO rät generell zu einer Impfung ab dem zweiten Trimenon. Auch eine frühere Impfung ist dem RKI zufolge möglich. Mit der Impfempfehlung ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel will die STIKO lediglich verhindern, dass die im ersten Schwangerschaftsdrittel häufiger auftretenden Spontanaborte fälschlicherweise mit der Impfung in Verbindung gebracht werden. Schwangeren Frauen mit chronischen Grunderkrankungen empfiehlt die STIKO bereits eine Impfung im ersten Schwangerschaftsdrittel.

Zellkulturbasiert und rekombinant

Neben den klassischen Grippeimpfstoffen bereichern seit einiger Zeit auch – hinsichtlich ihrer Herstellungstechnologie – innovative Influenzavakzinen das Grippeschutzport­folio: Flucelvax® Tetra, standarddosiert und tetravalent, stellt Seqirus nicht in Hühnereiern her, sondern nutzt dafür Säugetier-Zellkulturen (MDCK-Zellen, Madin Darby Canine Kidney). Damit ist die Produktion nicht von Hühnereiern abhängig und die Zellkultur-Impfstoffe sollen wirksamer sein, da die Grippeviren bei der Herstellung nicht an Hühnereier adaptiert werden müssen. Dieser Schritt ist sonst bei der Herstellung notwendig, da das Huhn nicht das natürliche Habitat humaner Grippeviren ist. Flucelvax® Tetra dürfen Kinder ab einem Alter von zwei Jahren erhalten, er ist bislang in Deutschland der einzige zugelassene Grippeimpfstoff, der auf Säugetierzellen basiert [3, 4, 5].

Sanofi-Pasteur verzichtet bei der Herstellung des standarddosierten, tetravalenten Grippeimpfstoffs Supemtek ebenfalls auf Hühnereier und setzt stattdessen auf eine Produktion mithilfe von Baculoviren und Insektenzellen. Er ist der zweite zellkulturbasierte Grippeimpfstoff (allerdings nicht auf Säugetierzellbasis). Supemtek enthält als Antigen rekombinantes Hämagglutinin, ein solitäres Antigen, das das primäre Ziel neutralisierender Antikörper ist. Von Nachteil ist, dass sich Hämagglutinin selbst im Laufe einer jährlichen Grippesaison rasch verändert. Zugelassen ist die Vakzine zum Grippeschutz ab einem Alter von 18 Jahren.

Grippeimpfstoffe für ältere Menschen

Für viel Aufhebens sorgten in den letzten Grippewintern speziell für Senioren entwickelte Grippeimpfstoffe: Fluad® Tetra von Seqirus (zugelassen ab 65 Jahren) und Efluelda® von Sanofi Pasteur (zugelassen ab 60 Jahren). Beide sollen durch Adjuvantierung mit MF59C (Fluad® Tetra) bzw. durch eine vierfache Antigenmenge mit 60 µg statt 15 µg (Efluelda®) die Impfantwort bei älteren Menschen besser stimulieren und diese Risikogruppe dadurch effektiver vor schweren Influenzaverläufen schützen. Die Ratio dahinter: Ältere Menschen haben aufgrund eines schwächer werdenden Immunsystems ein höheres Risiko für schwere Influenzaverläufe und Komplikationen wie Pneumonien, Herzinfarkte oder Herzinsuffizienz und Schlaganfall. Auch sterben vorwiegend Ältere an bzw. mit Influenza. Problematisch ist, dass gerade bei Älteren die Grippeschutzimpfung meist weniger gut wirkt als bei Jüngeren [6, 7]. Die STIKO rät derzeit für ab 60-Jährige prioritär zu Efluelda®: Seit 2021 empfiehlt die Ständige Impfkommission Menschen ab 60 Jahren einen jährlichen Hochdosisgrippeschutz [18]. Sorge bereitete dies insofern, als es zunächst so aussah, dass bei Liefereng­pässen von Efluelda® ältere Menschen leer ausgehen könnten und weder Fluad® Tetra noch andere standarddosierte Grippeimpfstoffe zulasten der gesetzlichen Krankenver­sicherung (GKV) erhalten dürften. Eine geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie räumt Senioren jedoch alternative Impfmöglichkeiten ein, auch wenn Efluelda® nach wie vor der zu bevorzugende Standardgrippeimpfstoff für Senioren bleibt. Sollte dieser jedoch von Lieferengpässen betroffen sein, sollen Senioren, so die Empfehlung der STIKO, „inaktivierte, quadrivalente Influenza-Impfstoffe (zellkulturbasierte, Splitvirus-, Subunit-, rekombinanter und adjuvantierter Impfstoff)“ erhalten [8, 9]. Damit sind alle standarddosierten und für über 60-Jährige zugelassenen Impfstoffe gleichgestellt. Allerdings gilt diese Regelung erst ab dem 1. April 2023. Für den bevorstehenden Winter sichert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) über die „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern“ die Grippeimpfstoffversorgung (und -erstattung) [19]. Diese Verordnung hatte das BMG jüngst bis zum 31. März 2023 verlängert. Sie erlaubt, dass ab 60-Jährige einen gleichrangigen Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoff haben. Die Verordnung berücksichtigt also, anders als die Schutzimpfungs-Richtlinie, die Priorisierung für eine Hochdosisimpfung älterer Menschen nicht [10, 11].

Lebendimpfstoff für Kinder

Für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwei und 17 Jahren bietet das Grippeimpfstoffsortiment daneben auch in der Grippesaison 2022/23 mit Fluenz® Tetra von AstraZeneca eine nasale Lebendvakzine (LAIV, Live attenuated Influenza Vaccine) an. Wichtig ist hier: Lebendimpfstoffe sind bei Immunschwäche aufgrund von Erkrankungen oder infolge einer Therapie mit Immunsuppressiva (z. B. akute und chronische Leukämie, Lymphom, symptomatische HIV-Infektion, zelluläre Immundefekte und hoch dosierte Corticoid-Therapie) kontraindiziert. Die STIKO präferiert bei Kindern jedoch keinen speziellen Impfstoff. Lebend- oder Totimpfstoffe könnten bei Kindern „unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen gleichermaßen angewendet werden“. Sei die Injektion eines Totimpfstoffs problematisch, z. B. bei Spritzenphobie oder Gerinnungsstörungen, sollte präferenziell der nasale Lebendimpfstoff verwendet werden, erklärt das RKI. Wichtig ist außerdem: Die STIKO rät bei Kindern derzeit nicht standardmäßig zum jährlichen Grippeschutz [12].

Wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Grippeimpfung für:

  • alle Personen ab 60 Jahren
  • alle Schwangeren ab dem zweiten Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem ersten Trimenon
  • Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens (wie chronische Erkrankungen der Atmungsorgane, Herz- oder Kreislaufkrankheiten, Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, neurologische Grundkrankheiten wie multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben, angeborene oder erworbene Immundefizienz)
  • Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risiko­personen (siehe oben) gefährden können

Geimpft werden sollten im Rahmen eines erhöhten beruflichen Risikos außerdem

  • Personen mit erhöhter Gefährdung (z. B. medizinisches Personal)
  • Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreuten Risikopersonen fungieren können

Ebenso sollten Personen mit direktem Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln eine Grippeschutzimpfung erhalten. Die Impfung schützt zwar nicht vor der Vogelgrippe, aber es werden damit problematische Doppelinfektionen vermieden [18].

Grippeimpfstoffe in der Pipeline

Mit zellkulturbasierten Grippeimpfstoffen ist die Fahnenstange der Innovationen bei Influenzavakzinen nicht erreicht. Schub erhielt die Entwicklung der Grippeimpfstoffe nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie und den dort erstmals angewandten messenger-RNA(mRNA)-Impfstoffen – ein Prinzip, das auch bei Influenza-Viren funktionieren könnte. Schon seit Jahren forschen die COVID-19-Impfstoffentwickler Biontech, Curevac und Moderna an Influenzavakzinen auf mRNA-Basis. Wie weit ist man derzeit?

  • Biontech prüft derzeit in einer klinischen Phase-I-Studie seinen Influenza-mRNA-Impfstoffkandidaten BNT161. BNT161 codiert für Antigene der von der WHO jährlich empfohlenen Influenzastämme. Wie auch beim COVID-19-Impfstoff arbeitet Biontech hier mit Pfizer zusammen.
  • Auch Curevac ist aktiv und testet derzeit Sicherheit, Reaktogenität und Immunogenität seines mRNA-Grippeimpfstoffkandidaten CVSQIV in einer offenen Phase-I-Dosiseskalationsstudie bei 18- bis 55-Jährigen und Menschen ab 65 Jahren (Zusammenarbeit mit GlaxoSmithKline plc [GSK]).
  • Am weitesten fortgeschritten bei mRNA-Grippeimpfstoffen ist Moderna: mRNA-1010 befindet sich bereits in der klinischen Phase III. Daneben forscht Moderna an zwei weiteren Grippeimpfstoffkandidaten (mRNA-1020, mRNA-1030) auf mRNA-Basis (Phase-I-Studien).
  • Und auch Sanofi Pasteur, mit Vaxigrip Tetra® und Efluelda®bereits etablierte Hersteller von Grippeimpfstoffen, befindet sich (in Zusammenarbeit mit Translate Bio) mit der mRNA-Influenzavakzine SP0273 derzeit noch in Phase I. Sanofi und Translate Bio haben mit MRT5400 und MRT5401 zwei Formulierungen des Impfstoffs entwickelt, die sich durch die Lipid-Nanopartikel unterscheiden, die die mRNA enthalten. Anders als beim tetravalenten Moderna- oder Curevac-Kandidaten handelt es sich beim Sanofi-Impfstoff um einen monovalenten mRNA-Grippeimpfstoff, der nur vor Influenza A(H3N2) schützen soll [13, 14, 15].

Zusammensetzung der aktuellen Impfstoffe

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in jedem Jahr die Zusammensetzung der saisonalen Influenzavakzinen, und zwar je für die Nord- wie auch die Südhalbkugel. Der Impfstoff für die nördliche Hemisphäre setzt sich für den Grippewinter 2022/23 wie folgt zusammen:

Ei-basierte Grippeimpfstoffe

  • A/Victoria/2570/2019 (H1N1)pdm09-ähnlicher Stamm
  • A/Darwin/9/2021 (H3N2)-ähnlicher Stamm
  • B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria Abstammungs­linie)-ähnlicher Stamm
  • B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata Abstammungslinie)-ähnlicher Stamm

Zellkultur-basierte Grippeimpfstoffe

  • A/Wisconsin/588/2019 (H1N1)pdm09-ähnlicher Stamm
  • A/Darwin/6/2021 (H3N2)-ähnlicher Stamm
  • B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria Abstammungs­linie)-ähnlicher Stamm
  • B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata Abstammungslinie)-ähnlicher Stamm [16]

Die Hersteller passen nach diesen Vorgaben ihre Impfstoffe an. Allerdings finden sich auf den Internetseiten des PEI zwei Tabellen:

  • Impfstoffe mit Stammanpassung für 2022/2023 und
  • Grippeimpfstoffe ohne Stammanpassung für 2022/2023

Was bedeutet das? Die DAZ hat beim PEI nachgefragt: Grippeimpfstoffe bekommen zunächst eine initiale Zulassung. Dann müsse in jeder Saison nachgewiesen werden, dass der jeweilige Impfstoff als Antigenkomponenten auch die enthält, die von der WHO und dem CHMP bei der EMA empfohlenen werden, erklärt eine PEI-Sprecherin. Diese Genehmigung der Stammanpassung müsse beantragt werden, dann überprüft das PEI eigenen Angaben zufolge, ob die Grippeimpfstoffe tatsächlich die empfohlenen Stämme enthalten. Erst wenn die Behörde dies bestätigt, wird die Bezeichnung des Impfstoffs um die Saisonzahl ergänzt. Generell gilt: „Nur Impfstoffe, für die die Stammanpassung beantragt und genehmigt wurde, dürfen verkauft und angewendet werden“, erklärt die Sprecherin des PEI. Das Paul-Ehrlich-Institut prüft bereits die Influenzavakzine für die bevor­stehende Grippesaison und hat (Stand: 21. August 2022) 16,9 Millionen Impfstoffdosen freigegeben [17].

Nachdem die STIKO zunächst zu einem 14-tägigen Impfabstand zwischen einer COVID-19- und einer saisonalen Grippeimpfung geraten hatte, hat sie diese initiale Empfehlung mittlerweile überarbeitet: Die Impfungen können dem RKI zufolge simultan verabreicht werden, wobei die Injektionen in unterschiedliche Gliedmaßen erfolgen sollten. Als optimalen Impfzeitpunkt für die Grippeimpfung empfiehlt das RKI Mitte Oktober bis Mitte Dezember. Praktisch wäre es, wenn man einen Grippe- und COVID-19-Impfstoff in einer Spritze künftig kombinieren könnte – das denkt sich zumindest Moderna. Auch wenn die Forschung noch in der präklinischen Phase ist, tüftelt das Unternehmen derzeit an einer COVID-19-Grippe-Vakzine (mRNA-1073), die den bereits zugelassenen Coronaimpfstoff mRNA-1273 (Spikevax®) mit dem Grippeimpfstoffkandidaten mRNA-1010 kombiniert. |
 

Literatur

 [1] Australian Influenza Surveillance Report and Activity Updates. Informationen des Department of Health and Aged Care, Stand: 19. August 2022, www1.health.gov.au/internet/main/publishing.nsf/Content/cda-surveil-ozflu-flucurr.htm#current,

 [2] Saisonale Influenza Impfstoffe. Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Stand: 5. August 2022, www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/influenza-grippe/influenza-node.html

 [3] Müller C. Grippeimpfstoffe aus Zellkulturen schützen laut einer Studie besser. Meldung auf DAZ.online vom 20. Februar 2019, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/02/20/grippeimpfstoffe-aus-zellkulturen-schuetzen-besser/chapter:4

 [4] Müller C. Warum Grippeimpfstoffe aus Zellkulturen besser schützen könnten. Meldung auf DAZ.online vom 6. Februar 2019, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/02/06/schuetzt-flucelvax-tetra-besser-vor-grippe/chapter:4

 [5] Müller C. Warum wird Flucelvax nicht einfach nachproduziert? Meldung auf DAZ.online vom 4. November 2020, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/11/04/warum-wird-flucelvax-nicht-einfach-nachproduziert/chapter:all

 [6] Müller C. Fluad Tetra erhält Zulassung in Europa. Meldung auf DAZ.online vom 10. Juni 2020, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/06/10/fluad-tetra-erhaelt-zulassung-in-europa

 [7] Müller C. Efluelda – hochdosiert für ältere Menschen. Meldung auf DAZ.online vom 27. Mai 2020, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/05/27/efluelda-hochdosiert-fuer-aeltere-menschen

 [8] Beschluss und wissenschaftliche Begründung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Aktualisierung der Influenza-Impfempfehlung für Personen im Alter von ≥ 60 Jahren. Robert Koch-Institut (RKI), Epidemiologisches Bulletin 2021;1:3-25, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/01_21.pdf?__blob=publicationFile

 [9] Müller C. Ist ein Ausweichen auf andere Grippeimpfstoffe wirklich unmöglich? Meldung auf DAZ.online vom 26. Februar 2021, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/02/26/ist-ein-ausweichen-auf-andere-grippeimpfstoffe-wirklich-unmoeglich

[10] Müller C. BMG erlaubt auch andere Grippeimpfstoffe für ab 60-Jährige. Meldung auf DAZ.online vom 3. März 2021, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/03/03/bmg-erlaubt-auch-andere-grippeimpfstoffe-fuer-ab-60-jaehrige

[11] Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern. Bundesanzeiger vom 24. Februar 2022, www.bundesanzeiger.de/pub/publication/BZ4Dd1CFhlSEPrai5CV/content/BZ4Dd1CFhlSEPrai5CV/BAnz%20AT%2024.02.2022%20V1.pdf?inline

[12] Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Influenza. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: 6. Oktober 2021, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/Hochdosis-Impfstoffe/FAQ_Uebersicht.html

[13] Wegweisende Technologie in vier Wirkstoffklassen für eine Revolution in der Medizin. Informationen der Biontech SE. www.biontech.com/de/de/home/pipeline-and-products/pipeline.html

[14] Curevac gibt erste Impfung von Proband in Phase-I-Studie mit multivalentem Grippeimpfstoff-Kandidaten auf Basis des mRNA-Rückgrats der zweiten Generation bekannt – Impfstoffkandidat gemeinsam mit GSK entwickelt. Informationen der Curevac AG, Stand: 10. Februar 2022

[15] Sanofi and Translate Bio initiate Phase I clinical trial of mRNA influenza vaccine. Informationen von Sanofi Pasteur, Sanofi-aventis Groupe, Stand: 22. Juni 2021, www.sanofi.com/en/media-room/press-releases/2021/2021-06-22-05-00-00-2250633

[16] Recommendations announced for influenza vaccine composition for the 2022-2023 northern hemisphere influenza season. Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Stand: 25. Februar 2022, www.who.int/news/item/25-02-2022-recommendations-announced-for-influenza-vaccine-composition-for-the-2022-2023-northern-hemisphere-influenza-season

[17] Impfstoff-Dosen 2022/2023. Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Stand: 25. August 2022, www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/influenza-grippe/influenza-node.html?cms_tabcounter=1

[18] Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2022. Epidemiologisches Bulletin|2022;4:4-60

[19] Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern. Stand: 10. März 2021, www.gesetze-im-internet.de/masernischimpfansprv/BJNR607010021.html

Autorin

Celine Bichay (cel) hat in Tübingen Pharmazie studiert und war anschließend mehrere Jahre in Frankfurt am Main und Stuttgart in öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken tätig. Sie absolvierte die Weiterbildung „Clinical Pharmacy” an der Universität Tübingen und studierte Journalismus an der Freien Journalistenschule Berlin.

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