Arzneimittel und Therapie

Beste Schlafmittel gesucht

Lemborexant und Eszopiclon mit günstigem Wirkprofil

Die Vielzahl der gegen Schlafstörungen zugelassenen Wirkstoffe ­erschwert die Wahl des passenden Mittels. Eine Netzwerk-Metaanalyse schlägt hier neue Pflöcke ein und vergleicht alle derzeit erhältlichen Hypnotika. Erwartungsgemäß wirkten die Benzodiazepine am besten. Berücksichtigt man aber auch die Langzeitanwendung, lagen Lemb­orexant und Eszopiclon vorn. Lemb­orexant ist ein dualer Orexin-Ant­agonist und bislang in der EU nicht zugelassen.
Foto: Lightfield Studios/AdobeStock

Schlaflos. Verhelfen eine gute Schlafhygiene und verhaltenstherapeutische Maßnahmen nicht zur erholsamen Nachtruhe, können Lemborexant und Eszopiclon geeignete Therapeutika sein.

Bei der Verordnung von Schlafmitteln stehen neben klassischen Hypnotika wie den Z-Substanzen und Benzo­diazepinen zahlreiche weitere Substanzen zur Verfügung: Antidepressiva, Neuroleptika, H1-Antihistaminika und andere. Wenig Evidenz besteht bezüglich der Vergleichbarkeit dieser Arzneistoffe.

Schwer vergleichbar

Die Wissenschaftler um Dr. Franco De Creszenzo von der University of Oxford sammelten das derzeit verfügbare Wissen zu dieser Frage in einem systematischen Review samt Netzwerk-Metaanalyse. Diese besondere Form der Meta-Analyse ermöglicht indirekte Vergleiche mehrerer Interventionen. Ganze 170 Publikationen gingen in die Übersichtsarbeit ein. 154 davon waren randomisierte kontrollierte Studien von 30 verschiedenen Wirkstoffen an 44.000 Probanden, die die ­Autoren in die Netzwerk-­Metaanalyse einfließen ließen.

Wirkstarke Benzodiazepine …

Wenig überraschend kommt das ­Ergebnis, dass Benzodiazepine in der Akuttherapie die beste Wirkung zeigten. Die kurzwirksamen Derivate bspw. wirkten laut der Analyse um eine standardisierte mittlere Differenz (SMD) von 0,83 besser als Placebo. Das heißt, die Ergebnisse von Placebo und Benzodiazepinen unterschieden sich um 0,83 Standardabweichungen. Dieses Maß vereinheitlicht die untersuchten Wirksamkeitsparameter aus den einbezogenen Studien. Zu den weiteren besser als Placebo wirksamen Wirkstoffen in der Akuttherapie zählten außerdem Doxylamin (SMD 0,47), Eszopiclon (Lunivia®) (SMD 0,51), Lemborexant (nicht in EU) (SMD 0,36), Zolpidem (Stilnox®) (SMD 0,45) und Zopiclon (Ximovan®) (SMD 0,51). Im Kopf-an-Kopf-Vergleich siegten die kurzwirksamen Benzodiazepine zudem über die Orexin-­Antagonisten Daridorexant (Quviviq®, Markteinführung bis Jahresende), Lemborexant (nicht in EU) und über Zaleplon (außer Handel) (SMDs von 0,47–0,64). Unter den ­Z-Substanzen wirkten Eszopi­clon und Zolpidem besser als Zaleplon (SMD Eszopiclon 0,33; Zolpidem 0,27). Melato­nerge Wirkstoffe hingegen waren kaum besser als Placebo (Melatonin SMD 0,13, Ramelteon (nicht in EU) (SMD 0,12). Wenige verfügbare Langzeitstudien zeigten zudem, dass Eszopiclon und Lemborexant über drei Monate hinweg eingenommen am besten wirkten (SMD gegenüber Placebo Eszopiclon 0,63; Lemborexant 0,41).

DORA gegen Schlafstörungen

Lemborexant ist ein dualer Orexin-Rezeptorantagonist und wird in den USA, Kanada, Australien und Japan unter dem Namen DayvigoTM vertrieben. In der EU wurde vor Kurzem mit Daridorexant (Quviviq®) ebenfalls ein dualer Orexin-Rezeptorant­agonist zur Therapie einer mindestens drei Monate andauernden Schlaflosigkeit zugelassen. Duale Orexin-Rezeptorantagonisten, auch als DORA bezeichnet, binden an die Orexin-Rezeptoren 1 und 2 und verhindern so deren Aktivierung durch Orexin. Orexin, auch Hypocretin genannt, ist ein im Hypothalamus gebildetes Neuropeptid, das an der Regulation der Vigilanz und des Energiehaushaltes beteiligt ist. Die Unterbindung seiner Wirkung soll zu einer kürzeren Einschlafzeit und einem verbesserten Schlaf führen ohne dass am nächsten Tag mit Hangover-Effekten zu rechnen ist.

… mit Achillesferse

Zwar überzeugten die Benzodiazepine mit ihrer guten Wirksamkeit, jedoch lagen sie ebenfalls in der Spitzengruppe in puncto Nebenwirkungen. Zusammen mit Eszopiclon, Zolpidem und Zopiclon war die Chance, dass Probanden mit diesen Wirkstoffen von Nebenwirkungen berichteten im Vergleich mit Placebo, Doxepin, Seltorexant oder Zaleplon mit 27 bis 178% besonders groß (OR 1,27 bis 2,78). Zopiclon verursachte außerdem mehr Nebenwirkungen als Lemborexant, Melatonin, Ramelteon oder Suvorexant.

Als Maß dafür, wie gut die Patienten die verschiedenen Wirkstoffe annahmen, untersuchten die Autoren das ­Risiko für einen Therapieabbruch, ­unabhängig vom Grund für diesen. Hier waren mittel- und langwirksame Benzodiazepine sowie Eszopiclon z. B. verträglicher als Ramelteon.

Bestandsaufnahme

In der Gesamtschau der Ergebnisse zeigten den Autoren zufolge Lemborexant und Eszopiclon das beste Wirkprofil, jedoch kann Eszopiclon substanzielle Nebenwirkungen verursachen. Die Sicherheitsdaten für Lemb­orexant waren auf der anderen Seite nicht aussagekräftig. |
 

Literatur

De Crescenzo F et al. Comparative effects of pharmacological interventions for the acute and long-term management of insomnia disorder in adults: a systematic review and network meta-analysis. Lancet 2022;400:170-184

Apotheker Dr. Tony Daubitz

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