Prisma

Turbinen im Bauch

Roboterkapsel appliziert Wirkstoffe im Darm

Foto: Felice Frankel/MIT

Die Einzelteile der Hightech-Kapsel. Diese löst sich in der Mukosa des Dünndarms auf und setzt den Wirkstoff frei.

mp | Roboter sollen uns das Leben leichter machen. Sie nehmen uns daheim z. B. das Staubsaugen ab und steuern in der Industrie bereits viele Prozesse. In Zukunft erleichtern sie uns möglicherweise auch die Wirkstoffapplikation. Zumindest dann, wenn das Forscherteam am Massachusetts Institute of Technology (MIT) um den Ingenieur Giovanni Traverso weiterhin Prototypen liefert. Die Roboter, die am MIT entstehen, ähneln Tabletten oder Kapseln. Oral eingenommen, sollen sie Wirkstoffe in die Blutbahn bringen, die sonst parenteral verabreicht werden müssen. Bereits 2021 berichtete die DAZ über die „Robo-­Pille“, die Schweinen Insulin oder Antikörper in die Magenschleimhaut injiziert (DAZ 2021, Nr. 38, S. 6). Der neueste Prototyp aus Massachusetts nennt sich „RoboCap“. Er ähnelt einer Kapsel mit der Oberfläche eines Schraubengewindes. Im Inneren der Kapsel befindet sich neben dem Wirkstoff ein kleiner Motor. Durch diesen Motor dreht sich die Kapsel im Dünndarm und gräbt sich turbinenartig in die Schleimhaut. Weil der pH-Wert in der Schleimhaut ein anderer ist, löst sich die Gelatinehülle der Kapsel dort auf und gibt den Wirkstoff frei. Ihre Technik untersuchten die MIT-­Forscher bei Schweinen mit den Wirkstoffen Insulin und Vancomycin. Nach Anwendung der RoboCap war die Konzentration im Blut der Schweine 20- bis 40-Mal höher als nach oraler Aufnahme der Wirkstoffe. Die in den Kapseln enthaltenen Motoren schieden die Schweine einfach wieder aus. Die Forscher konnten keine Verletz­ungen an den Darmschleimhäuten der Versuchstiere finden, weil sich die durchbohrte Mukus-Schicht schnell regenerierte. Doch noch ist unklar, wie die RoboCap nach dem Verlassen des Körpers entsorgt werden könnte. Auch kann der Roboter bisher keine gezielte Dosis eines Wirkstoffs in den Blutkreislauf bringen. Die Ingenieure nennen ihre Forschungsergebnisse daher vorläufig. Bis zur robotischen Applikation im Menschen ist es wohl noch weit. |

Literatur

Sohn R. Robopill Drills Through Mucus to Deliver Drugs. A robotic pill could hold the key to easier treatment for people with diabetes and other health conditions. IEEE Spectrum 2022, 18. Oktober 2022

Srinivasan SS et al. RoboCap: Robotic mucus-clearing capsule for enhanced drug delivery in the gastrointestinal tract. Science ­Robotics 2022, https://doi.10.1126/scirobotics.abp9066

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