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Corona-Ticker

Neues zu SARS-CoV-2 in Kürze

Impfnebenwirkungen: Dramatische Unterfassung?

du | Am 21. Februar 2022 sorgte die BKK ProVita mit einem Brandbrief ihres Vorstands Andreas Schöfbeck an das Paul-Ehrlich-Institut für mächtigen Wirbel. Man war anhand einer stichprobenartigen Auswertung von Abrechnungsdaten der Ärzte zu dem beunruhigenden Schluss gekommen, dass bei der Verdachtsfall-Erfassung von COVID-19-Impfnebenwirkungen eine erhebliche Unterfassung vorliege. Dem Paul-Ehrlich-Institut waren im Kalenderjahr 2021 rund 250.000 Verdachtsfälle von COVID-19-Impfnebenwirkungen gemeldet worden. Die BKK-ProVita sprach in ihrem Schreiben von einer Hochrechnung, nach der in diesem Zeitraum 2,5 bis 3 Millionen Menschen nach einer Corona-Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen seien. Schöfbeck forderte in seinem Schreiben an das PEI eine umgehende Rückantwort, da eine Gefahr für das Leben von Menschen nicht ausgeschlossen werden könne.

Die ärztliche Kritik an diesem dramatischen Appell und der Auswertung kam prompt: Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund) bezeichnete die Schlussfolgerungen aus der Datenlage als kompletten Unfug und lässt sich mit den Worten zitieren: „Peinliches Unwissen oder hinterlistige Täuschungsabsicht – was davon den Vorstand der BKK ProVita bewogen hat, vor angeblichen Alarmzahlen bei Impfkomplikationen zu warnen, weiß ich nicht.“

Erläuternd führte Heinrich aus, dass die BKK ProVita zwei völlig unterschiedliche Bereiche vermische: die ärztliche Diagnose-Codierung mit ICD-Codes und die Meldung an das PEI. Der ICD-Code U12.9, der zur Dokumentation empfohlen ist, solle etwa bei „unerwünschten Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen, nicht näher bezeichnet“ angegeben werden. „Unerwünscht“ und „nicht näher bezeichnet“ umfasse jedoch die gesamte Bandbreite der erwartbaren, milden und vorübergehenden Folgen einer Impfung, z. B. eine leichte Schwellung an der Einstichstelle oder erhöhte Temperatur durch die Immunantwort. Von einer „Gefahr für das Leben von Menschen“, wie die Kasse sich ausdrückt, könne dabei also keine Rede sein. Die ICD-Codes würden vor allem dem Zweck der Abrechnung ärztlicher Leistungen dienen. Erst bei einem Verdacht auf Nebenwirkungen, die über das übliche Maß hinausgehen würden, seien Ärzte verpflichtet, dies an das PEI zu melden. Das sei ein eklatanter Unterschied, den die Kasse hier unter den Tisch fallen lassen würde. Genauso wie man die Zahl der Verdachtsfälle nicht einfach mit der Zahl der bestätigten Nebenwirkungen gleichsetzen könne. Ein weiterer Vorwurf des Virchowbundes: Bei der „Auswertung“ sei eine ganze Reihe von ICD-Codes in einen Topf geworfen worden, nach dem Motto: Je mehr, desto besser. Die Stellungnahme ­endet mit den Worten Heinrichs: „Diese undifferenzierte Schwurbelei passt aber ganz offensichtlich in das Markenimage der Kasse, die mit Homöopathie und Osteopathie als Satzungsleistungen wirbt und sich selbst als ,veggiefreundlichste Krankenkasse‘ tituliert. Offenbar will man vor allem Werbung in der impfkritischen Klientel machen.“ Etwas weniger aufgeregt klingt dagegen die Reaktion des PEI, das laut der Tageszeitung „Die Welt“ zunächst einmal die BKK-Daten im Original sichten und auswerten möchte. Erläuternde Daten hatte die BKK ProVita dem PEI am 25.02. zur Verfügung gestellt. Fakt ist, dass sicher viele Nebenwirkungen dem PEI nicht gemeldet werden bzw. als solche auch nicht immer einer COVID-19-Impfung zugeordnet werden. Umso wichtiger ist ein konsequentes Melden, damit tatsächliche Zusammenhänge verifiziert werden können. [Pressemitteilungen und Schreiben der BKK ProVita an das PEI vom 21. und 25. Februar 2022, Stellungnahme des Bundesvorsitzenden des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund), Dr. Dirk Heinrich vom 24. Februar 2022]

Grafik: GEMINI/AdobeStock

Neue EMA-Empfehlungen für Spikevax ab sechs Jahren

dm | Vergangenes Jahr im November hat der Impfstoffhersteller Moderna in Europa für seinen COVID-19-Impfstoff Spikevax eine Erweiterung der bedingten Marktzulassung beantragt – auf die Altersgruppe der Sechs- bis Elf-Jährigen. Jetzt hat die EMA eine entsprechende Zulassungsempfehlung ausgesprochen. Allerdings empfiehlt die STIKO in Deutschland den Moderna-Impfstoff erst ab einem Alter von 30 Jahren, obwohl er bereits ab zwölf Jahren zugelassen ist. Grund ist die Sorge vor Myokarditiden und Perikarditiden als seltene Nebenwirkung der Impfung. Für unter 30-Jährige empfiehlt die STIKO ausschließlich den ­Biontech-Impfstoff Comirnaty. Für fünf- bis elfjährige Kinder ohne Vor­erkrankungen gibt es noch keine generelle Corona-Impfempfehlung der STIKO, nur für Kinder mit einem erhöhten Risiko für schweres COVID-19.

Eine zentrale Studie mit Kindern zwischen sechs und elf Jahren habe gezeigt, dass die Immunantwort auf 50 µg Spikevax vergleichbar mit der Reaktion in der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren war, wenn diese mit 100 µg geimpft wurden. Auch die Nebenwirkungen sollen sich in der jüngeren Altersgruppe von den bisherigen nicht unterscheiden. Insbesondere für Kinder mit einem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf empfiehlt die EMA also nun die Impfung mit Spikevax.

Vidprevtyn in den Startlöchern

cel | Nach Nuvaxovid steht der zweite Protein-basierte COVID-19-Impfstoff in den Startlöchern – zumindest was den Zulassungsantrag angeht: Sanofi und GSK wollen die Zulassung für ihren Corona-Impfstoffkandidaten Vidprevtyn® beantragen.

Schub für diesen Schritt nehmen die beiden Unternehmen aus den Ergebnissen der Phase-3-Studie VAT08, in der Vidprevtyn® gegen Placebo untersucht wurde: Die mehr als 10.000 erwachsenen Probanden (seronegativ) erhielten entweder zwei Dosen à 10 µg des rekombinanten, adjuvantierten Proteinimpfstoffs oder Placebo. Das enthaltene Antigen ist ein rekombinant hergestelltes Spikeprotein gegen das ursprüngliche Virus (D614). Dabei setzt Sanofi auf die gleiche Technologie, wie bei seinem erst 2020 in der EU zugelassenen rekombinanten Grippeimpfstoff Supemtek, bei dem das rekombinante Antigen (Hämagglutinin) mithilfe von Baculoviren und einer kontinuierlichen Insektenzelllinie hergestellt wird. GlaxoSmithKline (GSK) steuert das Adjuvans bei. Die Studie lief in den Vereinigten Staaten, Asien, Afrika und Lateinamerika, geimpft wurde an Tag 1 und Tag 22. Dabei schützte einer Mitteilung von GSK zufolge Vidprevtyn® zu 100 Prozent vor schwerem COVID-19 und Hospitalisierung (0 vs. 10 Fälle nach Dosis 1 und 1 vs. 4 Fälle nach Dosis 2), zu 75 Prozent vor moderater bis schwerer Corona-Erkrankung (3 vs. 11 Fälle), während die Wirksamkeit gegen symptomatisches COVID-19 jeglicher Schwere bei lediglich 57,9 Prozent lag. Vor Delta soll der Impfstoff ersten Daten zufolge zu 77 Prozent schützen.

Wurde nach der Primärserie mit zwei Dosen GSK-Sanofi-Impfstoff eine anschließende Auffrischungsdosis verabreicht, erhöhten sich die neutralisierenden Antikörper – verglichen mit den Werten vor der dritten Dosis – um das 84- bis 153-Fache, informiert GSK. Daten gibt es auch, wenn Vidprevtyn® als Booster nach mRNA- oder Vektorimpfung angewandt wird. In der VAT02-Studie erhöhte Vidprevtyn® die Titer neutralisierender Antikörper um das 18- bis 30-Fache. Das Sicherheitsprofil von Vidprevtyn® beschreiben die Unternehmen als „günstig“.

Aspiration bei COVID-Impfung: ABDA passt Empfehlung an

dm | Im Jahr 2016 hatte die STIKO erstmals Hinweise zur Schmerz- und Stressreduktion beim Impfen in ihren Empfehlungen aufgenommen. Seitdem weist sie darauf hin, „dass eine Aspiration vor der Injektion nicht notwendig ist und bei intramuskulären Injektionen vermieden werden soll, um Schmerzen zu reduzieren“. Ein Vorgehen, das auch in den USA schon lange Konsens ist (s. „Best-Practice-Leitlinien“ des Advisory Committee on Immunization Practices).

Inzwischen hält die STIKO die Aspiration bei der COVID-19-Impfung jedoch für sinnvoll, weil es im Tiermodell nach direkter intravenöser Injektion eines mRNA-Impfstoffs zum Auftreten von Perimyokarditis (klinisch und histopathologisch) gekommen sei.

Wie die ABDA der DAZ auf Nachfrage mitteilte, wurde der Hinweis auf die Aspiration jetzt in den Kommentar der Leitlinie zur COVID-Schutzimpfung aufgenommen und kann auf abda.de abgerufen werden.

Im Abschnitt 12.2 heißt es nun zur Durchführung der Impfung, dass die Aspiration zwar etwas schmerzhafter für den Patienten sein kann, jedoch die Impfstoffsicherheit weiter erhöhen soll. Zum genauen Vorgehen heißt es:

„Dabei wird nach Einstechen der Kanüle (ca. 2 cm tief) aspiriert, d. h. mit der Injektionsspritze kurz angesaugt. Sollte dabei Blut in die Spritze gelangen, ist diese zu verwerfen und eine neue Spritze für die Impfung zu verwenden. Ansonsten ist die Dispersion bzw. Suspension gleichmäßig und vollständig zu injizieren. Nach Entleerung der Spritze wird diese samt Kanüle vorschriftsmäßig entsorgt (siehe Kapitel 10.3).“

So sollen versehentliche Punktionen eines Blutgefäßes vermieden werden – auch wenn die Blutgefäße an den Körperstellen, die für die Injektion von Impfstoffen empfohlen sind (M. vastus lateralis oder M. deltoideus) und in Reichweite der Nadel liegen, laut STIKO eigentlich zu klein sind, um eine versehentliche intravenöse Gabe zu ermöglichen. [Kommentar zur Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung „Durchführung von ­COVID-19-Schutzimpfungen in öffentlichen Apotheken“, Stand: 25. Februar 2022] |

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