Gesundheitspolitik

Was wird aus den 50 Cent fürs Lieferengpassmanagement?

„Lass uns reden“-Talk der ABDA / Overwiening: Das kann nur ein Platzhalter sein / Heidenblut will sich für Anpassung nach oben einsetzen

gbg | Eigentlich stand beim „Lass uns reden“-Talk der ABDA am vergangenen Donnerstag das Thema Lieferengpässe im Zentrum. Spannend war aber vor allem, was ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening darüber verriet, wie man im Bundes­ministerium für Gesundheit die geplanten 50 Cent für das Lieferengpassmanagement begründet.

Teilnehmer beim „Lass uns reden“-Talk waren neben der ABDA-Präsidentin drei Apotheker und Abgeordnete aller Fraktionen im Bundestag abgesehen von der AfD. Im Fokus stand das Thema Lieferengpässe – auch, aber nicht nur aufgrund der Größe des Podiums blieb die Debatte jedoch weitgehend an der Oberfläche. Lediglich die ABDA-Chefin ließ punktuell tief blicken: Sie berichtete von einem Gespräch im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), in dem sie für das Aufstocken der Vergütung der Apotheken für das Lieferengpassmanagement geworben hatte. Aktuell sieht der Referenten­entwurf 50 Cent je Vorgang vor, allerdings nur unter der Bedingung, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Lieferengpass bereits registriert und auf einer neu zu schaffenden Liste vermerkt hat.

Im Ministerium reagiert man mit Schulterzucken

Overwiening hat kein Verständnis dafür, wie die Beamten im Ministerium auf diesen Kleckerbetrag kommen. Das habe sie auch im Gespräch deutlich gemacht und erläutert, wie die Apotheken bei einem auftretenden Lieferengpass vorgehen. Im BMG nahm man ihre Ausführungen jedoch mit einem Schulterzucken zur Kenntnis: Die 50 Cent orientierten sich nicht am Aufwand der Apotheken, habe man ihr gesagt. Das tue letztlich auch nichts zur Sache – denn ausschlaggebend für die Höhe des Betrags sei allein, was die Politik bereit sei, dem Berufsstand für seine Mühe zu geben. Vor dem Hintergrund, dass nun mal kein Geld da sei, bestehe wenig Hoffnung auf mehr als die bisher veranschlagten 50 Cent.

Das wollte die Präsidentin nicht auf sich sitzen lassen – schließlich bügelten die Apotheken beim Lieferengpassmanagement tagtäglich mit großem Einsatz Probleme aus, die an ganz anderer Stelle entstünden. Das fresse enorme Personalkapazitäten und damit auch viel Geld. Und offenbar habe man auch im Ministerium erkannt, dass die Apotheken dafür einen Ausgleich be­nötigen. Doch die 50 Cent könnten allenfalls ein Platzhalter sein: „Nur so kann die Apothekerschaft es ertragen, dass da 50 Cent stehen.“ Overwiening habe gefragt: „Würden Sie als Mitarbeiter im BMG ab nächster Woche mindestens sechs Stunden Mehrarbeit leisten ohne Bezahlung?“ Denn so viel Zeit wendeten die Betriebe allein für das Lieferengpassmanagement auf – wohlgemerkt basiert diese Zahl auf Erhebungen aus dem Jahr 2021. Inzwischen dürfte sich die Situation noch einmal deutlich zugespitzt haben. Die Präsidentin versprach: „Wenn Sie das tun, das gesamte BMG, dann machen wir das auch weiter für 50 Cent.“

Rückendeckung bekam sie vom CDU-Gesundheitsexperten Georg Kippels. „Ich weiß beim besten Willen nicht, wer auf die Idee mit den 50 Cent gekommen ist“, sagte der Oppositionspolitiker. Er nannte diesen Betrag „wild gegriffen und daher völlig indiskutabel“. Er wisse nicht, welcher Berufsstand „für 50 Cent überhaupt bereit wäre, den Hörer in die Hand zu nehmen, geschweige denn ein inhaltlich wertvolles Gespräch zu führen. Da müssen wir in eine andere Wertschätzung kommen.“ Daran knüpfte auch Kathrin Vogler von der Linken an: „Die 50 Cent sind eine Frechheit, auch im Vergleich dazu, dass in einem der Gesetze aus der Spahn-Ära geregelt wurde, dass Ärztinnen und Ärzte für das Versenden eines elektronischen Arztbriefs – also nur dafür, dass sie eine E-Mail versenden mit dem, was sie sowieso aufschreiben müssen – 1 Euro erhalten.“ Das sei eine Respektlosigkeit gegenüber der Arbeit der Apotheker und ihrer Mitarbeiter und einfach nicht hinnehmbar. Dem stimmte auch der SPD-Apothekenexperte Dirk Heidenblut zu. Der Betrag von 50 Cent für das Lieferengpassmanagement sei „nicht vernünftig“. Er betonte erneut, sich im parlamentarischen Verfahren für eine Anpassung nach oben stark machen zu wollen.

Gemeinsam gegen Nullretax

Große Einigkeit herrschte im Plenum beim Thema Nullretax. Wie bereits im DAZ-Interview unterstrich Heidenblut, dieses Vorgehen der Krankenkassen unterbinden zu wollen. „Das ist im Zivilrecht wirklich eine Besonderheit“, sagte er. „Ich kann üblicherweise eine Mängelrüge machen oder Teile des Geldes einbehalten. Aber dass ich im Zweifelsfall das völlig einwandfreie Gerät behalten darf, aber nichts bezahle, das ist schon schwierig.“ Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, hob hervor, dass seine Partei sich bereits seit rund zehn Jahren gegen Nullretaxationen stark mache – vonseiten der Liberalen ist also mit wenig Gegenwehr zu rechnen, sollte die Ampel das Thema gesetzgeberisch angehen wollen. |

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