Gesundheitspolitik

Festbetragsaussetzung ist keine Lösung

ABDA und Pharmaverbände sehen GKV-Beschluss skeptisch

ks | Der Beschluss des GKV-Spitzenverbandes, die Festbeträge für 180 Kinderarzneimittel für drei Monate auszusetzen, um Aufzahlungen zu vermeiden und dem Gesetzgeber Luft für weitergehende Maßnahmen zu geben, überzeugt weder die Apotheker noch die pharmazeutische Industrie. Auf die Schnelle kann diese Maßnahme schließlich nicht für mehr verfügbare Packungen sorgen.

Vor einer Woche hat der GKV-Spitzenverband beschlossen, die Festbeträge in zehn Festbetragsgruppen vom 1. Februar 2023 bis zum 30. April 2023 auszusetzen. Dabei geht es um Festbetrags­gruppen für Arzneimittel mit den Wirkstoffen Ibuprofen, Paracetamol und für bestimmte Antibiotika, die als Zäpfchen oder in flüssiger Anwendungsform vorliegen.

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärte dazu gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Die Lieferengpässe bei Kinderfiebersäften, Antibiotika und anderen Arzneimitteln halten leider weiterhin an.“ Ob sich die Liefersituation durch die geplante Preislockerung spürbar entspanne, sei fraglich, da es oft nur wenige Hersteller gebe und somit das Angebot dieser Arzneimittel insgesamt begrenzt sei. Overwiening forderte kurzfristig mehr Entscheidungsspielräume für die Apotheken – etwa bei der eigenen Herstellung von Medikamenten.

Pharmaverbände fordern grundlegende Änderungen

Für den Vorsitzenden des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Hans-Georg Feldmeier ist die Befristung bis 30. April 2023 „komplett unverständlich“. Sie wäre nur zu akzeptieren, wenn die Zeit genutzt würde, um eine berechenbare, gesetzlich fundierte Lösung für alle Arzneimittel der Grundversorgung zu erar­beiten. Eine kurzfristige Vermeidung von Lieferengpässen sei damit nicht erreichbar. „13 Jahre verfehlte ‚Geiz ist Geil-Gesundheitspolitik‘ können nicht in drei Monaten geheilt werden. Eine Verbesserung der Liefersicherheit werden wir aufgrund saisonaler Effekte, aber keinesfalls wegen der angekündigten Maßnahmen erreichen“, so Feldmeier.

Der Geschäftsführer von Pro Generika Bork Bretthauer sieht in der Aussetzung der Festbeträge allenfalls eine Geste. „Woher sollen die Fiebersäfte plötzlich kommen?“ Die Unternehmen produzierten rund um die Uhr, sagte er dem „Handelsblatt“. Es gebe keine Ware, die kurzfristig auf den Markt kommen könne, nur weil sich der Preis für drei Monate erhöhe.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) Hubertus Cranz sagte: „Insbesondere der Kellertreppeneffekt hat dazu geführt, dass der GKV-Spitzenverband die Festbeträge in den vergangenen Jahren immer weiter abgesenkt hat; mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Arznei­mittelversorgung“. Dass der GKV-Spitzenverband nun zahlreiche Festbetragsgruppen aussetze, zeige, „wie reformbedürftig das ganze System ist“. |

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