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Management

Teamkultur

Identitätsstiftend, motivierend, agil

Im Sport gibt es die bekannte Weisheit „Never change a winning team!“. Führungskräfte wünschen sich im Moment nichts lieber als das. Der Personalmangel und immer stärker werdende Arbeitnehmermarkt bringt eine hohe Mitarbeiterfluktuation mit sich, sodass die Personalgewinnung und das Zusammenschweißen einer Gruppe von Mitarbeitern zur Tagesordnung gehört. Eine motivierende Arbeitsatmosphäre und ansprechende Teamkultur sind wichtige Aspekte, um neue Mitarbeiter zu halten. Was braucht es, um eine posi­tive Kultur zu etablieren, die identitätsstiftend und gleich­zeitig agil ist?

Ein Team setzt sich zusammen aus einer Gruppe von Mitarbeitern, die sich gemeinsam für das Erreichen bestimmter Ziele innerhalb des Unternehmens verantwortlich fühlen. Ihre Arbeit hängt wechselseitig voneinander ab. Durch diese gegenseitige Abhängigkeit entscheidet das aufeinander abgestimmte oder chaotische Zusammenspiel über Erfolg oder Niederlage. Ein „winning team“ hat genau das verstanden. Umso wichtiger die gekonnte Zusammenarbeit für das Erreichen des Ziels ist, umso stärker fällt es ins Gewicht, wenn ein Mitarbeiter nicht „mitzieht“ und umso ausgeprägter fallen die negativen Reaktionen, z. B. in Form von Ärger, der anderen Teammitglieder aus. Das erklärt die Eskalationen, die sich in manchen Teams finden lassen, wenn ein Kollege nur das Nötigste tut und ansonsten damit beschäftigt ist, am Handy seine Social-Media-Kanäle zu checken. Dieser Kollege handelt entgegen dem gemeinsamen Wert des Teams, der lautet: „Engagement für den Teamerfolg“ und kann deswegen mit einer Konsequenz rechnen. Schließlich müssen alle anderen um ihn „herumarbeiten“, um trotzdem einen guten Job machen zu können.

Die Teamkultur stellt das verbindende Element zwischen der Kompetenz des Einzelnen und dem Teamerfolg dar. Die bildet sich bei Mitarbeitern die längere Zeit zusammenarbeiten meist von selbst und besteht zum großen Teil aus informellen Regeln, Verhaltensweisen, die erwartet werden, und Gewohnheiten. Diese ungeschriebenen Gesetze sind für Neuankömmlinge schwer zu erkennen und für die Teammitglieder so selbstverständlich, dass sie sie kaum benennen können, um den Neuen den Einstieg zu erleichtern. Jedes Team hat sozusagen seinen eigenen mündlich überlieferten Knigge.

Teamkultur im Qualitätscheck

Wenn Sie als Führungskraft die Kultur eines Teams auf den Prüfstand stellen, sollten Sie wohlwollend zur Kenntnis nehmen, dass das von Ihnen gewählte Team es geschafft hat, eine Kultur aufzubauen. Ganz gleich wie dysfunk­tional, beeindruckend oder sonderbar diese auch sein mag, immerhin gibt es eine Kultur und damit ein Team, das sich an Regeln hält, im Gegensatz zu einer Gruppe von Einzelkämpfern. Die Definition von Team und Kultur bieten die ersten Interventionsmöglichkeiten, wenn es innerhalb der Gruppe zu Reibereien kommt. Unterstützen Sie vor allem Mitarbeiter im Onboarding dabei, einen einfachen Zugang zur Teamkultur zu be­kommen. Mit etwas Abstand zum Team lassen sich die Verhaltens­regeln besser wahrnehmen und weitergeben. Die Informationen, wer mit „Sie“ angesprochen wird, welche Pausenregelungen üblich sind, welche Tabus es gibt und wie besondere Charaktere im Team ticken, helfen ungemein nicht in ein Fettnäpfchen zu treten. Sollte ein Mitarbeiter mit seinem Verhalten immer wieder anecken, gilt es eine Lösung zu finden, die die Bedürfnisse des Teams, des Unternehmens und des einzelnen Teammitgliedes berücksichtigen.

Aspekt 1: Ziel

Eine Grundvoraussetzung für die zielgerichtete Arbeit eines Teams ist es, dass es überhaupt ein gemeinsames Ziel gibt. Wird kein Ziel vom Unternehmen definiert, kann es passieren, dass jeder Mitarbeiter das Ziel und den Weg, wie dieses Ziel erreicht werden soll, für sich selbst definiert. Innerhalb des Teams laufen die Zieldefini­tionen dann in unterschiedliche Richtungen. In Teambesprechungen oder Mitarbeitergesprächen lassen sich diese Zieldefinitionen aufdecken und synchronisieren. Selbst wenn es Unternehmensziele gibt, sollten das Verständnis dafür, die persönliche Interpretation und die individuellen Ideen zur Erreichung überprüft werden. Auf jeder Ebene kann es zu Abweichungen kommen. Die alltägliche Arbeit wird so ineffektiv und die Teamkultur eher chaotisch. „An einem Strang zu ziehen“ ist des­wegen so wichtig, weil sowohl das Wir-Gefühl als auch die gemeinsam erzielten Erfolge Quellen der Motivation sind.

Wenn ein Apothekenteam die Frage: „Was ist das Ziel eurer Arbeit?“ nach einem Moment des Schweigens nicht beantworten kann, dann ist klar, wie sich Sinn der Arbeit und Motivation zügig verbessern lassen.

Aspekt 2: Passung

Eine weitere Frage ist: Wie gut unterstützen die bei uns geltenden Regeln eine gute Arbeits­atmosphäre und den Erfolg des Unternehmens?

Wer z. B. im Unternehmen den Wandel voranbringen möchte, wird mit ungeschriebenen Gesetzen, wie: „Es darf auf keinen Fall ein Fehler passieren“ und „jede Auf­gabe muss 100%ig erledigt werden“ eine zu schwerfällige Kultur vorfinden. Jede Kultur ist mit Stärken und Schwächen behaftet. Sie kann Hilfe oder Hemmnis sein je nachdem, wie das Ziel aussieht.

Die Teamkultur dient der Identifikation und ist ein wichtiger Teil der Teamidentität. Jedes einzelne Teammitglied beeinflusst diese Kultur und wird umgekehrt von der vorherrschenden Kultur beeinflusst. Die dysfunktionalen Regeln als Teil des Teams zu erkennen, ist sehr schwer und gelingt meist nur mit intensiver Reflexion. Beim Aufdecken ist der Blick von außen extrem hilfreich, z. B. durch einen Coach, die Teilnehmer einer Erfahrungsaustauschgruppe oder einen hospitierenden Kollegen. Entscheidend ist dabei die Unabhängigkeit zur betrachteten Kultur.

In vielen Unternehmen werden neue Mitarbeiter dazu aufgefordert, ihren noch ungetrübten Blick zur Verfügung zu stellen. Meistens bleibt das ohne Effekt, weil eine Einzelperson sich schneller ans System anpasst (um dazuzugehören), als das System sich der Person anpasst.

Wenn Sie ohne den Blick von außen auf eigene Faust ermitteln, dann nutzen Sie einen Trick. Versuchen Sie rauszufinden, welche Geschichten im Unternehmen erzählt werden. Es gibt die „News“ die heißen Geschichten im Flurfunk, die nur ein paar Tage alt sind. Sie handeln davon, wer mit wem im Moment eine Auseinandersetzung hat oder welche Umstrukturierungen es geben wird. Dann sind da die Storys. Geschichten, die über einen längeren Zeitraum erzählt werden, über Monate oder Jahre. Es können Einzel- oder Gruppenschicksale sein und sie enthalten in den allermeisten Fällen Hinweise darauf, welches Verhalten im Unternehmen als angemessen empfunden wird und welches nicht. Ähnlich wie früher Grimms Märchen gibt es eine Moral oder zumindest einen Warnhinweis. Wer diese Geschichten zu Ohren bekommt, genießt ein gewisses Vertrauen.

Dann gibt es noch die Kategorie „Legenden“. Legenden sind Geschichten, die sich schon sehr lange, manchmal Jahrzehnte im Unternehmen halten. Sie haben Abänderungen durchlaufen und entsprechen dadurch nicht mehr zu 100% der Wahrheit. Der Teamkultur geben sie unerschütterliche Substanz. Sie vermitteln starke Glaubenssätze oder Dogmen. Häufig sind sie außerhalb des Unternehmens bekannt und be­einflussen die Außenwirkung.

Wenn vor 15 Jahren jemand fristlos entlassen wurde für einen Fehler, der jedem hätte passieren können, wird die Etablierung einer offenen Fehlerkultur eine größere Herausforderung. Ganz anderes verhält es sich, wenn der warmherzige Seniorchef die Devise vertreten hat: „Nur wer nicht arbeitet, vermeidet zuver­lässig Fehler“ und er nach vielen Jahren noch gerne zitiert wird.

Wenn es darum geht die Teamkultur in eine hilfreiche Richtung zu entwickeln, überlegen Sie welche News und Storys das Team über Sie als Führungskraft erzählt und welche Legende Sie schreiben. Gute Führungsarbeit und gutes Storytelling ändern die Kultur.

Aspekt 3: Ausgewogenheit

Es kann ein „Zuviel des Guten“ geben. In Teamkulturen, die sehr erfolgsorientiert handeln, kann bei einer zu starken Ausprägung das Privatleben leiden. Die Teamkultur bleibt nicht für immer in einem guten Maß, sie braucht Pflege und Regulation in Form von Aufmerksamkeit und Reflexion, damit sich keine schädlichen Rituale entwickeln. Selbstauf­opferung der einzelnen Team­mitglieder durch hohes Verant­wortungsbewusstsein hat nur kurzfristig einen positiven Effekt. Langfristig führt es zur Erschöpfung und zum Zerfall des Teams.

Fragen Sie von Zeit zu Zeit kritisch, ob sich schädliche Dynamiken ergeben haben und regulieren Sie diese. Früh genug erkannt, genügen Gespräche und die offizielle Erlaubnis auch mal abzuschalten.

Was kann ich noch tun?

Die Möglichkeiten, die Teamkultur positiv zu beeinflussen, sind umfangreich. Sowohl für Führungskräfte als auch Teammitglieder lässt sich einiges im Alltag tun. Weitere Informationen, wie sich die psychologische Sicherheit im Team stärken lässt, finden Sie in der AZ 2023, Nr. 7 auf Seite 6 und wie sich Konflikte bearbeiten lassen in der AZ 2023, Nr. 16 auf Seite 6. |

Anja Keck ist als Master-Coach (DGfC) Experte für Teamentwicklung, Systemische Beraterin und Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie. Mehr unter www.anjakeck.de

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