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Management

Freundlichkeit – ein Auslaufmodell?

Kundenkontakt in der Apotheke verläuft häufig so: Vorlage des Rezepts, Entgegennahme des Medikaments, Kurzerklärung zur Einnahme und Zahlung der Rezeptgebühr. Hinzu kommen die Begrüßungsworte und die Verabschiedung. Die Bedienungszeit beträgt oft nur zwei oder drei Minuten. Wo bleibt da noch Zeit für Freundlichkeit? Und: Legen alle Kunden auf Freundlichkeit Wert? Vielleicht sind es nur die Älteren?

Freundlichkeit ist nicht messbar, sondern wird ganz individuell vom Kunden definiert. Für Mitarbeitende heißt es, im Zweifelsfall besser etwas freundlicher zu sein, als es der Kunde erwartet. Freundlichkeit, die man sendet, empfängt man auch vom Kunden zurück.

„Nicht unfreundlich sein“, heißt noch lange nicht „freundlich sein“. Mitarbeitende glauben von sich, dass sie freundlich sind. Man begründet diese Behauptung damit, dass sich noch kein Kunde über Unfreundlichkeit in der Apotheke beschwert hat. Freundlichkeit hängt auch stark von der Tagesform des Mitarbeitenden ab.

Für Stammkunden ist Freundlichkeit wichtig, und es fällt dem Personal bei dieser Kundengruppe auch nicht schwer, Ausstrahlung zu zeigen. Die Generation Z der Kunden hat aber andere Erwartungen als die Generation davor. Es käme viel mehr auf Öffnungszeiten, Bevorratung, Fachkompetenz, Beratung und auf die Preise bei den freiverkäuflichen Produkten an, hört man. Und: „Der Schmusekurs war gestern.“ Oder: „Die Apotheke ist kein Streichelzoo.“

Freundlichkeit gut entwickelt
Freundlichkeit noch ausbaufähig
Auch bei schwierigen Wünschen des Kunden bleibe ich positiv.
Bei Problemen lässt die Freundlichkeit gleich nach. Ungeduld kommt auf.
Meine Wortwahl ist positiv und entspricht meinen Gedanken.
Auf die Vermeidung von negativen Formulierungen wird wenig geachtet.
Freundlichkeit kommt von innen heraus und ist authentisch.
Ausstrahlung und Lächeln sind auf­gesetzt und wirken unecht.
Ich bemerke, wenn meine Stimmung kippt und reagiere sofort.
Negative Stimmung wird hingenommen und reduziert die Freundlichkeit zum Kunden.
Auch Stress ändert nichts an meiner positiven Ausstrahlung.
Hektik und Überforderung reduzieren die Gesprächsatmosphäre.
Kundenfragen beantworte ich mit der nötigen Ausführlichkeit.
Antworten sind knapp gehalten, die Informationen meist nicht detailliert.
Kunden genießen meine volle Aufmerksamkeit.
Kunden spüren die Ungeduld in Stoßzeiten und fühlen sich abgefertigt.

Ausstrahlung schafft Sympathie

Freundlichkeit des Personals kostet nichts, bringt aber viel. Sie reduziert die Arbeit nicht, fördert aber die Kundenbeziehungen bei denjenigen, die dies schätzen. Sympathisches Auftreten einzelner Teammitglieder erlebt der Kunde als repräsentativ für die Apotheke insgesamt. Eine positive Ausstrahlung ist nicht jedem in die Wiege gelegt, vielmehr das Ergebnis einiger Bemühungen, um die Wertschätzung des Kunden deutlich zu machen. Eine freund­liche Ausstrahlung kann man sich angewöhnen. Das macht anfangs etwas Mühe, man muss sich darauf konzentrieren. In schwierigen Situationen, z. B. bei Stress oder bei schwierigen Kunden, oder bei schlechter Stimmung hilft die sogenannte „Selbstkommunikation“. Man gibt sich unausgesprochen die Anweisung, die Situation zu akzeptieren und seine Gefühle zu beherrschen (Chair Person Prinzip). Dadurch beherrscht man seine Gefühle und lässt sich nicht von einer Situation beeinflussen. Eine natürliche Freundlichkeit entsteht nie unter Druck („Ich muss jetzt freundlich sein“). Das strengt an und man hält es nicht lange durch. Eine gute Ausstrahlung kommt von innen heraus, wirkt überzeugend und führt meist dazu, dass sich auch der Kunde entspannt. Aufgesetztes Lächeln wird als „Grinsen“ wahrgenommen und entwertet die Ausstrahlung.

Mit „Marzipan“ gewinnen

M Mitgefühl für den Kunden zeigen

A Ausdrucksweise über die Stimme beeinflussen

R Recht geben, statt Recht zu behalten

Z Zuhören beweisen durch Hinterfragen

I Innere Einstellung positiv programmieren

P Positive Worte formulieren statt negative

A Akzeptanz der Situation, z. B. Stress und Hektik

N Natürlich und authentisch bleiben, sich nicht verbiegen

Positive Worte wirken freundlich

Worte wirken auf Kunden nicht nur rational, sondern auch emotional, werden positiv (plus) oder negativ (minus) wahrgenommen und bewertet. In der Hektik des Alltags kommt es bei Teammitgliedern unter Umständen versehentlich zu negativen Wörtern. Formulierungen wie „Sie müssen …“ und „Sie dürfen keinesfalls …“ werden vom Kunden nicht positiv aufgenommen, sie lassen sich aber leicht umformulieren in „Bitte beachten Sie …“. Auch die Worte „leider nicht“ wirken negativ auf Kunden. Typische Minuswörter sind: „nein …, nicht …, keinesfalls …, müssen …, Problem“. Positive Worte schaffen hingegen eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Vieles lässt sich positiv ausdrücken.

Der innere Navigator

Wer Kunden mit Freundlichkeit beeinflussen will, muss selbst mit seinen Gefühlen zurechtkommen. Die Regulierung eigener Gefühle ist eine Voraussetzung, um Kunden mit Freundlichkeit zu begegnen. Ein Stimmungstief muss man schon im Anfangsstadium erkennen, um dagegenzuwirken. Man gibt sich unausgesprochen die Anweisung, z. B. in Stoßzeiten den Druck zu akzeptieren und die Gelassenheit nicht zu verlieren.

Schon Gedanken daran, dass die Kunden immer schwieriger werden oder dass immer mehr Einsatz verlangt wird, verursachen eine negative Einstellung. Wenn man negative Gedanken beim Entstehen feststellt, werden sie gleich gestoppt, so wie ein Autofahrer sofort anhält, wenn ein Hindernis auftaucht. Es kommt darauf an, die Situation schnell zu erkennen und gleich zu reagieren.

statt negativ...
besser positiv
Das Medikament ist leider nicht vorrätig.
Ich bestelle es, bis 16.00 Uhr ist es da.
Diese Packungsgröße ist nicht da.
Soll ich sie bestellen?
Da müssen Sie ein Rezept haben.
Bitte fragen Sie Ihren Arzt nach einem Rezept.
Das geht nicht.
Ich will sehen, was ich machen kann.
Das kann ich Ihnen nicht sagen.
Ich kläre das eben mal ab.

Positive Selbstgespräche bauen auf

Viele glauben, dass die innere Einstellung gar nicht so wichtig sei. Schließlich muss die Arbeit erledigt werden, da fragt doch niemand, in welcher Stimmung der Mitarbeiter ist. Bei Untersuchungen zeigt es sich dann, wie wichtig die innere Einstellung ist, denn wer positiv gestimmt ist, kann Probleme besser verarbeiten und verliert nicht so schnell die Gelassenheit. Positives Denken beeinflusst die Leistungsfähigkeit des Einzelnen, ob am HV-Tisch oder hinter den Kulissen. Man muss sogar noch Verständnis für einen umständlichen Kunden aufbringen, wenn er einen kleinen Betrag, z. B. 6,55 Euro nur mit Münzen bezahlt und dazu eine Minute braucht. Oder ein anderer Kunde einen Kleinbetrag mit einem 50-Euro-Schein zahlt und bei der Geldrückgabe noch Wünsche äußert. Da ist Gelassenheit gar nicht einfach.

Die Dynamik der Gefühle verläuft schneller als die Verarbeitung durch die Gedanken, daher muss man für eine „Entschleunigung“ sorgen. Wer ein auftretendes Stimmungstief feststellt, aktiviert seinen Verstand mit dem Auftrag: „Kannst Du mal die Situation kurz checken? Was ist eigentlich mit mir los?“ Damit läuft man dem Tief nicht in die Falle. Die gedankliche Verarbeitung ist entscheidend für die weitere Entwicklung der Emotionen. |

Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher, Heidelberg

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