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Gesundheitspolitik
Der Apotheken-Ökonom: Latein lebt
Latein gilt als tote Sprache, ist aber als Teil der deutschen Alltagssprache fast allgegenwärtig, also reichlich lebendig. Und dabei können hier in dieser Kolumne fürwahr gar nicht alle Sentenzen, Redewendungen, Phrasen des im Deutschen etablierten Latein-Vokabulars feilgeboten werden, sondern nur ein Ausschnitt, der zeigen soll, wie umfassend die deutsche Alltagssprache von lateinischen Einflüssen belebt wird. Etwas wird ad absurdum geführt, wenn seine Widersprüchlichkeit aufgedeckt wird, es wird folgerichtig ad acta gelegt und ad hoc – d. h. zu diesem Zweck – neu überdacht, wiewohl ad hoc häufiger als aus dem Stegreif interpretiert wird. Bei Geburtstagswünschen oder Jubiläen hat sich in der Apothekerschaft die Glückwunschformel ad multos annos herausgebildet. Das Alias steht für Künstlernamen oder auch für Spitznamen und das Alibi wird zum Nachweis, dass man anderswo gewesen ist und nicht am Ort einer Tat. Die Alma Mater als nährende Hochschulmutter wird gerade bei Akademikern gerne bemüht und das Alter Ego als das andere Ich referenziert auf das Wesen des engen Freundes. Der üblichen Vernunft entstammend und somit im Vorhinein als Annahme erlaubt, wird als a priori benannt, und das carpe diem empfiehlt uns, den Tag zu nutzen. Gerade in der Wissenschaft wird als ceteris paribus bezeichnet, was sonst unter gleichen Bedingungen analysiert wird. Das circa ist längst beliebter als das in etwa und die Conditio sine qua non, also etwas, was ohne etwas anderes nicht eintreten kann, wird nicht nur in philosophischen Diskussionen bemüht. Bei manchen Einlassungen der Politik entfleucht uns ein lautstarkes cui bono, wem soll es nützen, und wenn es dann doch de facto kommt, möchte man de gustibus non est disputandum rufen, denn über Geschmack lässt sich fürwahr nicht streiten.
Wir könnten und so weiter machen, also et cetera, und ex post uns aufregen, dass der Autor Sentenzen ausgelassen hat, die Ihnen noch wichtiger erschienen wären. Das Mädchen für alles in der etwas großzügigeren Interpretation ist das fac totum. Sehr viele lateinische Eindringlinge in die deutsche Sprache starten mit in …, so auch in dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten als juristischer Kompass, in flagranti als auf frischer Tat ertappt und in extenso für in aller Ausführlichkeit, um drei Beispiele hierfür zu bemühen. Wenn man zügig zur Sache kommen will, den Kern einer Sache aufgreifen möchte, geht man in medias res, und wenn man sich etwas ins Gedächtnis rufen will, tut man dies in memoriam. In puncto bedeutet hinsichtlich oder auch den Betreff und wer sich in Hoffnung auf eine Rolle oder ein Mandat befindet, ist z. B. Bräutigam oder Schwiegersohn in spe. Wenn man zusammenfasst, tut man dies in summa. Den engsten Freund nennt man gerne Intimus, auch wenn es nie intim wurde, und die Laudatio hält man als Lobrede auf den Jubilar oder Preisträger. Dass der Locus eher als Ort für Geldgeschäfte gemeint war, macht ihn nicht weniger attraktiv für körperliche Verrichtungen. Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa werden vor allem die Katholiken als Wiederholung der Sünden in Gedanken, Worten und Werken wiedererkennen.
Für die Apothekerinnen und Apotheker ist das mens sana in corpore sano wie ein Teil des Berufsethos zu interpretieren und lässt mich nolens volens, also ob ich will oder nicht, nomen est omen als namentliche Vorbedeutung von Apotheke eine Abstellkammer für Heilkräuter feststellen. Fürwahr ist das bei Weitem nicht das Nonplusultra an Interpretationsspielraum, aber notabene – wohlgemerkt – die Herkunft des Begriffes. Würde die Gesellschaft Apotheke Pars pro Toto als Gesamtbegriff für Gesundheitsversorgung ansehen, würde man sich gegenüber Ärzten und der Politik manchmal per se (also von selbst) etwas leichter tun. Mein Placet haben die Apotheken und pro domo wird es auch zu keiner anderen Haltung kommen. Quo vadis, Apotheke? In diesen Zeiten, bei diesem Gesundheitsminister, der sich keineswegs als Spiritus Rector der apothekerlichen Anliegen geriert und mitnichten als deren Knecht, na dann servus.
Der Status quo – der gegenwärtige Zustand – ist nach und in den Pandemiezeiten besser als gedacht, aber summa summarum (alles in allem) sind die neuen Diskussionen um die Vergütung alles andere als zielführend.
Der reine Tisch, Tabula rasa, ist angezeigt und der Tenor in dieser Sache, das absolut Hervorstechende, zeigt einmal mehr, was Apotheken im Gemeinwesen in der res publica zu leisten imstande sind. Die Ultima Ratio im ora et labora zu suchen, wird nicht reichen, und im Vademecum der guten Tipps und schlauen Ratschläge wird auch nicht immer das Passende zu finden sein.
Umgekehrt et vice versa wird ein Schuh daraus, wenn die Apotheken in neuer Deutungsart zum Terminus technicus für Gesundheit versinnbildlicht würden. Quod erat demonstrandum – was zu beweisen war! |
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de
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