Arzneimittel und Therapie

Video hilft, Fehler in der Arzneimittel­anwendung zu erkennen

Handhabung von Arzneiformen aufgezeichnet und analysiert

Nehmen ältere Menschen ihre Arzneimittel korrekt ein oder schleichen sich im Alltag Anwendungsfehler ein? Um diese Frage zu beantworten, wurde im Rahmen einer Pilotstudie die Handhabung von fünf verschiedenen Arzneiformen per Video aufgezeichnet und von mehreren geschulten Beobachtern ausgewertet. Auf dieser Basis wurde ein Bewertungstool erstellt, um mögliche Fehler bei der Anwendung verschiedener Arzneiformen frühzeitig zu erkennen.

Mitarbeiter der Medizinischen Fakultäten Düsseldorf und Essen-Duisburg gingen der Frage nach, wie die Anwendung verschiedener Arzneiformen im Alter erfasst werden kann. Die objektive Bewertung einer Medikamenteneinnahme ist insofern von Bedeutung, als sich Anwender oftmals nicht bewusst sind, dass sie ihre Arzneimittel nicht korrekt einnehmen bzw. anwenden. Im Rahmen der ABLYMED-Studie (ability to self-administer medication in non-demented in-hospital patients) wurde hierfür ein Bewertungstool erstellt und evaluiert. Dazu wurden 67 nicht demente, hospitalisierte, aber ansonsten selbstständig lebende Patienten (> 70 Jahre; medianes Alter 79 Jahre) während einer Arzneimittelanwendung gefilmt. Für die Videoaufzeichnungen wurden Placebos eingesetzt und die Handhabung von Tabletten, Augentropfen, Tropfen, Pflastern und einem Pen aufgezeichnet. Die Auswertung erfolgte von bis zu 19 geschulten Betrachtern. In einer Pilotphase wurde ein Schema zur Beurteilung der Arzneimittel­anwendung erstellt, um die Basis einer objektiven Beurteilung und einen Referenzstandard zu schaffen. In der darauffolgenden Phase wurden die Videoaufzeichnungen aller 67 Probanden ausgewertet. Auf der Basis dieser Ergebnisse wurde ein Tool entwickelt und evaluiert, um die Anwendung unterschiedlicher Arzneiformen zu klassifizieren [1].

Foto: Geza Farkas/AdobeStock

Tablettenteilen wurde in der Studie als eine Herausforderung für manche geriatrische Patienten identifiziert.

Unterstützende Rolle des Apothekers

Praxisrelevante Erkenntnisse wurden von den Studienautoren in einer Mitteilung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf veröffentlicht. Dieser zufolge ist die Anwendung von Tabletten, insbesondere das Teilen, eine Herausforderung für manche älteren Patienten. So kommen etwa Küchenmesser, Nagelscheren und Zangen zum Einsatz, um eine Tablette zu teilen. Zerbröselt diese dabei, wird dies oftmals nicht negativ wahrgenommen. Dass nicht nur der Wirkstoff, sondern auch die korrekte Anwendung einer Arzneiform die Arzneimitteltherapiesicherheit bestimmen, ist vielen Anwendern nicht bewusst. Den Studienautoren zufolge sollte dies im klinischen Alltag wesentlich stärker berücksichtigt werden. Auf der einen Seite sollten ältere Patienten ihre Arzneimittel eigenständig einnehmen, um ihre Selbstständigkeit zu bewahren, auf der anderen Seite muss aber die korrekte Anwendung gewährleistet sein. Eine wichtige unterstützende Rolle kann hierbei der Apotheker spielen.

Derzeit wertet das Forschungsteam der ABLYMED-Studie auch eine Befragung aus, in der die Patienten über ihre selbst wahrgenommenen Probleme bei der Medikamentenanwendung berichten. Außerdem wird analysiert, inwieweit die subjektive Einschätzung mit den tatsächlichen, im Video erfassten Fähigkeiten übereinstimmt und welche Faktoren die korrekte Handhabung beeinflussen. Ein weiteres Ziel ist es, eine standardisierte Beurteilungshilfe für Hausärzte zu erstellen, mithilfe derer leichter ein­geschätzt werden kann, inwieweit Patienten im fortgeschrittenen Alter ihre Medikamente selbstständig und korrekt anwenden können [2]. |

Literatur

[1] Luegering A et al. Developing a novel tool to assess the ability to self-administer medication – A systematic evaluation of patients’ video recordings in the ABLYMED study. Front Med 2023;10:1040528, doi: 10.3389/fmed.2023.104052

[2] Seniorinnen und Senioren: Studie belegt Schwierigkeiten beim Umgang mit Medikamenten – Medikamente: „Kindersicherungen sind auch Seniorensicherungen“. Mitteilung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vom 17. März 2023

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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