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Aus den Ländern
Apothekenzukunft sichern – aber wie?
Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern
Dr. Sebastian Schwintek stellte Daten der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover vor, nach denen die Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern 2022 durchschnittlich 24,4% weniger Betriebsergebnis als 2021 erzielt haben (siehe AZ 2023, Nr. 17, S. 4). Für 2023 erwartet er weitere 14% Rückgang, sofern die Apotheken nicht durch Kostensenkungen oder Preiserhöhungen gegensteuern.
Lieferketten resilient machen
Torsten Bathmann, Verband forschender Arzneimittelhersteller, berichtete über die Resilienz pharmazeutischer Lieferketten. Dabei gehe es nicht nur um Wirkstoffe, sondern auch um Packmittel und sogar Beipackzettel. Für jedes Glied der Kette müsse viel Geld aufgewendet werden, wenn eine Produktion in der EU sichergestellt werden soll. Die Industrie stabilisiere die Lieferketten aus eigenem Interesse bei hochpreisigen Produkten, aber nicht bei niedrigpreisigen Generika. Bathmann empfahl daher einen neuen Ansatz. Anstatt Spezialprodukte und Generika getrennt zu betrachten, sollte ein Netzwerk von Herstellern für alle relevanten Komponenten geschaffen werden, wie dies für RNA-Impfstoffe geschehen sei. Allerdings sieht Bathmann nicht, dass die Politik dies als relevant betrachte. Die Priorität liege bei der Energiewende.
Festzuschlag entscheidend
DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn erläuterte die zentrale Bedeutung des Festzuschlags für die Apothekenhonorierung. Er sei entscheidend, um die Fixkosten für die Infrastruktur der Apotheken zu finanzieren. Der Rechenweg für die Honoraranpassung von 2013 und das Gutachten von 2017 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hätten wesentliche Aspekte für die langfristig notwendige Anpassung des Festzuschlags übergangen. Letzteres sei bei der Gemeinkostenschlüsselung unangemessen vorgegangen. Daraufhin sei die Forderung der ABDA nach einem höheren Festzuschlag überfällig.
Neue ABDA-Strategie entsteht
Dazu erläuterte der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat, seit 2006 habe sich lauter Protest in der Politik für die Apotheken nicht bewährt, aber mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach sei eine neue Lage entstanden. Lauterbach habe kaum Interesse an Apotheken. Daher habe die ABDA ihre Strategie verändert. Es solle „mehr von allem“ geben – Lobbyarbeit, Gespräche, Aufmerksamkeit, Sichtbarkeit und Emotion. Doch die Strategie müsse „entwickelt, vorbereitet und umgesetzt werden“. Das könne nicht öffentlich diskutiert werden, weil es sonst nicht mehr wirke. Pudimat wandte sich entschieden gegen die Behauptung, die ABDA wolle beim Honorarthema bis zum Herbst abwarten – das sei „totaler Quatsch“. Der wichtigste Teil der Strategie seien die Ende Februar beschlossenen Forderungen. Später folgten die Pressekonferenz zum drohenden Versorgungschaos und ein ABDA-Talk mit Vertretern der Bundestagsfraktionen. Die Gespräche mit Politikern würden fortgesetzt, und in den nächsten Wochen würden Protestplakate für die Apotheken folgen.
Mehr Geld und weniger Bürokratie gehören zusammen
Obwohl die weiteren Pläne der ABDA nicht bekannt sind, diskutierten die Teilnehmer des Wirtschaftsseminars - moderiert von Müller-Bohn – über die ABDA-Forderungen und über mögliche Maßnahmen der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei zeigte sich, dass Bürokratie und Retaxationen als frustrierende Belastungen im Alltag erlebt werden. Die ABDA-Forderungen zum Bürokratieabbau und zum Verbot von Nullretaxationen bilden demnach ein nicht auflösbares Gesamtpaket mit den Honorarforderungen. Mit Blick auf die Durchsetzung der Forderungen wurde über gute Gespräche mit Abgeordneten bei deren Besuchen in Apotheken berichtet. Pudimat ermunterte, an Abgeordnete zu schreiben. Auch wenn keine inhaltlich sinnvollen Antworten kämen, hinterlasse das einen Eindruck. Ein Teilnehmer berichtete, dass er sich am 19. Oktober dem Streiknachmittag in Schleswig-Holstein und Brandenburg angeschlossen und das Licht in der Offizin ausgeschaltet habe, wie bei einer früheren Aktion der Apotheken in Nordrhein. Dies habe noch über Wochen zu sehr vielen Gesprächen mit Kunden geführt, die viel Verständnis für die Belange der Apotheken zeigten.
Neue Anreize für PTA-Schüler und -Schülerinnen
Antje Urban berichtete über Zwischenergebnisse einer Arbeitsgruppe von Apothekerkammer und -verband Mecklenburg-Vorpommern zur Nachwuchsgewinnung. Dabei ging es insbesondere um mehr Ausbildungsmöglichkeiten für PKA und PTA. Ein Problem sei allerdings, dass kürzlich von einer PTA-Klasse mit ursprünglich 25 Personen nur zwölf die Prüfung bestanden hätten und nur sechs in öffentliche Apotheken gegangen seien. Es gehe also auch um qualifizierte Bewerber. Dafür sei die Unterstützung aller Apotheken nötig, beispielsweise durch die Betreuung von Schülerpraktikanten, die Werbung über Social Media und durch finanzielles Engagement. In der anschließenden Diskussion wurde betont, dass die PTA-Ausbildung nur mit mehr Geld im Wettbewerb mit anderen Berufen bestehen könne. Daraufhin zeigte sich die sehr große Mehrheit der Veranstaltungsteilnehmer bereit, einen Fonds für diesen Zweck zu finanzieren. Viele Teilnehmer würden auch individuelle Stipendien gewähren. Außerdem wurde über einen möglichen Tag der offenen Apotheke für die Nachwuchsgewinnung diskutiert. Dabei ergab sich, dass zunächst bestehende übergeordnete Aktionen besser für die Apotheken genutzt werden sollten. Zum Abschluss des Seminars berichtete Verbandsgeschäftsführer Carsten Pelzer über die jüngsten Entwicklungen bei Retaxationen und stellte fest: „Die Pflicht zur Dosierungsangabe ist ein Eigentor gewesen.“ |
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