Arzneimittel und Therapie

Medikation unter der Lupe

Tipps und Tricks für die Medikationsanalyse – Fall 8: Eine Dialyse-Patientin mit Schulungsbedarf

Erweiterte Medikationsberatung ist eine der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die Apotheken ihren Patientinnen und Patienten mit Polymedikation anbieten können. Herzstück ist eine Medikationsanalyse. Sie ist die Basis für das Erkennen und Lösen von arzneimittelbezogenen Problemen. Neben einem strukturierten Vorgehen ist detek­tivischer Spürsinn gefragt. Mit unserer crossmedialen Serie „Medikation unter der Lupe“ fordern wir diesen Spürsinn heraus.
Foto: MaG8 – unsplash.com

Einmal im Monat stellen wir in der DAZ und auf DAZ.online einen Fall vor und geben Anregungen für Lösungen. Dann sind Sie gefragt. Wie würden Sie vorgehen, um die Probleme in den Griff zu bekommen? Ihren Lösungs­ansatz können Sie dann in einem Webinar mit unseren Autorinnen und Autoren diskutieren, die ihrerseits einen Vorschlag präsentieren werden. Das Webinar zu unserem achten Fall, den hier Apothekerin Ina Richling Pharm.D., vorstellt, startet am 17. Mai 2023 um 20:00 Uhr.

Der Fall

Die Patientin: Frau E. H., eine 81-jährige Patientin (156 cm, 72 kg, BMI 29,6) mit stark fortgeschrittener Niereninsuffizienz im Rahmen einer Dialyse mit noch vorhandener Rest­diurese, koronarer Herzerkrankung, arterieller Hypertonie und Vorhofflimmern, nimmt das Angebot der erweiterten Medikationsberatung bei Polypharmazie wahr und kommt mit ihrer Schwiegertochter zum vereinbarten Termin.

Subjektive Parameter: Sie gibt an, zurzeit unter starker Verstopfung zu leiden. Weiterhin hat sie zunehmend Probleme mit den Arzneimitteln, die man in Wasser auflösen muss. Sie nimmt diese aufgrund des schlechten Geschmacks nur sehr unregelmäßig und sehr ungern.

Objektive Parameter: Bei einer Blutdruckmessung, die standardisiert in der Apotheke stattfand, wurden ein erhöhter Blutdruck mit einem Mittelwert von 172/73 mmHg und ein Puls von 61 Schlägen/Minute in Ruhe gemessen.

Aktuelle Laborparameter sind für diese Medikationsanalyse nicht vorhanden, werden aber sehr regelmäßig von der Dialysepraxis bestimmt und bewertet.

Frau H. bringt gleich zwei Medika­tionspläne zum Gespräch mit, einer wurde von der Hausärztin ausgestellt (s. Tab. 1) und einer von der Dialysepraxis (s. Tab. 2). Weitere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel wendet sie nicht an.

Tab. 1: Medikation laut Medikationsplan 1 des Hausarztes
Wirkstoff
Stärke
Form
morgens
mittags
abends
zur Nacht
Hinweise
Atorvastatin
200 mg
Tabletten
0
0
1
0
Molsidomin
8 mg
Retardtabletten
1
0
0
0
Apixaban
2,5 mg
Tabletten
1
0
1
0
dauerhaft
Torasemid
10 mg
Tabletten
1
0
0
0
Pantoprazol
20 mg
Tabletten
1
0
0
0
regelmäßig zum Magenschutz; vor dem Essen
Amiodaron hydrochlorid
200 mg
Tabletten
1
0
0
0
Metoprolol
47,5 mg
Retardtabletten
½
0
0
0
Candesartan cilexetil
16 mg
Tabletten
1
0
1
0
Allopurinol
100 mg
0
0
1
0
Eisen-(II)-Ion
50 mg
Kapseln
0
0
1
0
einmal pro Woche
Colecalciferol
1000 IE
Tabletten
1
0
0
0
Macrogol (Kombination)
13,8 g
Pulver
2
0
0
0
Indische Flohsamenschalen
3,25 g
Saft
1
0
0
0
Moxonidin
0,3 mg
Tabletten
1
0
1
0
bis zu zweimal täglich
Levothyroxin-natrium
150 µg
Tabletten
½
0
0
0
Tilidin
44,1 mg
Retardtabletten
bei Bedarf eine Tablette
Naloxan
3,6 mg
Tab. 2: Medikation laut Medikationsplan 2 aus der Dialysepraxis
Wirkstoff
Stärke
Form
morgens
mittags
abends
zur Nacht
Hinweise
Metoprolol succinat
47,5 mg
Retardtabletten
½
0
0
0
Amiodaronhydrochlorid
200 mg
Tabletten
1
0
0
0
Atorvastatin
10 mg
Tabletten
0
0
1
0
Pantoprazol
40 mg
Tabletten
1
0
0
0
Candesartan cilexetil
16 mg
Tabletten
1
0
1
0
Moxonidin
0,3 mg
Tabletten
0
0
1
0
Tilidinhydrochlorid
50 mg
Retardtabletten
bei Bedarf eine Tablette
Naloxanhydrochlorid
4 mg
Torasemid
10 mg
Tabletten
1
0
0
0
ggf. wieder auf 1,5 Tabletten (15 mg) erhöhen
Eisen (II) Ion
50 mg
Kapseln
0
0
1
0
zweimal wöchentlich
Apixaban
2,5 mg
Tabletten
1
0
1
0
Levothyroxin natrium
0,075 mg
Tabletten
1
0
0
0
Molsidomin
8 mg
Retardtabletten
1
0
0
0
Colecalciferol
1000 IE
Tabletten
1
0
0
0
Lercanidipin hydrochlorid
10 mg
Tabletten
0
1
0
0
Allopurinol Abz
100 mg
Tabletten
0
0
1
0
Poly(styrol-co-divinylbenzol)sulfonsäure
14,9 g
Pulver
einmal einen Beutel jeden zweiten Tag

Tipps und Tricks

Bei der Bearbeitung dieses Falles ist die Durchführung eines Medikationsabgleichs notwendig. Es sollte auf die Hauptbeschwerden des Patienten eingegangen werden. Welche Therapie­ziele werden mit der Arzneimitteltherapie verfolgt und welche arzneimittelbezogenen Probleme (ABP) liegen hier vor?

Die Medikation sollte auf folgende arzneimittelbezogenen Probleme überprüft werden:

  • falsche Dosierung (Über-/Unter­dosierungen, Dosierungsintervall)
  • ungeeignete Darreichungsform
  • Einnahmezeitpunkte
  • Doppelmedikation, Pseudodoppelmedikation
  • Kontraindikationen (Alter/Geschlecht/Nierenfunktion …)
  • Interaktionen
  • fehlendes Arzneimittel trotz Indikation
  • fehlende Indikation für verordnetes Arzneimittel
  • Handhabungsprobleme
  • Probleme mit Therapie- und Einnahmetreue
  • Bericht von empfundener Nebenwirkung
  • Aufbewahrung der Medikation

Weitere interessante Fragen zum Fall:

  • Worin sollte die Patientin bezüglich der Arzneimitteleinnahme geschult werden, um mögliche Adhärenz­probleme zu vermeiden?
  • Welche Möglichkeiten gibt es zur Geschmacksverbesserung der Suspensionsarzneimittel?
  • Welche Ernährungstipps sollten dialysepflichtige Patienten erhalten?
  • Wie könnte man Therapievorschläge an die Hausärztin formulieren?

Lösungswege

Apothekerin Ina Richling wird am 17. Mai 2023 um 20:00 Uhr mit Ihnen in einem Webinar Lösungs­wege diskutieren.

Das Webinar ist buchbar unter https://akademie.dav-medien.de/medikation-unter-der-lupe-eine-dialyse-patientin-mit-schulungsbedarf-fall-8/

Das Webinar ist kostenfrei für Abonnenten der DAZ und Scholz online sowie für DPhG-Mitglieder.

Alle anderen zahlen 35,00 Euro für die Teilnahme. |

Disclaimer

Die Kasuistiken beruhen teils auf tatsächlichen Gegebenheiten, teils auf Ergänzungen und Fiktion. Ihren Pharmakovigilanz-Verpflichtungen sind die Autorinnen und Autoren nach eigenem Ermessen und nach eigener Bewertung nachgekommen.

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