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Vom Molekül zum Menschen
Die 10. Fortbildungsveranstaltung der Apotheker aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung
„Auch wenn Sie alle vom Fach sind: Lassen Sie sich bitte nicht von der Vielseitigkeit pharmazeutischer Tätigkeiten verwirren!“, leitete der Tagungsleiter Carl Ulrich Henneberg die Hybrid-Veranstaltung ein. „Sie werden heute etwas zu stofflichen und nicht-stofflichen Therapeutika erfahren, über ,Klassiker‘ und ,Behandlungsmethoden von morgen!‘“, so der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes.
Gleich zu Beginn forderte die erste Referentin, Dr. Kerstin Brand, das Auditorium auf, die Wichtigkeit und Wertigkeit pharmazeutischer Tätigkeiten nicht zu unterschätzen. „Ich vertrete im Bereich Global Medical Affairs einen Wirkstoff, der bereits vor ca. 65 Jahren erfolgreich in die Therapie eingeführt worden ist. Bitte unterliegen Sie nicht dem Irrtum, dass so ein Produkt deshalb zum alten Eisen gehört! Verschiedene Bereiche der pharmazeutischen Ausbildung helfen dabei, ein solches Medikament immer aktuell zu halten – Pharmakologie, klinische Pharmazie und pharmazeutische Technologie sind natürlich besonders wichtig.“ Auch das Zusammenspiel mit anderen, neueren Therapieoptionen und -richtungen muss regelmäßig neu bewertet werden, damit das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Patienten aufrecht erhalten bleibt, so die promovierte Apothekerin, die den Austausch mit den angrenzenden Berufsbildern wie Ärzten, Biologen und Physikern schätzt und auch täglich pflegt. Brand stellte in ihrem Vortrag die Bandbreite an firmeninternen und externen Aufgaben vor, die sie zu verantworten hat. So unterstützt sie z. B. die Kollegen der Zulassung mit dem medizinischen Dossier, ist aber auch auf Kongressen und im Kontakt mit Meinungsbildnern aktiv. „Natürlich werden auch heute noch einige klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen zu diesem Wirkstoff durchgeführt – wir wollen doch Wirksamkeit und Sicherheit fortlaufend bewerten. In moderatem Rahmen unterstützen wir auch unabhängige Studien, sogenannte investigator-sponsored studies, die innovative Therapieansätze erforschen.“ Brand stand nach ihrem Vortrag dem Auditorium zur Verfügung und beantwortete auch die Frage nach der Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu „ihrem“ Wirkstoff: „Ungefähr 200 Publikationen screene ich jede Woche. Und ein Auge habe ich auch gern auf die medizinischen Trends auf social media.“ Sie appellierte an alle Zuhörer, sich immer wieder den Wert von Wissen und der interdisziplinären Zusammenarbeit ins Gedächtnis zu rufen: „Ärztliche und apothekerliche Tätigkeiten gehen Hand in Hand, und stehen eben nicht in Konkurrenz zueinander. Beide sind wertvoll und notwendig.“
„Bekannt und unverzichtbar. Neu und bahnbrechend – DiGA!“ fasste der Tagungsleiter Carl Ulrich Henneberg zusammen und leitete zu Dr. Ulf Maywald (Dresden) über, der die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) thematisierte. „Digitale Gesundheitsanwendungen werden schrittweise ein wesentlicher Teil auch des pharmazeutischen Berufsbildes, auch wenn sie anders als die bisher angewandten Therapeutika sind“, so Maywald. Auch wenn diese modernen „Therapeutika“ nicht „stofflich“ – und damit der klassischen pharmazeutischen Analytik nicht zugänglich – sind. „Wir können mittlerweile mithilfe dieser digitalen Medizinprodukte in einigen Disziplinen wertvolle diagnostische Beiträge leisten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gegeben hat: Wir können uns heutzutage mittels ‚bits and bytes‘ sehr viel realistischer als bisher in die Erfahrungswelt unserer Patienten einfühlen, und dadurch besser die Versorgung dieser Patienten sicherstellen,“ betonte Maywald. Der seit mittlerweile 20 Jahren berufstätige Apotheker wies auch auf die aktuellen Unsicherheiten und Missverständnisse hin: So ist nicht jede Gesundheits-App eine digitale Gesundheitsanwendung, aber wenn die DiGA-Listung geschafft ist, ist sie für Patienten grundsätzlich Krankenkassen-Leistung. Und Apps bzw. das Vermitteln digitaler Gesundheitskompetenz sollte zukünftig ein Bestandteil der apothekerlichen Patientenversorgung auch und gerade in der Offizin sein. „Ja, genauso wie die klassischen Therapeutika sind auch die digitalen Gesundheitsanwendungen im SGB V reguliert,“ stellte der Referent klar. „Natürlich können auch mit diesen Therapeutika kontrolliert-randomisierte Studien durchgeführt werden, sodass deren ‚Wirksamkeit‘ gemessen werden kann.“
Die nächste Fortbildungsveranstaltung der WIV-Apotheker ist für September 2023 anlässlich des Deutschen Apothekertages geplant. |
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