DAZ aktuell

Das Spiel mit dem Feuer

Ein Kommentar zur Debatte um eine Apotheken GmbH

Dr. Thomas Müller-Bohn

Die Berliner Rechtsanwältin Constanze Püschel hat ein Konzept für eine Apotheken-GmbH ausgearbeitet. Sie nennt dafür Gründe, die zumindest auf den ersten Blick im Interesse der Apotheken liegen. Doch die Gründe dagegen bleiben sehr gewichtig. Eine Apotheken-GmbH wäre ein Spiel mit dem Feuer. Das Feuer ist in diesem Fall der Fremdbesitz, der die Grundidee des heilberuflichen und selbst verantwortlichen Inhabers aushöhlen würde. Trotz aller von Püschel genannten Schutzmechanismen würde auch eine GmbH, deren Gesellschafter ausschließlich Apothekerinnen und Apotheker sein dürften, einen juristischen Angriffspunkt bieten, um das Konzept der inhabergeführten Apotheken auszuhebeln. Eine Sonderstellung der Apotheken wäre dann kaum mehr zu vermitteln. Das Ergebnis wäre eine komplett andere Arzneimittelversorgung, die sich an den Interessen berufsfremder und ausschließlich renditeorientierter Investoren orientiert – nicht jedoch an heilberuflichen Belangen und nicht an Patienteninteressen.

MVZ – von den Sorgen der Ärzte lernen

Befürworter einer Apotheken-GmbH können entgegnen, dass Feuer nötig ist, wenn man es warm haben will. Das erscheint plausibel, aber die Gefahr, dass dieses Feuer unkontrollierbar wird und das bewährte Konzept vernichtet, ist hier zu groß. Das zeigen gerade derzeit beim Deutschen Ärztetag die Bemühungen, die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in den gewünschten Grenzen zu halten. Mit den MVZ wurde der Fremdbesitz zugelassen. Berufsfremde Betreiber dürfen auf einem Umweg als Eigentümer von Kliniken über MVZ an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Doch das ist so undurchsichtig, dass kaum noch jemand erkennt, wer finanziell hinter so mancher Arztpraxis steht. Medienrecherchen hatten gezeigt, dass für solche Konstruktionen manchmal Kleinst-Kliniken herhalten, die mit der Versorgung am Standort der Praxis überhaupt nichts zu tun haben. Dies verdeutlicht, dass berufsfremde Investoren jeden noch so kleinen Spalt nutzen und einen Weg finden, wenn die Tür auch nur minimal geöffnet wird.

Dieser „Fremdbesitz light“ beunruhigt die Ärzte inzwischen zu Recht in hohem Maße. Angesichts der Kommerzialisierung steht für sie das Vertrauen in der Arzt-Patienten-Beziehung auf dem Spiel, das für ihre Arbeit und ihr Selbstverständnis existenziell ist. Außerdem gibt es inzwischen erste Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag. Die Ärzte sorgen sich nun, wie sie die Geister, die das MVZ gerufen hat, wieder loswerden. Die Apotheker sollten sich diese Erfahrung ersparen.

Probleme lösen – nicht neue Probleme schaffen

Dabei sind die Gründe, die Püschel für ihren Vorschlag anführt, durchaus ernst zu nehmen. Große Apothekenverbünde mit mehreren Apotheken oder Spezialversorgung lassen sich von Berufsanfängern kaum noch finanzieren. Die kaufmännische Haftung kann sehr belastend sein. Dies alles erschwert die ohnehin problematische Nachfolgersuche zusätzlich. Hinzu kommen die ständigen Vorhaltungen von Politikern, die Betriebs­ergebnisse von Apotheken am Maßstab von Unternehmen anderer Rechtsformen messen, bei denen Geschäftsführergehälter steuerlich absetzbare Kosten darstellen. Doch statt diese Probleme mit einer neuen Rechtsform und einer Haftungsbegrenzung zu umgehen, sollten sie inhaltlich gelöst werden. Große Apothekenunternehmen würden eine Rechtsabteilung betreiben, die unsinnigen Forderungen insbesondere von Krankenkassen massiv begegnet. Doch das Geld sollte nicht in einen neuen „Wasserkopf“ fließen. Den Patienten wäre mehr geholfen, wenn es in der Versorgung bleibt und damit Apothekenteams bezahlt werden, die sich um die Menschen vor Ort kümmern. Die Apotheken müssen so honoriert werden, dass auch einzelne Standorte ohne Spezialversorgung und größenbedingte Skalenerträge auskömmlich betrieben werden können. Absurde „künstliche“ Geschäftsrisiken – Nullretaxationen bei Hochpreisern – müssen beseitigt werden. Die Arbeit der Apotheken muss von überflüssigen Belastungen befreit werden, damit die Pharmazie mehr Raum bekommt. Gesetze, Lieferverträge und die künftigen Regeln für das E-Rezept müssen so formuliert werden, dass die Arbeit nicht zu einem unkalkulierbaren finanziellen und rechtlichen Risiko wird. Dann brauchen Apotheken keine GmbH. Für einzelne – möglicherweise bei künftigen pharmazeutischen Innovationen auch neue – Aspekte der Spezialversorgung, die eine erhebliche Betriebsgröße erfordern, eignen sich vielleicht auch genossenschaftliche Ansätze. Das bewährte Konzept der inhabergeführten Apotheken bietet durchaus flexible Möglichkeiten. Doch es kann sich nur in einem langfristig gesicherten Rahmen entwickeln. Bestehende Probleme müssen innerhalb dieses Rahmens gelöst werden. Den Rahmen infrage zu stellen, würde hingegen neue Probleme schaffen.

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