Arzneimittel und Therapie

Vitamin D kann Krebsmortalität verringern

Nur die tägliche Einnahme führt zu einem signifikanten Effekt

Das Deutsche Krebsforschungs­zentrum liefert ein weiteres Argument dafür, Vitamin D zu über­wachen und zu supplementieren: Täglich eingenommen reduzierte das „Sonnenvitamin“ einer Metaanalyse der Heidelberger Forscher zufolge die Krebsmortalität signifikant, aber nicht, wenn hoch dosierte Bolusgaben in größeren Zeit­abständen verabreicht wurden.

Ein Vitamin-D-Mangel ist in der Bundesrepublik weit verbreitet, rund 30% der Bevölkerung sind unterversorgt (< 30 nmol/l) [1]. Insbesondere Krebspatienten sind davon betroffen. Gleichzeitig könnten diese von den antiproliferativen Eigenschaften des Vit­amins besonders profitieren. Ben Schöttker, Epidemiologe des Deutschen Krebsforschungszentrums, zufolge schütze eine Vitamin-D3-­Einnahme wahrscheinlich nicht davor, an Krebs zu­erkranken, könnte aber die Wahrscheinlichkeit senken, daran zu versterben [2]. Da die Studienlage zur Krebsmortalität aber sehr heterogen ist, hat er zusammen mit seinen Institutskollegen und internationalen Kooperationspartnern die Literatur noch einmal aufgerollt und neue, bisher unveröffentlichte Daten hinzugefügt [3]. Die unpublizierten Ergebnisse stammten von Studien, bei denen keine Zahlen zur Krebsmortalität veröffentlicht wurden, aber entsprechende Daten noch in der Hand der Autoren waren.

Foto: Kostia/AdobeStock

Ein Spaziergang durch die Mittagssonne hebt den Vitamin-D-Spiegel an. Bekommen wir zu wenig davon, sollte das Vitamin supplementiert werden.

Knapp 105.000 Probanden

Auf den ersten Blick, bei gemeinsamer Auswertung aller 14 identifizierten placebokontrollierten, randomisierten Interventionsstudien mit insgesamt 104.727 Probanden, mögen die Ergebnisse enttäuschen: Die Vit­amin-D-Substitution reduzierte das Risiko in der Allgemeinbevölkerung, an Krebs zu sterben, lediglich zahlenmäßig um 6%. Statistische Signifikanz erreichte der Zusammenhang aber nicht. Die Studienteilnehmer nahmen für ein bis sieben Jahre Vit­amin D3 entweder täglich ein (400 bis 4000 IE) oder erhielten monatlich (60.000 IE) bzw. alle vier Monate (100.000 IE) hohe Gaben. Zwei Studien untersuchten eine Bolusgabe zu Beginn, gefolgt von einer täglichen Einnahme des Vitamins. Berücksichtigten die Wissenschaftler nur die zehn Studien, bei denen die Teilnehmer täglich Colecalciferol einnahmen, reduzierte die Vitamin-Substitution die Krebssterblichkeit um statistisch signifikante 12% (p = 0,019), während die restlichen vier Studien mit Bolusgaben keine Mortalitätsreduktion erreichten. Für diesen Vorteil der täg­lichen Gabe sehen die Autoren die regelmäßige Bioverfügbarkeit als Grund. Die tägliche Einnahme wirke der schnellen Exkretion des Vitamins entgegen und verhindere Ungleichgewichte im Stoffwechsel des Vitamins.

Besonderer Schutz für Ältere und Unterversorgte

Für sieben der 14 Studien erhielten die Autoren Zugriff auf die zugrunde liegenden individuellen Patientendaten der eingeschlossenen Teilnehmer. Die Metaanalyse dieses Datensatzes bestätigte die gefundenen Zusammenhänge. In Subgruppenanalysen zeigte sich darüber hinaus, dass insbesondere Ältere (≥ 70 Jahre) von der Supplementierung profitieren (Risikoreduktion um -17% ; p = 0,043). Schließlich sinke bei Älteren die körpereigene Synthese in der Haut ab, und sie hielten sich aufgrund der oft verminderten Mobilität weniger in der Sonne auf, so die Autoren.

Außerdem fielen die Ergebnisse besonders deutlich aus, wenn die Vitamin-D-Substitution bereits vor der Krebs­diagnose begonnen hat und nicht erst danach. Auch das erscheint den Autoren plausibel, da das Vitamin antiproliferativ und antiinflammatorisch wirke und so die Tumorgröße vor der Diagnose und die Toleranz der Krebstherapie danach erhöht werden könne. Nur bei der Minderheit der berücksichtigten Studien wurden die Vitamin-D-Werte der Teilnehmer überhaupt gemessen, sodass davon auszugehen ist, dass eine große Zahl von ausreichend versorgten Teilnehmern den Effekt unterschätzt hat. „Wir können daher davon ausgehen, dass der Effekt für diejenigen Menschen, die tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, erheblich höher ist“, urteilt Schöttker. |

Literatur

[1] Rabenberg M und Mensink GBM. Vitamin D status of adults in Germany. Journal of Health Monitoring 2016;1:34-40, doi: 10.17886/RKI-GBE-2016-042

[2] Verringerte Krebssterblichkeit bei täglicher Vitamin-D-Einnahme. Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums vom 9. Mai 2023, www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2023/dkfz-pm-23-27-Verringerte-Krebssterblichkeit-bei-taeglicher-Vitamin-D-Einnahme.php

[3] Kuznia S et al. Efficacy of vitamin D3 supplementation on cancer mortality: Systematic review and individual patient data meta-analysis of randomised controlled trials. Ageing Res Rev 2023;87101923, doi: 10.1016/j.arr.2023.101923

Apotheker Dr. Tony Daubitz

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