Arzneimittel und Therapie

Impfstoff gegen Chikungunya-Virus vor der Tür

Positive Phase-III-Daten zur Immunogenität

gg | Die von Mücken übertragene Viruserkrankung Chikungunya-Fieber gehört zu den Tropenkrankheiten, die bedingt durch die klimatischen Veränderungen mittlerweile auch in Europa auftreten. Für einen entsprechenden Lebendimpfstoff wurde bereits die Zulassung beantragt. Die Vakzine der Firma Val­neva erzielte in einer kürzlich veröffentlichten Phase-III-Studie hohe Antikörperspiegel und eine mit anderen Lebendimpfstoffen vergleichbare Verträglichkeit.

Hohes, plötzlich einsetzendes Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen, manchmal Hautausschläge, häufig Gelenkschmerzen – diese Symptome kennzeichnen das Chikungunya-Fieber. Es handelt sich hierbei um eine Virus­erkrankung, die über die Gelbfieber­mücke Aedes aegypti und die asiatische Tigermücke Aedes albopictus übertragen wird. Gefährdet sind insbesondere Neugeborene, betagte Menschen und Personen mit Vorerkrankungen.

Studie in den USA durchgeführt

Das französische Pharmaunternehmen Valneva hat für seinen monovalenten Lebendimpfstoff VLA1553 die Zulassung in Europa, den USA sowie Kanada beantragt. Grundlage dafür sind u. a. die kürzlich im „The Lancet“ veröffentlichten Daten einer doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studie. Durchgeführt wurde diese an 43 Standorten in den USA. Die über 4000 erwachsenen Teilnehmer erhielten im Verhältnis 3 : 1 entweder eine Dosis des Impfstoffs oder Placebo. Den primären Studienendpunkt stellte ein vordefinierter Spiegel an Virus-neutralisierenden Antikörpern nach 28 Tagen dar, der an zwölf Studienzentren bestimmt wurde (266 Teilnehmer der Verumgruppe, 96 der Placebogruppe). Warum an dieser Stelle kein direkter Wirksamkeitsnachweis angestrebt wurde, erklärt Prof. Annelies Wilder-Smith der London School of Hygiene and Tropical Medicine und des Heidelberger Instituts für Global Health dem Science Media Center wie folgt: „Bei einigen Infektionskrankheiten wie Chikungunya sind klinische Wirksamkeitsstudien nicht durchführbar, entweder aufgrund der geringen Inzidenz oder der Unvorhersehbarkeit von Ausbrüchen, bei denen es zu einer hohen Inzidenz kommen kann. Daher hat Valneva in enger Abstimmung mit der FDA beschlossen, eine Phase-III-Studie durchzuführen, bei der Immunogenitäts­endpunkte als Ersatz für klinische Endpunkte verwendet werden.“ Erreicht wurde der angestrebte Endpunkt in der Verumgruppe bei 98,9% der Teilnehmer, und der hohe Antikörperspiegel blieb auch über 180 Tage erhalten.

Schwere Nebenwirkungen traten bei 1,5% der Teilnehmer der Verumgruppe und 0,8% der Placebogruppe auf. Weiterhin erlitten drei von 13 geimpften Schwangeren eine Fehlgeburt. Die Einschätzung der Forschenden, dass diese Fälle auf andere Risikofaktoren für Fehlgeburten und deren Häufung auf Verzerreffekte durch die kleine Stichprobengröße zurückzuführen sei, bestätigte ein unabhängiges Gutachtergremium mit ihrer Einstufung, dass keine Sicherheitsbedenken vorlägen.

Einen stichhaltigen Kritikpunkt an der Arbeit führt Prof. Peter Kremsner vom Universitätsklinikum Tübingen an: Da die Studie nicht an der in den Endemiegebieten lebenden Population durchgeführt worden ist, fehle ihr jegliche Aussagekraft über die Immun­reaktion, falls ein Impfling die Erkrankung bereits durchgemacht hätte. Daher resümiert er: „Letzten Endes ist es so streng genommen erst mal ,nur‘ eine Reiseimpfung.“ |

Literatur

[1] Schneider M et al. Safety and immunogenicity of a single-shot live-attenuated chikungunya vaccine: a double-blind, multicentre, randomised, placebo-controlled, phase 3 trial. The Lancet 2023, doi: 10.1016/S0140-6736(23)00641-4

[2] Erster Impfstoff gegen Viruskrankheit Chikungunya vor Zulassung. Informationen des Science Media Centers, 13. Juni 2023

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