Management

Mit Konzept zum Traum-Team

Wie man erfolgreich Personal gewinnt

Beim Thema Personalgewinnung in der öffentlichen Apotheke kann es hilfreich sein, sich persönliche Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen anzuschauen, von denen wir uns inspirieren lassen und die ein oder andere Idee abschauen können. So berichtet uns die Apothekenleiterin Esther Maria Beckmann über ihren Weg von einer problematischen Personalsituation hin zu einem waschechten Traum-Team, das sogar manchmal Initiativbewerbungen bekommt.

Wie die meisten anderen Apothekenleitungen kennt auch Esther Maria Beckmann das Gefühl einer vergeb­lichen Personalsuche. In den vergangenen 23 Jahren ihrer Selbstständigkeit ist es ihr jedoch glücklicherweise immer gelungen, genügend fachliche Verstärkung für ihren Betrieb zu gewinnen. Und dennoch hat auch sie während der Corona-Pandemie bei sich und ihrer Apotheke festgestellt, dass es noch Ausbaupotenzial gibt. So fragte sie sich erstmalig: „Wie führe ich eigentlich?“

In einem Apotheken-Coaching speziell für Apothekenleiterinnen bei Nicole Müller wurde gezeigt, wie man aktiv und gesund führen und mit der Belegschaft zu einem Team zusammenwachsen kann, das diesen Namen auch verdient. Aktuell befindet sich Esther Maria Beckmann schon im zweiten Jahr des Coachings, damit sie auch in ihrem Privatleben von dem Programm profitieren kann. So ist die Mutter von Drillingen im Teenager-Alter aktiv im Austausch mit anderen Apothekenleiterinnen und kann zugleich ihren Beruf und die Familie gut miteinander vereinbaren. Man unterstützt sich in diesem sogenannten Sisterhood-Netzwerk gegenseitig, tauscht sich über die anfallenden Herausforderungen aus und hilft einander.

Positive Grundeinstellung hilft

Eine Kernerkenntnis aus dem Coaching: eine positive Grundeinstellung ist wichtig. Auch schwierige Aufgaben gehen so laut Beckmann viel leichter von der Hand und die innere Einstellung strahlt zugleich ins Team, wird von diesem gespiegelt. Wo Probleme eher lähmend wirken, wird auf Herausforderungen mit einem kollektiven Ärmelhochkrempeln reagiert. Dies zeigt sich auch in der aktuellen Situation mit den häufigen Liefer­engpässen: „Wir finden Lösungen, tauschen uns aus und arbeiten eng mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Praxen zusammen.“

Foto: E. Beckmann

Esther Beckmann (vorne Mitte) und ihr Team vor ihrer Apotheke am Stadtgarten.

Problem oder Herausforderung?

Und auch an anderen Problemen oder Herausforderungen mangelt es Apotheken der heutigen Zeit keineswegs. Neben der mittlerweile zum Glück nur noch unterschwellig vor sich hin dümpelnden Pandemie sorgt unter anderem auch die zunehmende Digitalisierung für eine stete Veränderung der gewohnten Arbeitsumgebung. Beckmann und ihr Team erleben zusätzlich immer wieder, dass auch Betriebsschließungen in der Nähe unverhofft ganz neue Aufgabenfelder in ihre Apotheke hineinspülen. Dies betrachten sie und ihr Team bewusst nicht als Probleme oder Belastungen, sondern als interessante Herausforderungen, an denen man wachsen kann und an denen alle aktiv mitwirken dürfen. Diese Einstellung hat schon einige Früchte getragen, mittlerweile ist die Apotheke sehr breit aufgestellt: Es wird eine rundum Heimversorgung mitsamt individueller Verblisterung der Medikation angeboten, die Apo­theke versorgt die Bevölkerung mit medizinischem Cannabis und für Fragen zum Thema Hilfsmittel hat sich ein Spezialteam formiert. Außerdem werden pharmazeutische Dienstleistungen angeboten und die Patientinnen und Patienten mit wechselnden Themenwochen immer wieder über Neues informiert. Derzeit arbeitet Beckmanns Team außerdem auf eine Zertifizierung als babyfreundliche Apotheke hin. Bei der Übernahme der entsprechenden Themenbereiche bezieht die Apothekerin ihr Team immer mit ein, alle Mitarbeitenden werden nach ihrem persönlichen Stärken- und Interessenprofil eingesetzt. Hierbei dürfen ihre Angestellten je nach Vorliebe auch einiges an Verantwortung übernehmen und ihren Arbeitsplatz aktiv mitgestalten. Zusätzlich nimmt sich die Chefin gerne Zeit für andere Ideen und Wünsche ihrer Belegschaft. Sie scheue auch Investitionen nicht, um die tägliche Arbeit pragmatischer und einfacher zu gestalten. So habe sie beispielsweise eine Firma mit der Entwicklung einer digitalen Plattform für die pharmazeutischen Dienstleistungen beauftragt, um den bürokra­tischen Aufwand für die zuständige Kollegin deutlich zu vereinfachen. Auch auf eine möglichst moderne und praktische Ausstattung ihres Labors lege Beckmann Wert. Gute Rahmen­bedingungen für jede individuelle Position seien für den Erfolg des Betriebs, der mittlerweile insgesamt rund 20 Beschäftigte umfasst, essenziell.

Die persönlichen Bedürfnisse im Blick

Und dieser Anspruch ist nicht nur auf rein arbeitsbezogene Dinge begrenzt. Die Apothekenleiterin hat ebenfalls die persönlichen Bedürfnisse und Werte ihrer Belegschaft im Blick. Einige ihrer Angestellten dürfen beispielsweise anteilig im Homeoffice arbeiten, um ihre beruflichen und privaten Verpflichtungen besser mit­einander vereinbaren können. Eine andere Kollegin fängt regelmäßig etwas später ihren Dienst an, da sie ihre Tiere morgens noch versorgen muss. Zudem ist Beckmann das gemeinsame Miteinander sehr wichtig. In ihrem Team werde nicht übereinander, sondern miteinander geredet. Es gibt dabei sowohl regen persönlichen als auch fachlichen Austausch. Auch solle jede Person in ihrem eigenen Tempo arbeiten. Es sind ja schließlich alle unterschiedlich, da ist ein verschiedenes Tempo oder eine andere Arbeitsweise doch völlig logisch, so Beckmann. Und wenn mal Fehler passieren, wird das nicht als „Welt­untergang“ gesehen, sondern als eine Möglichkeit zum Lernen. In Beckmanns Apotheke dürfe man außerdem ganz in Ruhe krank sein und solle erst an den Arbeitsplatz zurückkehren, wenn die Leistungsfähigkeit wirklich wieder vollständig hergestellt ist. Generell ist gegenseitiges Vertrauen in ihrem Team ein hoch geachtetes Gut.

Fokus auf wertschätzendes und vertrauensvolles Miteinander

Für die Suche nach neuem Personal nimmt Beckmann solche Bedürfnisse ebenfalls mit in den Fokus. So fragt sie sich regelmäßig: „Was müssen wir tun, damit die Arbeitsuchenden hier arbeiten wollen?“. Dabei ist es allerdings genauso wichtig, dass der jeweilige Mensch überhaupt zur Stelle und zum bestehenden Team passt. Man sollte vor einer Einstellung also unter anderem bedenken, wie die konkreten Aufgaben aussehen werden und was es zu ihrer Erfüllung braucht. Laut Beckmann bringe es einem gut laufenden Betrieb langfristig nämlich wenig, wenn man einfach die erstbeste Person einstellt. Idealerweise sollte man schon bei Verfassen der Stellenanzeige wissen, wer oder was der Apotheke genau fehlt. Und auch hier werden die Mitarbeitenden gerne mit ins Boot geholt, um die bestmögliche Auswahl zu treffen. Frühzeitig führt die Apothekenleiterin Gespräche und Team-Meetings, in denen alle Ideen und Bedürfnisse gehört und gebündelt werden. Auf diese Weise wird eine gemeinsame Vorstellung von der benötigten Person entwickelt. Schließlich soll dieser Mensch ja möglichst gut in das bestehende Team passen und bestenfalls Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringen, an denen es noch fehlt. Die Apothekerin nutzt also die Perspektive ihres Personals als wertvolle Ressource, um ihrem Betrieb noch weiter zum Erfolg zu verhelfen. Gleichzeitig zeigt sie der Belegschaft damit ihre Wertschätzung: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei wichtigen Entscheidungen mit einbezogen, dürfen Wünsche und Vorschläge äußern und werden dabei auch gehört.

Nicht nur das unterscheidet ihre Apotheke von anderen Arbeitsplätzen. Beckmann geht bei der Personalsuche ebenfalls immer wieder neue Wege, um potenzielle zukünftige Mitarbeitende auf sich aufmerksam zu machen. Nur auf den üblichen Portalen ihre Stellenanzeigen zu inserieren, sei ihrer Meinung nach wenig zielführend. Man dürfe sich gerne von anderen abheben. Solch etwas unkonven­tionelle Personalakquise hat die Apothekerin beispielsweise bereits über Radiospots und soziale Netzwerke betrieben. Außerdem hat sie erst kürzlich eine Approbierte von der Arbeitsagentur übernommen. Und durch die Teilnahme an einer Schulveranstaltung, bei der sie die öffentliche Apotheke als Arbeitsplatz vorgestellt hat, konnte Esther Beckmann eine Schülerin bereits zu einer PTA-Ausbildung motivieren. Diese ehemalige Schülerin arbeitet mittlerweile für Beckmann und strebt nun, nach ihrer fertigen Ausbildung, sogar noch ein Pharmaziestudium an.

Zusammenfassend lässt sich Beckmanns Konzept vielleicht als wertschätzendes, kreatives und vertrauensvolles Miteinander beschreiben, bei dem die Chefin die entscheidenden Fragen nicht dem Zufall, sondern ihrem Team überlässt.

Derzeit ist Esther Beckmann übrigens auf der Suche nach PKA-Nachwuchs, den sie auch gerne selbst ausbildet. So sind sowohl Bewerbungen von Auszubildenden als auch von frisch in den Beruf eingestiegenen oder bereits erfahrenen PKA herzlich willkommen. Die Stelle soll ab Sommer besetzt werden. |

Autorin

Jessica Geller, Apothekerin und DAZ-Autorin

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