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Positiver Rückblick, zwei Anträge zum Apothekertag und neue Gremien

Neue Strukturen für die Apothekerkammer Hamburg

HAMBURG (tmb) | Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am 20. Juni begann mit einem Rückblick auf den erfolg­reichen Protesttag. Im Mittelpunkt stand aber die Zukunft: die Fort­setzung des Protests, zwei grundlegende Anträge für den Deutschen Apothekertag und vor allem die seit zehn Jahren angedachte neue Gremienstruktur für die Kammer, die bis Ende des Jahres umgesetzt werden soll.
Foto: DAZ / tmb

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen sieht nach dem Protesttag die Politik am Zug.

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen wertete den Protesttag als großen Erfolg. Dem sei ein erstaunlicher Sinneswandel bei der ABDA vorausgegangen. Er habe seit 2012 für eine offensivere, lautere Darstellung der Forderungen gekämpft. Die Apotheker seien ein Jahrzehnt als Leisetreter unterwegs gewesen, aber bei der Klausurtagung am 28. Februar dachte er, in einer anderen Welt zu sein. Einen ganzen Tag lang sei über einen Eskalationsplan diskutiert worden, und am Ende des Tages sei alles eindeutig gewesen. Siemsen beschrieb die Probleme der Apotheken und folgerte: „Unter diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist es jungen Menschen nur schwer zu vermitteln, unseren Beruf zu ergreifen“. Allein für den Inflationsausgleich würden die Apotheken 2,7 Milliarden Euro fordern. Die ABDA-Präsidentin habe mit dem Protesttag ihr politisches Überleben als Einsatz in den Ring geworfen. Nun sollte die Ampel-Regierung aufhorchen, weil sich alle Verbände und Kooperationen, auch ABDA-kritische, hinter den Aufruf gestellt und etwa 90 Prozent der Apotheken dem Protest angeschlossen hätten. In Hamburg gehe er von über 90 Prozent Beteiligung aus. Siemsen sieht jetzt die Politik am Zug, aber auch die Apotheker müssten ihren Protest fortsetzen, denn: „der Protest ist ein Marathon, kein Sprint.“

Antrag zu Aut-simile in Akutfällen

Aus dem Kreis der Mitglieder wurden zwei Anträge zum Deutschen Apothekertag eingebracht. Im ersten Antrag geht es um die Sicherstellung der Versorgung „in Not- und Akutsituationen insbesondere in Zeiten von Lieferengpässen“. Der Gesetzgeber soll aufgefordert werden, den Apotheken mehr Handlungsspielräume einzuräumen. Insbesondere soll ein Aut-simile-Austausch auch ohne Rücksprache mit dem Verordner möglich sein, sofern dieser nicht erreichbar ist und das Arzneimittel unverzüglich angewendet werden muss. Dabei soll eine Austauschliste für die relevanten Wirkstoffe der Akut- und Notfallversorgung zum Einsatz kommen, die der Deutsche Ärztetag 2023 gefordert hat. Damit wird eine Forderung der Ärzte aufgegriffen. Die Liste soll gemeinsam mit ärztlichen Gremien erstellt werden.

Antrag gegen ärztliches Dispensierrecht im Notdienst

Der zweite Antrag zur „Versorgungs­sicherheit im Notdienst“ soll klarstellen, dass die Apotheken die Versorgung auch im Notdienst sicherstellen. Die Hauptversammlung soll sich damit gegen ein Dispensierrecht von Ärzten im Notdienst aussprechen. Ein solches Dispensierrecht sei nicht nötig und könne Lieferengpässe sogar verschärfen, heißt es im Antrag. Es wäre eine nicht notwendige Doppelstruktur, die das Gesundheitswesen finanziell belasten und ärztliche und pflegerische Ressourcen unnötig binden würde. Außerdem würde eine weitere Verteilung knapper Arzneimittel auf etwa 100.000 Arztpraxen die Versorgung verschlechtern. Die Kammerversammlung nahm die Anträge einstimmig an, den zweiten Antrag mit einer Enthaltung. Georg Zwenke, Geschäftsführer des Hamburger Apothekervereins und des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, berichtete anschließend, dass sich Gremien beider Verbände und der Apothekerkammer Schleswig-Holstein bereits mit den Anträgen beschäftigt und diesen zugestimmt hätten. Daraufhin würden diese drei Organisationen die Anträge gemeinsam mit der Apothekerkammer Hamburg einbringen.

Neue Struktur zehn Jahre nach der Ankündigung

Die meiste Zeit beschäftigte sich die Versammlung mit der neuen Gremienstruktur der Kammer. Denn nach zehn Jahren, in denen die Landespolitik ein neues Hamburger Kammergesetz für die Heilberufe diskutierte, hat die Bürgerschaft dies im Frühjahr beschlossen. Es muss bereits bei den turnus­mäßigen Kammerwahlen angewendet werden, die voraussichtlich im Dezember stattfinden. Dazu hat die Kammerversammlung eine neue Hauptsatzung und eine neue Wahlordnung beschlossen. Damit wird die Kammerversammlung, die in Hamburg bisher eine basisdemokratische Vollversammlung der Mitglieder ist, durch eine Delegiertenversammlung ersetzt. Darüber wurde bei der Versammlung diskutiert, aber angesichts der Vorgaben des neuen Gesetzes gab es bei den wesentlichen Neuerungen keine anderen Möglichkeiten. Siemsen betonte, dass die Kammern der anderen humanen Heilberufe in Hamburg schon lange eine solche Struktur haben.

Delegiertenversammlung statt Vollversammlung

Die Delegiertenversammlung wird aus mindestens 25 Personen bestehen und zwei- bis viermal pro Jahr tagen. Bei den Wahlen wird jedes Mitglied zwei Stimmen haben, eine für die Landesebene und eine für den Bezirk. Die sechs Bezirke entsprechen den Wahlkreisen für die Bundestagswahl. Auf Landesebene werden die zwölf Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt. Außerdem müssen aus jedem Bezirk zwei Kandidaten gewählt werden, aus Bezirken mit über 500 Mitgliedern sogar mehr. Das ergibt mindestens zwölf Dele­gierte aus den Bezirken, bei der derzeitigen Verteilung der Mitglieder wären es vierzehn. Außerdem wird das Pharma­zeutische Institut der Uni­versität Hamburg einen Dele­gierten bestimmen. Entgegen dem Wunsch der Kammer gibt es keine Aufteilung nach Berufsgruppen. Der Vorstand wird von derzeit zwölf auf fünf Per­sonen verkleinert. Die Aufgaben des Vorstands bleiben dabei unverändert. Auch die Auf­gaben der Delegiertenversammlung entsprechen denen der bisherigen Kammerversammlung. Als Neuerung werden Bezirksversammlungen eingeführt, in denen die Delegierten des Bezirks mit den Mitgliedern zusammentreffen sollen. Alle Versammlungen sollen auch in digitaler Form möglich sein. Die zuständige Behörde verspricht sich von dieser Struktur eine Professionalisierung der Arbeit. Bei der Kammerver­sammlung wurde kontrovers diskutiert, ob sich genügend Mit­glieder finden, die regelmäßig in den neuen Gremien arbeiten. Für gewählte Delegierte gebe es allerdings mehr Verbindlichkeit als in einer Voll­versammlung. Die neue Struktur wurde als Chance und Risiko betrachtet. |

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