Arzneimittel und Therapie

Stellungnahme zu COVID-19-Impfung und Post-Vac-Syndrom

Paul-Ehrlich-Institut erkennt weiterhin kein Risikosignal

dm/dab | Können COVID-19-Impfungen zu andauernden Beschwerden führen, die mit Long-COVID nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 vergleichbar sind? Weil diese Frage in Deutschland in der Öffentlichkeit zunehmend diskutiert wird, hat das Paul-Ehrlich-Institut nun eine bereits im Jahr 2022 veröffentlichte Stellungnahme zum Thema „Post-Vac-Syndrom“ aktualisiert. Darin wird unter anderem betont, dass 50% aller weltweit registrierten Post-Vac-Verdachtsfälle aus Deutschland berichtet wurden.
Foto: Zerbor/AdobeStock

Ende Juli 2023 hat das Paul-Ehrlich-­Institut (PEI) seine im Sicherheits­bericht vom 7. September 2022 veröffentlichte Stellungnahme zum Thema „Post-Vac-Syndrom nach COVID-19-­Impfung“ aktualisiert. Die Stellungnahme basiert unter anderem auf Verdachtsfällen von Nebenwirkungen einer COVID-19-Impfung, die bis zum 19. Mai 2023 dem PEI gemeldet worden waren [1]. Darin stellt das Paul-Ehrlich-Institut zunächst klar, dass der Begriff „Post-Vac“ keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung ist. Deshalb bezieht sich die Behörde in ihrer Stellungnahme auf 1547 Meldungen über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen, „die als Long-/Post-COVID-ähnlich, chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome/Myalgische Enzephalomyelitis, CFS/ME), posturales Tachykardiesyndrom (POTS), einschließlich der Beschwerden, die als Post-Exertional Malaise (PEM, Unwohlsein nach Belastung) bezeichnet werden, oder Beschwerden, die als ‚Post-Vac‘ bezeichnet werden“. Solche Meldungen seien von zahlreichen Unsicherheiten begleitet, wie das PEI betont. Oft fehlten wichtige klinische Informationen, und auch eine Koinzidenz zu einer COVID-19-Infektion sei oft nicht eindeutig widerlegbar [1].

Ist Deutschland für „Post-Vac“ besonders sensibilisiert?

Das PEI bezieht sich nicht nur auf die in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle, sondern hat zum Stichtag 19. Mai 2023 zusätzlich eine Recherche in der Nebenwirkungsdatenbank bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur durchgeführt. Beim Vergleich dieser Zahlen mit denen aus Deutschland falle auf, dass mehr als 50% der weltweit registrierten Verdachtsfälle zum Post-Vac-Syndrom aus Deutschland berichtet wurden (1547 von 2817) – wobei in Deutschland offensichtlich nicht 50% aller Impfdosen weltweit verabreicht wurden, betont das PEI. Zudem erinnert die Behörde daran, dass gemeldete Verdachtsfälle nicht automatisch einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung und den gemeldeten Symptomen bedeuten. Und selbst wenn das Post-Vac-Syndrom im internationalen Vergleich auffällig häufig als Verdacht nach COVID-19-­Impfung gemeldet werde, so seien die Verdachtsfälle auch hierzulande extrem selten berichtet worden, wie in der aktualisierten Stellungnahme zu lesen ist: „In Deutschland wurden bislang über 192 Millionen COVID-19-Impfungen verabreicht. Gemessen an den bislang verimpften Dosen von COVID-19­-Impfstoffen und der Anzahl der ge­meldeten Verdachtsfälle, in denen Beschwerden zum oben genannten Symptomkomplex berichtet wurden, ergibt sich eine Melderate von weniger als einem Verdachtsfall pro 100.000 Impfungen (0,73/100.000).“ Das Paul-Ehrlich-Institut erkennt deshalb kein Risikosignal für das Auftreten von Long-/Post-COVID-ähnlichen Beschwerden nach COVID-19-Impfung und kann auch keinen medizinisch plausiblen Hinweis für einen kausalen Zusammenhang finden [1].

Studien zu „Post-Vac“ fehlen

Im aktuellen Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 2/2023, wird darüber hinaus das Sicherheitsprofil der COVID-19-Impfstoffe nochmals insgesamt zusammengefasst, allerdings mit dem Fokus auf internationalen Studien im Kontrast zu Spontanmeldungen. So sollen bessere Aussagen zu kausalen Zusammenhängen getroffen werden können. Es geht dort neben dem „Post-Vac-Syndrom“ als Hypothese z. B. auch um mittlerweile bekannte Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe wie Myokarditis/­Perikarditis und dem Guillain-Barré-Syndrom. Zum „Post-Vac-Syndrom“ konnten vom Paul-Ehrlich-Institut keine Studien identifiziert werden.

Es wird zudem angemerkt, dass der Begriff „Post Vaccination Syndrom“ für alle Impfstoffe – nicht nur für COVID-19-Vakzine – gilt, sowohl kurz- als auch langandauernde Reaktionen einschließt und nicht synonym mit dem hierzulande in der Öffentlichkeit verwendeten Begriff „Post-Vac“ sei.

Zum Post-Vac-Syndrom heißt es im Bulletin zusammenfassend: „Auffallend ist die Imbalance der Spontanmeldungen, die offenbar überwiegend aus Deutschland berichtet wurden. Das Paul-Ehrlich-Institut wird Meldungen über langandauernde, unerwünschte Reaktionen nach COVID-19­-Impfung weiter monitorieren“ [2]. |

Literatur

[1] Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts zum Thema „Post-Vac-Syn­drom“ nach COVID-19-Impfung, Stand 19.05.2023, aktualisiert: 29.06.2023, www.pei.de/DE/newsroom/positionen/covid-19-impfstoffe/stellungnahme-postvac.html

[2] Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 2/2023, www.pei.de/DE/newsroom/hp-meldungen/2023/230629-sik-bulletin-teaser-2-2023.html

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