Arzneimittel und Therapie

Kleine Änderung, viel Ärger?

Neuer Hilfsstoff und neue Farbcodierung bei L-Thyroxin Aristo®

gg | Ab August 2023 ändert sich die Zusammensetzung von L-Thyroxin Aristo®. Der Zusatz von Maisstärke soll künftig die Wirkstoffstabilität verbessern, macht für manche Anwender jedoch engmaschige Kontrollen erforderlich. Auch die Gestaltung der Verpackung wurde angepasst: Einige der bislang verwendeten Farben sind nun auf Packungen anderer Wirkstärke zu finden.

Vor über zehn Jahren, nämlich 2012, forderte die französische Arzneimittelaufsichtsbehörde den Hersteller Merck dazu auf, die Wirkstoffstabilität des Präparates Lévothyrox® zu verbessern. Ziel sollte sein, dass der Wirkstoffgehalt nicht nur zum Zeitpunkt der Chargenfreigabe, sondern über die gesamte Haltbarkeitsdauer stabil zwischen 95 und 100% des Nenngehaltes liegt [1]. Seitdem haben mehrere Zulassungsinhaber von Levothyroxin-Produkten die Hilfsstoffzusammen­setzung ihrer Fertigarzneimittel überarbeitet [2, 3]. Mit einem am 17. Juli 2023 veröffentlichten Rote-Hand-Brief gab nun auch die Aristo Pharma GmbH bekannt, dass sich ab August 2023 ein weiterer Hilfsstoff in den Tabletten ihres L-Thyroxin-Präparates befinden wird: Mais­stärke soll die Wirkstoffstabilität verbessern [4].

Kleine Schwankung, große Probleme?

Ob die Unterschiede zwischen den Präparaten verschiedener Hersteller tatsächlich ausschlaggebend sind oder ob nicht auch (tages-)individuelle Faktoren der Anwender zu Schwankungen führen, wird nach wie vor diskutiert. In einem wissenschaftlichen Artikel von 2022 wurde keine klinisch signifikante Veränderung im TSH-Spiegel nach der Umstellung von 2780 erwachsenen Patienten auf ein anderes Levothyroxin-Generikum festgestellt [6]. In Kommentaren zu dem Artikel wurde darauf hingewiesen, dass die untersuchten Generika eine sehr ähnliche Hilfsstoffzusammensetzung aufwiesen und das Ergebnis somit nicht pauschal übertragbar sei [7]. Auch wurden bei vergangenen Umstellungen der Zusammensetzung von Levothyroxin-Präparaten nach der Markteinführung vermehrt Nebenwirkungen gemeldet [1].

An sensible Patientengruppen denken

Obwohl Levothyroxin-Natrium-Tabletten auf der Substitutionsausschlussliste stehen [5], lässt sich somit für die Anwender eine Änderung der Zusammensetzung des eingenommenen Präparates nicht vermeiden. Da es laut Rote-Hand-Brief bei entsprechend disponierten Personen zu Unterschieden bei der Wirkstoffaufnahme kommen kann, sind Apothekenteams aufgefordert, auf das Einnahmeschema hinzuweisen, das trotz der ge­änderten Zusammensetzung gleich geblieben ist. Zu den besonders sensiblen Patientengruppen zählen hierbei Menschen mit Schilddrüsenkrebs oder kardiovaskulären Erkrankungen, Schwangere, Kinder sowie Senioren. Weiterhin soll eine Rücksprache mit dem Arzt bzw. der Ärztin angeraten werden, um die Notwendigkeit einer engmaschigen Kontrolle der Umstellung zu besprechen. So kann eine Bestimmung des TSH-Wertes sechs bis acht Wochen nach der Umstellung durchgeführt werden. Nach einmal erfolgtem Wechsel zur neuen Zusammensetzung sollten keine Tabletten der alten Zusammensetzung mehr eingenommen werden [4].

Foto: Aristo Pharma GmbH

Verpackung mit der neuen Zusammensetzung und breiterem Farbstreifen (oben). Unter www.aristo-pharma.de/de/arzneimittelsicherheit steht Informationsmaterial zur Verfügung, das den Patientinnen und Patienten bei der Abgabe mitgegeben werden kann [4].

Vorsicht Farbe!

Einen besonderen Stolperstein für abgebendes Apothekenpersonal und die Anwenderinnen und Anwender stellt die Umgestaltung der Verpackung dar. Der neue Umkarton trägt einen breiteren Farbstreifen, und die Wirkstärke ist in je nach Wirkstärke verschiedenen Farben aufgedruckt (s. Abb.). Beides dürfte es künftig erleichtern, Schachteln unterschied­licher Wirkstärke voneinander zu unterscheiden. Während der Phase der Umstellung heißt es jedoch Augen auf – denn auch das Farbschema hat sich geändert: So wird ein orangener Farbstreifen künftig auf dem Karton der 75-µg-Tabletten zu finden sein. Deren bisherige Farb­kodierung (hellgrün) tragen künftig Schachteln mit 50-µg-Tabletten. Ein zweiter Blick auf die Wirkstärke lohnt sich also in den ersten Augustwochen doppelt. |

Literatur

[1] Rausch R. Stabil, aber unverträglich? DAZ 2018;37:36

[2] Müller C. Euthyrox-Rezeptur ändert sich. Informationen von DAZ.online vom 26. Juli 2018, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/07/26/euthyrox-aendert-sich

[3] Moll D. Weiteres Levothyroxin-Präparat mit veränderter Hilfsstoff-Zusammensetzung. Informationen von DAZ.online vom 10. Januar 2022, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/01/10/weiteres-levothyroxin-praeparat-mit-veraenderter-hilfsstoff-zusammensetzung

[4] L-Thyroxin Aristo (Levothyroxin-Natrium): Tabletten in neuer Zusammensetzung – Information und Kontrolle von Patienten bei der Umstellung. Rote-Hand-Brief vom 17. Juli 2023, www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2023/20230717-Thyroxin.pdf

[5] Substitutionsausschlussliste. Information des Deutschen Apotheken Portals. Abruf am 24. Juli 2023, www.deutschesapothekenportal.de/wissen/substitutionsausschlussliste/

[6] Brito JP et al. Association Between Generic-to-Generic Levothyroxine Switching and Thyrotropin Levels Among US Adults. JAMA Intern Med 2022;182(4):418–425

[7] Hennessey JV. Considerations for Generic-to-Generic Levothyroxine Switching. JAMA Intern Med 2022;182(8):886. doi:10.1001/jamainternmed.2022.1984

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