DAZ aktuell

VZA: „Ein Einsparvolumen von 500 Millionen Euro existiert nicht“

Zytostatika-herstellende Apotheken nehmen Stellung zu Medien-Vorwürfen

mik/ks | Vergangene Woche schlug die über verschiedene Medien gestreute Berichterstattung zum „Krebskartell“ Wellen: Streichen Zyto-Apotheken im großen Stil saftige Margen ein, von denen die Krankenkassen nichts wissen – und auch nichts wissen wollen? Welche Rolle spielen Ärzte und Ärztinnen dabei – und welche die Herstellbetriebe? Der Verband Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) sah sich veranlasst, eine ganze Reihe von Behauptungen zurecht­zurücken. Einige in den Berichten aufgeworfene Bedenken teilt er aber.

Für das Rechercheteam, das für das ARD-Politmagazin „Monitor“, NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung unterwegs war, ist klar: Es gibt „Milliarden-Verschwendungen bei Krebsmedikamenten“. Im Fokus der Berichte standen Apothekerinnen und Apotheker, die angeblich auf Kosten der Beitragszahler „teilweise gigantische Gewinne“ machen würden. Laut Süddeutscher Zeitung hätte in den Jahren 2021 und 2022 fast 1 Mrd. Euro eingespart werden können. In Zeiten notorisch klammer Kassen ist das eine Hausnummer.

DAV: Nur 1,7 Prozent der Apotheken stellen Zytos her

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) reagierte auf diese Vorhaltung relativ knapp: Die „kolportierten Preise sind uns nicht bekannt und wir können sie nicht kommentieren. Auch das errechnete Einsparpotenzial lässt sich nicht nachvollziehen“. Der DAV betonte jedoch, dass nur 1,7 Prozent der deutschen Apotheken Zytostatika patientenindividuell und unter strengen pharmazeutischen und hygienischen Auflagen herstellen.

VZA zeigt Marktverhältnisse auf

Auch laut VZA existiert das genannte Einsparvolumen nicht. Der Verband veröffentlichte am vergangenen Freitag eine umfassende Stellungnahme zu den Berichten rund um „das Krebskartell“. Er verweist darauf, dass in der ambulanten onkologischen Versorgung jährlich Infusionstherapien mit einem Marktvolumen von insgesamt etwa 2,2 Milliarden Euro hergestellt werden und davon 1,73 Milliarden auf innovative patentgeschützte Arzneimittel entfallen. 460 Millionen Euro machen demnach Biosimilars und Generika aus – und nur hier könnten Apotheken Rabatte bei den pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern aushandeln. Hingegen wurden den Angaben zufolge „durch den konsequenten Switch von Originalen auf Biosimilars“ im vergangenen Jahr 1,7 Milliarden Euro über – nicht nur onkologische – Biosimilars zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung eingespart.

Auch komme es der Versichertengemeinschaft zugute, wenn herstellende Apotheken günstige Einkaufspreise aushandeln können. Denn die Hilfs­taxe sehe in ihrer aktuellen Fassung vom 15. April 2023 Rabatte der Apotheken auf einzelne Substanzen von bis zu 83,7 Prozent auf Generika und 67,5 Prozent auf Biosimilars vor.

GKV-Spitzenverband kann sich über Preise informieren

Der GKV-Spitzenverband könne sich vor Verhandlungen mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) über die im Markt für die Apotheken erzielbaren Preise informieren. Im stehe – anders als dem DAV – das Recht zu, Preisauskünfte bei Apothekern und pharmazeutischen Unternehmen anzufordern (§ 129 Abs. 5c Satz 8 bis 10 SGB V).

Es sei allerdings erforderlich, dass ein Teil der Einkaufsvorteile bei der Apotheke verbleibt, betont der VZA. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Herstellungspauschale „trotz der kürzlich erfolgten Anhebung auf 100 Euro für Zyto­statika-haltige parenterale Zuberei­tungen, Lösungen mit monoklonalen Antikörpern und Calcium- und Natriumfolinatlösungen nachweislich nicht auskömmlich ist“. Laut eines vom VZA eingeholten und mittler­weile aktualisierten Gutachtens der REFA hätte der Arbeitspreis im Juni 2022 146,87 Euro betragen müssen.

Zudem unterstreicht der VZA die gestiegenen Anforderungen an Reinraumlabore. Die noch verbliebenen selbstherstellenden Apotheken hätten in den vergangenen Jahren mit Investitionen im siebenstelligen Bereich ihre Labore auf den neuesten Stand bringen müssen.

Kritik an MVZ-Strukturen

Ausführlich geht der VZA auf die gewandelten Produktionsbedingungen der selbstherstellenden Apotheken durch die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ein. Man teile die in der Berichterstattung geäußerten Bedenken „bezüglich nicht im Interesse der Pa­tientenversorgung erfolgender Versorgungsumsteuerungen über MVZ-Strukturen“ und habe seit dem Jahr 2014 unter anderem die Ärztekammern, das Bundesgesundheitsministerium und auch den AOK-Bundesverband immer wieder auf diese „unerfreuliche Entwicklung“ hingewiesen. Der VZA habe in diesem Sinne die Pläne des Gesetzgebers, die MVZ-Trägerschaft an einen regionalen und fachlichen Bezug zu knüpfen, stets unterstützt, „um weisungsgebundene Abhängigkeiten der Verordner vom Versorger, Versorgungsumsteuerungen und ein Erodieren der flächendeckenden Versorgung zu verhindern“. In der Berichterstattung sei „komplett ausgeblendet“ worden, dass „selbstherstellende Apotheken diesen Entwicklungen, die zu einem Verlust der Versorgung führen, oft machtlos gegenüberstehen“.

In diesem Zusammenhang pocht der VZA auch auf das „Regionalitätsprinzip“ und fordert, das bestehende Netzwerk aus herstellenden Apotheken zu erhalten. Effiziente pharmazeutisch-onkologische Patientenbetreuung und interprofessionelle Zusammenarbeit sei nur „ortsnah“ möglich. Der VZA hat dazu recht konkrete Vorstellungen: Die nach dem Apothekengesetz vorgesehene Kooperationsmöglichkeit sollte nur dann zulässig sein, wenn die öffentliche Apotheke (bzw. der Lohnhersteller oder der Herstellungsbetrieb) die Zubereitung innerhalb von 90 Minuten ab Beauftragung der Herstellung durch den Arzt an den Arzt liefern kann. Dadurch würden „die Möglichkeiten von nicht im Patienteninteresse begründeten Versorgungssteuerungen massiv“ eingeschränkt. |

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