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„Die Erde hat Fieber und benötigt einen Therapieplan“
Interprofessionelle Fortbildung zu den Folgen des Klimawandels
Wegen möglicher Klimabelastung z. B. auf Operationen zu verzichten, ist natürlich keine Option. Jedoch ließen sich im Kleinen viele Einsparungen erreichen, die in Summe zu spürbar mehr Nachhaltigkeit beitragen könnten. So sollten soweit möglich umweltverträgliche Narkosegase verwendet werden. Überlegenswert sei es zudem, die zahlreich verwendeten Einmalinstrumente wieder durch Mehrwegmaterialien zu ersetzen. In manchen Fällen könnten CT-Untersuchungen durch Sonografie ersetzt werden. Das kann laut Priv.-Doz. Dr. Jens Walldorf Ressourcen schonen. Diverse Kleinigkeiten ergeben so in Summe spürbare positive Effekte. Das setze allerdings auch eine erweiterte Sichtweise auf die daraus resultierenden Kosten voraus.
Arzneimittelmüll reduzieren
Bei Arzneimitteln spielt die Abfallreduzierung eine wichtige Rolle. Zunächst sollte der Entstehung von Arzneimittelmüll entgegengewirkt werden. Seitens der Industrie könnten erweiterte Untersuchungen zur Stabilität vorgenommen werden. In vielen Fällen reicht möglicherweise eine Verlängerung der Laufzeit, um unnötigen Verwurf zu reduzieren. Bei zunehmenden Temperaturen würde eine Anpassung der Lagertemperatur über die derzeit vorgeschriebenen 25 Grad Celsius hinaus Transport und Lagerung erheblich vereinfachen. Muss dann doch ein Arzneimittel entsorgt werden, dann solle dies über den Hausmüll erfolgen. Ein fachgerechtes Verbrennen oder das Verbringen der Arzneimittel auf abgesicherten Deponien sei dann sichergestellt.
Erderwärmung beeinflusst die Medikation der Patienten
Klimawandel und die Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie beleuchtete Apotheker Dr. Dirk Keiner vom Sophien- und Hufeland-Klinikum gGmbH in Weimar. Er brachte zahlreiche Fallbeispiele mit, welchen Einfluss Hitze auf die Patientenmedikation hat. So kann sich bei Schmerzpflastern unter extremer Wärme die Wirkung gefährlich verstärken, informierte er. Und ergänzte: „Ein Insulin-Pen darf nie der Hitze ausgesetzt werden. Sonst verliert das Insulin seine Wirkung. Darum sollte dieser besser in einem Thermobehälter lagern.“ Auch könne laut Dr. Keiner das Abwasser erheblich entlastet werden, wenn Reste eines äußerlich aufgebrachten Schmerzgels erst mit einem Papiertuch von den Händen abgewischt wird und dieses in den Müll geworfen wird. Erst danach sollten die Hände gewaschen werden.
Welche Strategien gibt es nun, mit zunehmenden Hitzeperioden umzugehen, und welchen Einfluss hat das auf die Therapie der Menschen? Künftig sollten verstärkt die Patienten identifiziert werden, die durch ihre Erkrankung bei anhaltender Hitze besonders gefährdet sind. Bei ihnen ist in der Beratung besonderes Augenmerk auf präventive Maßnahmen zu legen, um Gesundheitsschäden zu vermeiden. Bei hohen Temperaturen ist die Trinkmenge anzupassen, selbst bei Patienten, die weniger trinken sollen. Darüber müssen die Betroffenen informiert werden. Und auch darüber, wie sich beispielsweise Hochdruckpatienten bei Wärme verhalten sollen.
Was Ärzte und Apotheker für den Klimaschutz tun können
Selbst die Medikation muss in einigen Fällen an das Klima angepasst werden, um Schäden oder sogar Krankenhauseinweisungen zu minimieren. Hier spielt insbesondere der enge Kontakt zwischen Arzt, Apotheker und Patient eine wichtige Rolle. Ärzte müssen gegebenenfalls Therapien anpassen. „Wir Apotheker können informieren und haben dabei die Wechsel- und Nebenwirkungen im Blick, die häufig bei Hitze auftreten können. Ebenso beraten wir zu Lagerung und Anwendung der Arzneimittel“, informierte Dr. Lars-Alexander Mohrenweiser, Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt.
Thematisiert wurde zudem, dass bei neuen Rabattverträgen der Krankenkassen Umweltaspekte eine stärkere Rollen spielen sollen. Dieses Thema ist künftig in politischen Diskussionen mit einzubinden.
Es gab viele Denkanstöße, gute Ideen und Perspektiven, die in die Praxis einfließen können. Denn wie festgestellt worden ist, hat die Erde Fieber und benötigt einen Therapieplan. Dieser muss flexibel sein und sich den jeweiligen Temperaturen anpassen. „In diesem Sinne hoffe ich, dass wir weiter gemeinsam an einem Strang ziehen und in der engen Verzahnung von Ärzten und Apothekern einen wesentlichen Beitrag leisten können. Wir haben viele Optionen in der Therapie unserer Patienten. Dafür müssen wir nur sensibel bleiben“, resümierte Dr. Mohrenweiser. |
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