Arzneimittel und Therapie

Arzneimittel als „Knochenbrecher“

Welche Wirkstoffe das Frakturrisiko bei Osteoporose erhöhen können

gg | Einige Arzneimittel können potenziell das Risiko für Knochenbrüche bei Patienten mit Osteo­porose steigern, z. B. indem sie den Knochenabbau fördern oder die Sturzneigung erhöhen. Auf die wichtigsten Wirkstoffe, auf die etwa im Rahmen einer Medikations­analyse geachtet werden sollte, weist die aktualisierte S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Osteoporose hin.

„Medikamente, die eine Osteoporose und/oder Stürze begünstigen können, sollen bei allen betroffenen Personen bezüglich ihres individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses regelmäßig überprüft werden.“ Diese Empfehlung fand sich bereits in der letzten Version der S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr“ und ist auch in der nun erschienenen Aktualisierung zu lesen. In der Begründung der Empfehlung heißt es weiter, dass eine Überprüfung und Revision des Medikamentenplans bei gefähr­deten Patienten Stürze und Frakturen verringern könne. Auf welche Wirkstoffe sollten Apotheker etwa im Rahmen einer Medikationsanalyse achten?

Besonders bekannt für ihre negative Auswirkung auf die Knochendichte sind Glucocorticoide. Eine systemische Therapie mit Substanzen dieser Klasse erhöht das Frakturrisiko in Abhängigkeit von der Dosierung und der Anwendungsdauer. „Das Frakturrisiko steigt rasch nach Beginn der Gluco­corticoid-Therapie an, vor allem wenn Dosen > 7,5 mg täglich angewendet werden, und ist im Verlauf von einem Jahr nach Absetzen der Glucocortico­ide zumindest teilweise reversibel“, heißt es hierzu in der Leitlinie. Bei Patienten, die aufgrund einer rheumatoiden Arthritis 2,5 bis 5,0 mg Prednisolon-Äquivalent täglich oral einnahmen, wurde kein erhöhtes Fraktur­risiko festgestellt. Zur inhalativen Anwendung von Glucocorticoiden liegen laut Leitlinie uneinheitliche Studien­ergebnisse vor. Im Rahmen der Asthma-Therapie angewandt, wurde kein erhöhtes Frakturrisiko festgestellt. Dermal appliziert wirken sich Glucocorticoide bei hohen kumulativen Dosen negativ auf das Frakturrisiko aus.

Weiterhin führt die Leitlinie folgende Wirkstoffgruppen als Risikofaktoren für vertebrale (die Wirbelsäule betreffende) und Schenkelhalsfrakturen auf:

  • Protonenpumpeninhibitoren
  • Sedativa (Benzodiazepine und Z-Substanzen, insbesondere in den ersten beiden Therapiewochen)
  • Aromatasehemmer
  • Thiazolidindione (Glitazone, bei Frauen)
  • Antipsychotika (insbesondere Vertreter der 1. Generation)
  • Opioide (in Dosierungen ab 50 mg/d)

Als weitere Wirkstoffgruppen, die das Frakturrisiko erhöhen, nennt die Leitlinie zudem Antidepressiva (selektive Serotonin-Reputake-Inhibitoren sowie sedierende Wirkstoffe), Antikonvulsiva, Medroxyprogesteronacetat, Antiandrogene, Heparin, Calcineurin-­Inhibitoren, einige Chemotherapeu­tika, Arzneimittel gegen Morbus Parkinson, Schilddrüsenhormone und Schleifendiuretika.

Foto: RFBSIP/AdobeStock

Besprechung einer Knochendichte-Messung. Arzneimittel können bei Patienten mit Osteoporose das Risiko für Knochenbrüche steigern, indem sie den Abbau von Knochenmasse begünstigen oder die Sturzneigung der Patienten erhöhen. Zudem gibt es Wirkstoffe, bei denen der zugrunde liegende Mechanismus nicht eindeutig geklärt ist.

Additives Risiko

All diese Wirkstoffe können etwa im Rahmen einer Medikationsanalyse identifiziert und besprochen werden. Zu bedenken ist hierbei, dass die negative Wirkung eines einzelnen das Frakturrisiko steigernden Wirkstoffes gering sein mag, sich die negative Wirkung jedoch summiert, wenn gleich mehrere solcher Wirkstoffe eingenommen werden. Nicht in allen Fällen ist es möglich oder sinnvoll, entsprechende Arzneimittel zu er­setzen oder abzusetzen. Dann ist es ratsam, die niedrigste wirksame Dosierung zu wählen und über den Einnahmezeitpunkt der Medikation und die Umgebung des Patienten zu sprechen. Um Stürze bei nächtlichen Toilettengängen zu vermeiden, sollten etwa Diuretika nicht abends eingenommen werden. Zusätzlich hilft es, die Sehkraft des Patienten und die Beleuchtung der Wohnung zu prüfen und Stolperfallen wie etwa Teppichkanten zu beseitigen. |

Literatur

Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. S3-Leitlinie unter Federführung des Dach­verbands Osteologie e. V. unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-­Registernr.: 183-001, Stand: 6. September 2023

Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Leit­linie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e. V., AWMF-Registernr.: 183/001, Stand: 21. Februar 2019

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