Deutscher Apothekertag 2023

Starkes Finale: Apothekertag verabschiedet „Düsseldorfer Erklärung“

Emotionales Ende eines außergewöhnlichen Apothekertages

tmb | Am Ende des Apothekertages wurde es ziemlich emotional. Die Hauptversammlung verabschiedete die „Düsseldorfer Erklärung“ mit ihren Forderungen an die Politik. Die Delegierten zeigten dabei ihre Geschlossenheit nicht nur in der Abstimmung, sondern auch mit ausdrucksstarken Bildern von Delegierten in Protestwesten auf dem Podium, die über einen Livestream verbreitet wurden.
Foto: DAZ/Alex Schelbert
Ein Zeichen zum Finale des Deutschen Apothekertags setzten die Delegierten mit der „Düsseldorfer Erklärung“.
 

Im Anschluss an den Vortrag von Claudia Korf mit den Wirtschaftsdaten der Apotheken für das erste Halbjahr 2023 präsentierte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening den Entwurf für eine „Düsseldorfer Erklärung“, mit der sich die Apotheker gegenüber der Politik positionieren. Die zentrale Forderung darin ist die Erhöhung des Festzuschlags für Rx-Arzneimittel auf 12 Euro. Da die Mehrheit den Entwurf nicht mehr in Details diskutieren wollte, verabschiedete das Plenum die Erklärung sofort und vermittelte dabei eindrucksvolle Bilder. Die Delegierten standen im Saal mit Protestwesten. Jeweils ein Vertreter jeder Mitgliedsorganisation stand auf der Bühne hinter einem langen Protestbanner. Da der Livestream der Präsentation der Wirtschaftsdaten noch lief, waren dies auch Bilder für die Öffentlichkeit außerhalb des Saales. So wurde die Düsseldorfer Erklärung (siehe Kasten) zur starken Abschlussresolution für den Apothekertag. Darin ist aufgelistet, was die Apotheken brauchen, damit das bewährte Versorgungsnetz erhalten bleibt.

Die Düsseldorfer Erklärung

Resolution für eine faire Vergütung der Apotheke vor Ort

Apotheken sind Teil der Daseinsvorsorge in Deutschland. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Frieden. Am Tag und in der Nacht sind Apotheken eine niedrigschwellige und unverzichtbare Säule der sicheren Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung.

Die Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort ist seit Langem strukturell unterfinanziert, da der Festzuschlag in der Arzneimittelpreisverordnung seit mehr als einem Jahrzehnt nicht angepasst wurde. Zuletzt haben die Apotheken sogar eine Honorar­kürzung zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen hinnehmen müssen.

Immer mehr Arzneimittel sind in Deutschland nicht mehr verfügbar und verursachen einen hohen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Gleichzeitig müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken fair vergütet werden. Die allgemein steigenden Kosten belasten die Apotheken zusätzlich mit Blick auf die Warenwirtschaft und die Betriebskosten. Stabile finanzielle Rahmenbedingungen sind unerlässlich, um dem Nachwuchs in der Apotheke eine Zukunftsperspektive zu geben – gerade in Zeiten des allgegenwärtigen Fachkräftemangels. Auch eine Apothekenübergabe wird durch fehlende Planungssicherheit erschwert.

Die Apothekerschaft richtet die folgenden Forderungen an die Bundesregierung:

  • 1. Die bewährten Strukturen der Arzneimittelversorgung über die heilberuflich geführten Apotheken vor Ort müssen stabilisiert und durch verlässliche Rahmenbedingungen zukunftsorientiert weiterentwickelt werden.
  • 2. Wir fordern eine dauerhaft angemessene Vergütung der Apotheken vor Ort. Die Politik trägt die Verantwortung für die ambulante flächendeckende Versorgung, auch für deren Finanzierung. Investitionen in die Apotheken vor Ort sichern flächendeckend die Arzneimittelversorgung und garantieren sichere, am Patientenwohl orientierte Zugangswege.
  • 3. Um künftig die Honorierung der Apotheken nicht wieder von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abzukoppeln, muss der Festzuschlag durch einen regelhaften Mechanismus jährlich mittels eines Dynamisierungsfaktors angepasst werden.
  • 4. Die einseitige Wirtschaftlichkeitsorientierung in der Arzneimittelversorgung muss zurückgedreht werden, um die Versorgungssituation zu verbessern. Ein Kaputtsparen von Versorgungsstrukturen gefährdet die Ver­sorgung der Bevölkerung unwieder­bringlich.
  • 5. Die Unabhängigkeit der Beratung durch freiberuflich selbstständige Heilberufler bedeutet einen großen – auch geldwerten – Nutzen für das deutsche Gesundheitswesen. Diese Unabhängigkeit muss daher zum Wohl der Patientinnen und Patienten erhalten bleiben.
  • 6. Zentrale Forderung zum Erhalt einer gesunden Versorgungsbasis ist daher die Korrektur des Festzuschlags auf 12 Euro je verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung. Nur durch diese Maßnahme lassen sich die in den letzten 10 Jahren aufgelaufenen Betriebskostensteigerungen ausgleichen.
  • 7. Weitere Kürzungen zulasten der Apotheken im Kontext der Stabilisierung der GKV-Finanzen sind für die Patientinnen und Patienten schädlich, denn sie bedeuten im Ergebnis Leistungskürzungen. Daher ist insbesondere der Apothekenabschlag dauerhaft auf 1,48 Euro festzuschreiben.
  • 8. Notwendige Aufwendungen der Apotheken im Rahmen der Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen sind vollständig zu refinanzieren. Apotheken sind ein verlässlicher Partner beim Ausbau digitaler Anwendungen, dürfen aber dadurch nicht finanziell geschwächt werden.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Christiane Eckert-Lillwar zum letzten Mal als ABDA-Geschäftsführerin Pharmazie bei einem Apothekertag dabei.

Der Apothekertag war allerdings damit noch nicht ganz zu Ende. Denn einige Anträge mussten noch bearbeitet werden. Als auch das erledigt war, hielt Overwiening ihr Schlusswort zu diesem „außergewöhnlichen Apothekertag“, bei dem es einige Abweichungen vom üblichen Ablauf gab. Zunächst blickte Overwiening zurück auf die jahrzehntelange Arbeit der ABDA-Geschäftsführerin Pharmazie, Dr. Christiane Eckert-Lill, die in dieser Funktion zum letzten Mal beim Apothekertag war. Denn sie werde in wenigen Monaten – etwas vorzeitig – in den Ruhestand gehen. Overwiening dankte ihr für den langen Einsatz, sie habe viel erreicht und sich viel eingebracht. Eckert-Lill zeigte sich sehr gerührt und verabschiedete sich entsprechend emotional vom Plenum des Apothekertages.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Apotheken stärken. Jetzt! Die Spitzen der Kammern und Verbände demonstrierten ihre Geschlossenheit.

Overwiening: Mogelpackung enttarnen

Doch Overwiening blickte vor allem voraus auf die nun anstehende politische Arbeit. Dabei sei Klarheit nötig, um die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach zu enttarnen und zu „zeigen, dass es eine Mogelpackung ist“. Denn durch das Aufweichen der Vorgaben für Apotheken sei keine Stärkung zu erreichen, argumentierte die ABDA-Präsidentin. Stattdessen würde damit die Versorgungssicherheit aufgeweicht. Es könne „keine Apotheke ohne Apotheker“ und „keine Filiale ohne Gemeinwohlpflichten“ geben. Diese Ideen seien „vergiftete Äpfel“. Stattdessen müssten die Apotheken gestärkt werden. Wie das gelingen könne, soll die Düsseldorfer Erklärung vermitteln. Die Stimmung im Saal zeigte, dass diese Vorgehensweise bei den Delegierten ankam. Die offensichtliche Bedrohung durch die Pläne des Gesundheitsministers hat die Einigkeit der Apotheker und wohl auch ihre Bereitschaft zur Auseinandersetzung gestärkt. |

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