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Praxis

Gute Kontakte – ungeahnte Möglichkeiten

Wie ein stabiles Netzwerk Sicherheit gibt

Ein gutes Netzwerk zu haben, ist immer von Vorteil. Wer jemanden kennt, der jemanden kennt, macht leichter Geschäfte und kann sein Wissen deutlich vergrößern. Neue Kontakte zu finden und diese gekonnt zu pflegen, ist mit der richtigen Herangehensweise einfacher als gedacht. | Von Anja Keck 

Es gibt Menschen, mit denen ist das Leben irgendwie leichter. Mit ihnen lässt sich über Pläne sprechen, obwohl diese im Grunde genommen noch gar nicht spruchreif, sondern vielmehr Träumereien sind. Sie hören zu, fragen nach und haben ehrliches Interesse an dem, was einen selber gerade umtreibt. Meist steuern sie Ideen und Impulse bei oder kennen jemanden, der weiterhelfen kann. Solche Menschen nutzen jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet, um andere Menschen kennenzulernen, und vermitteln zwischen Personen, die sich gut unterstützen könnten, sich aber noch nicht kennen. Sie sind Gönner und gehen lieber in Vorleistung, anstatt eine direkte Gegenleistung zu erwarten.

Wenn Sie so jemanden kennen, haben Sie nicht nur einen treuen Wegbegleiter gefunden, sondern sehr wahrscheinlich auch einen guten Netzwerker. Ein Netzwerker zu sein, hat allerdings weniger damit zu tun, einem Verein oder Club anzugehören, sondern vielmehr mit der eigenen inneren Haltung – mit Zuwendung und der grundsätzlichen Freude an Kontakten.

So weit ganz plausibel, und häufig bringen Apothekerinnen und Apotheker viele Fähigkeiten mit, die für ein gutes Netzwerk wichtig sind. In der Praxis, zum Beispiel wenn ein Filialleiter versucht, Kontakte zu anderen Filialleitungen zu knüpfen, scheitert das Ganze daran, dass es schwer ist, die Gleichgesinnten beziehungsweise Kollegen in der gleichen Position zu erkennen. Auf den Internetseiten der jeweiligen Apotheken sind die Inhaber und nur in wenigen Fällen die Filialleiter aufgeführt. Auf Fortbildungen lässt sich nicht zwischen Inhabern, Filialleitern oder angestellten Apothekern unterscheiden. Was tun? Es ist wie so oft, wenn wir mit einer neuen Tätigkeit, zum Beispiel einem ausgefallenen Hobby, einem neuen Job oder dem Leben in einer anderen Stadt starten: Wir bauen uns in kleinen Schritten ein neues Netzwerk auf.

Ein Netzwerk aufbauen von Anfang an

Nutzen Sie die Kontakte, die Sie bereits haben! Falls Sie der Meinung sind, dass Sie keine oder nicht genügend Kontakte haben, hilft ein kurzer Blick in das digitale Telefonbuch. Das E-Mail-Programm, die sozialen Netzwerke oder Gruppen wie Vereine, Familie, Kollegen und im Besonderen die Filialleiter der anderen Apotheken im Verbund ergänzen die Liste. Sich mit anderen Menschen auszutauschen und Beziehungen zu pflegen, ist etwas ganz Selbstverständliches. Jeder Säugling wird in das Netzwerk Familie hineingeboren oder findet hoffentlich ein adäquates anderes Netzwerk, ansonsten verringern sich seine Chancen für einen guten Start ins Leben. „Netzwerken“ hört sich vielleicht etwas offiziell an, aber wenn sich Nachbarn mit dem Rasenmäher aus­helfen oder Eltern sich zusammentun, um ein Geschenk für die Klassenlehrerin ihrer Kinder zu organisieren, dann ist das Netzwerken.

Durchschnittlich besitzt jeder Erwachsene 250 Kontakte. Ein guter Anfang für die Netzwerkarbeit, wenn es sich hierbei nicht nur um lockere Bekannte, sondern aktive Netzwerkkontakte handelt. Um aus einem lockeren Bekannten einen guten Kontakt zu machen, braucht es in den aller­meisten Fällen nur etwas Pflege. Und wenn jeder Kontakt ein einigermaßen guter Netzwerker ist, hat dieser wiederum 250 Kontakte. Mit jedem neuen nutzbaren Kontakt erweitert sich Ihr Netzwerk theoretisch nicht nur um einen Netzwerkpartner, sondern um 250 Kontakte, die Ihnen indirekt weiterhelfen können. So erklärt sich auch, dass beim Netzwerken Lösungen manchmal aus einer Richtung kommen, aus der wir sie gar nicht vermutet hätten. Wie das?

Nehmen wir an, Sie möchten ein Haus kaufen. Die Wohn­gegend können Sie gut eingrenzen, aber dort ein Häuschen zu bekommen, ist schwierig – von Bauplätzen ganz zu schweigen. Beim Kaffee mit der Familie berichten Sie über Ihre Pläne. Ein paar Tage später erzählt Ihre Mutter es einer Laufpartnerin, die sich in der Gegend gut auskennt. Die weiß wiederum, dass eine Familie aus dem Stadtteil bald in ein größeres Haus umzieht und deswegen ein Haus mit Garten frei wird und zum Verkauf steht, es allerdings noch nicht inseriert wurde. Sie erhalten die Informationen inklusive aller Kontaktdaten und nach wenigen Wochen auch das ersehnte Haus.

Vielleicht kennen Sie solche Begebenheiten, wo sich die Dinge dank guter Kontakte glücklich gefügt haben. Im Austausch zu sein, bietet seit jeher Vorteile und gehört ganz klar zu den Erfolgsfaktoren, auch im Beruf.

Ein kurzer Ressourcen-Check

Auf andere Menschen zuzugehen, ist nun nicht jedermanns Sache. Leichter fällt es statistisch denjenigen, denen auch bewusst ist, was sie zum Austausch beitragen können. Deswegen ist es nützlich, sich seine Fachkompetenzen und den Erfahrungsschatz in regelmäßigen Abständen bewusst zu machen: „Worin bin ich Profi? Was fällt mir leicht? Was schätzen andere Menschen an mir?“ Seien Sie sich sicher, dass Sie als Netzwerkpartner viel mehr zu bieten haben, als Sie im ersten Moment vielleicht denken. Es wäre bedauerlich, wenn andere Menschen auf Sie und Ihre Ressourcen verzichten müssten.

Das Netzwerk erweitern

Der Entschluss, ein besseres Netzwerk aufzubauen, lohnt sich. Denn mit der immer weiter wachsenden Zahl an Kontakten werden Sie merken, wie gut es tut, vernetzt zu sein. Nutzen Sie die Gelegenheiten, die sich bieten, und seien Sie aufmerksam dafür, welche Möglichkeiten es sonst noch gibt. Diese könnten beispielsweise so aussehen:

  • Kontakte der Kontakte: Wenn Sie Ihr Netzwerk erweitern wollen, ist eine ganz einfache Variante, die Kontakte von Ihren Kontakten kennenzulernen. Wie viele Ehen (im Grunde genommen auch ein Netzwerk) sind dadurch entstanden, dass irgendwer mal einen Freund oder eine Freundin zu einer Party mitgebracht hat. Und auch wenn in Zeiten einer Pandemie „echte“ Partys undenkbar waren, so kann man auch Online-Partys oder Online-Stammtische nutzen, auch dahin kann man sich mitnehmen lassen.
  • Apotheke: Allein die Arbeit in der Apotheke bietet eine Fülle von Kontaktmöglichkeiten – Kollegen, Kunden und Geschäftspartner an erster Stelle. Viele Informationen und deren Träger kommen zu Ihnen, ohne dass Sie etwas dafür tun müssen. Es gilt lediglich, den Informationsschatz durch ein paar nette Worte und die ein oder andere Frage zu bergen. Wie oft erfahren wir von Kunden, dass der Arzt nebenan ab der kommenden Woche in Praxis­urlaub geht, oder erhalten von einer Kollegin einen guten Tipp für Geburtstagsgeschenke? Für die Apotheke ist ein großes Kundennetzwerk (z. B. Kundenkarten) zudem ein klarer Wettbewerbsvorteil, und das damit zusammen­hängende Empfehlungsmarketing ist ein echtes Plus bei der Neukundengewinnung. Denn Kunden kaufen bekanntlich gerne bei Bekannten oder bei Unternehmen, die ein Bekannter empfohlen hat.
  • Veranstaltungen: Fortbildungen, Kongresse, Messen oder Online-Events bieten diverse Möglichkeiten, um neue Kontakte zu knüpfen. Wenn Sie mit jemandem unterwegs sind, dann lassen Sie sich einfach bei dessen Kontakten vorstellen – ein sehr eleganter Weg. Nehmen Sie allein teil, dann sprechen Sie mit den Leuten, die Ihnen beim Imbiss gegenübersitzen oder die sich für die gleiche Warteschlange entschieden haben.
  • Alltägliche Situationen: Im Alltag werden Haltestellen, Bahnfahrten oder Spaziergänge zum Netzwerkevent. Nicht aus jedem kurzen Plausch im Alltag wird eine lebenslange Freundschaft, aber aus jedem Gespräch lässt sich etwas mitnehmen – eine neue Perspektive, ein Buchtipp oder eine schöne Geschichte. Wenn Sie alltäg­liche Dinge bei sich tragen, die anderen Menschen weiterhelfen können, wie beispielsweise Taschentücher, einen Kugelschreiber oder Pflaster, dann wird der Einstieg ins Gespräch häufig noch leichter.
  • Experten fragen: Wenn Sie mit einem Projekt beschäftigt sind und nicht weiterkommen, fragen Sie einen Experten um Rat. Wie das? Schreiben Sie einfach eine E-Mail und warten Sie, ob eine Antwort kommt. Wenn wir jemanden um seinen Rat fragen, drückt das auch Wertschätzung aus. Experten sind meistens sehr engagiert und geizen nicht mit ihrem Wissen. Ich habe es auf jeden Fall noch nie erlebt, dass auf eine höfliche Bitte hin keine Antwort gekommen wäre. Vielleicht sind Sie ebenfalls ein Experte. Sie haben einen enormen Wissensschatz oder etwas Besonderes erreicht, aber Netzwerken ist nun einmal einfach nicht Ihr Ding. Natürlich würden Sie Ihre Erfahrung weitergeben, aber nur, wenn Sie gefragt werden. Dann geben Sie anderen Menschen zumindest die Möglichkeit, Sie einfach zu erreichen. Erleichtern Sie die Kontakt­aufnahme durch Signaturen in Ihren E-Mails oder geben Sie ab und an Ihre Visitenkarte ab. Für Netzwerker auf der Suche wäre das auf jeden Fall eine Hilfe.
  • Soziale Netzwerke: Auch über soziale Netzwerke lassen sich neue Kontakte knüpfen. Da diese Medien allerdings auch viele Fake-Profile bereithalten und die Skepsis unter Umständen groß sein kann, ist auf diesem Weg die Auffrischung der Kontakte mit alten Bekannten Erfolg versprechender.

Für die Kontaktpflege ist ein gelungener erster Small Talk – egal ob persönlich, per Mail oder per Videochat – und der Austausch von Kontaktdaten ein guter Anfang. Dazu ist eine Visitenkarte sehr praktisch, zur Not reicht aber auch die Notiz auf einem Bierdeckel oder den Fortbildungsunterlagen – was je nach Kontext vielleicht sogar die charmantere Variante sein kann.

Kontakte pflegen und intensivieren

Wenn man mit jemandem in Verbindung bleiben möchte, hat es sich eingebürgert, innerhalb von drei Tagen zum Beispiel mit einer E-Mail und einem Dank für das nette Gespräch den Kontakt zu bestätigen. Wenn beide Netzwerkpartner für das gleiche Thema brennen, fällt das Pflegen des Kontaktes meist leicht. Die Möglichkeiten für ein Wiedersehen werden wahrgenommen, es gibt Weihnachtsgrüße oder den Austausch von Informationen per Mail.

Mitunter ist die Pflege von Kontakten als zu zeitaufwendig verschrien. Netzwerken ist ohne Frage ein längerer Prozess, aber der Austausch mit den Netzwerkpartnern ist mit dem Handy immer und überall machbar. Kleine Zeitkontingente für eine kurze Nachricht lassen sich fast immer finden – am Anfang der Mittagspause, in der Warteschlange, wann immer sich eine dreiminütige Lücke im Tagesablauf bietet. Effizient wird die Netzwerkarbeit, wenn man sich zum Beispiel durch ein kurzes Telefonat mit einem Bekannten eine langwierige Recherche ersparen kann oder sich die Reparatur Ihres Computers gegen eine Medikationsanalyse tauschen lässt.

Was noch viel entscheidender ist als Telefonate und die kurzen Nachrichten zwischendurch, ist die Verbindlichkeit. Es heißt: „Nirgendwo muss man so gute Arbeit machen wie im Netzwerk.“ Um bei anderen als verlässlicher Netzwerkpartner zu gelten, müssen Verpflichtungen und Zusagen eingehalten werden. Wenn Sie eine Einladung annehmen, ganz gleich ob persönlich oder online, dann seien Sie da! Das bedeutet, dass Sie etwas früher am Veranstaltungsort eintreffen, um neue Menschen, die sich für das Gleiche interessieren wie Sie, kennenzulernen. Sie sind auch mental ganz da und nicht mit der Planung der nächsten Geschäftsreise beschäftigt. Und nach dem Event haben Sie zusätzliche Zeit eingeplant, um noch das ein oder andere Gespräch vertiefen zu können.

Selbstverständlich ist es, von Netzwerkpartnern gut oder neutral zu sprechen, aber niemals schlecht. „Lästern“ hinterlässt nie einen guten Eindruck, und wer weiß schon, ob einem nicht gerade ein guter Freund der Person gegenübersteht, um die sich das Gespräch dreht. Hinzu kommt: Wenn Sie einem Netzwerkpartner etwas versprechen, dann halten Sie es ein. Verzögerungen, Absagen oder Unzuver­lässigkeit bringen den Partner in eine missliche Lage, in die er sich sicher kein zweites Mal begibt.

Alles nur Vitamin B?

Die Kehrseite ist, dass es auch Netzwerker gibt, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Sie sind auf der Suche nach den Kontakten, die ihnen nützen – alle anderen sind ihnen herzlich egal. Ein Grund, warum das Netzwerken in einigen Köpfen einen sehr negativen Beiklang hat. Wer sich allerdings auf so eine Taktik verlässt, sollte gleichzeitig auch ein guter Zukunftsforscher sein. Denn wer weiß schon, welcher Kontakt einem in der Zukunft noch mal nützlich werden könnte.

Vor ein paar Jahren fiel ich bei dem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens während eines Netzwerktreffens sehr eindeutig in die Kategorie „nicht relevant“. Zu Beginn der Corona-Krise begann die Firma mit der Pro­duktion von Masken, und er erinnerte sich, dass es da mal diese Apothekerin gab, mit der sich ein Austausch lohnen könnte. Einziges Manko seinerseits: die fehlende Kontaktpflege. Keine Visitenkarte und kein netter Plausch, auf den er sich beziehen konnte. Mit etwas Recherche hat mich der Unternehmer dann doch gefunden – und ich glaube, mittlerweile hat er seine Netzwerkarbeit verfeinert.

Formelle Netzwerke

Herminia Ibarra, Professorin für Organisationsverfahren an der London Business School mit dem Spezialgebiet Karrierenetzwerke, unterscheidet in operative, soziale und strategische Netzwerke. Das operative Netzwerk umfasst die Kontakte, die wir brauchen, um unsere alltägliche Arbeit gut erledigen zu können. Zum persönlichen Netzwerk gehören alle Arten von sozialen Kontakten, die hauptsächlich durch das Teilen von Interessen und Sympathie geprägt sind. Strategische Kontakte sind diejenigen, die uns unseren Zielen näherbringen. Laut der Forschung von Professor Ibarra haben die wenigsten Manager strategische Netzwerke, obwohl es genau auf diese ankommt.

Bei Parteien, Interessengemeinschaften und Arbeitskreisen ist es auch ein gängiges Prinzip, sich zusammenzu­schließen, um Synergien zu nutzen und gemeinsam voranzukommen. Für Filialleiter gibt es mittlerweile auch einige Angebote an formellen Netzwerken. Führungskräfte, wie beispielsweise Filialleiter, haben unter Umständen lokal die Möglichkeit, zu einem bestehenden, branchenübergreifenden Netzwerk dazuzustoßen. Der Vorteil von branchenüber­greifenden Netzwerken ist die Fülle von praktischem Wissen und Informationen, die meist direkt mit den Belangen des Unternehmens vor Ort verknüpft sind, wie beispielsweise eine Verkehrsumleitung aufgrund von Baustellen, politische Entscheidungen der Stadt etc.

Ein Netzwerk speziell für Filialleiter sind die Qualitätszirkel Filiale der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Seit 2016 gibt es im Kammerbezirk drei dezentrale Qualitäts­zirkel. Die circa 15 Teilnehmer pro Qualitätszirkel profitieren von einem bedarfsorientierten, moderierten Erfahrungs­austausch. Sie bestimmen selbst die organisatorischen Parameter genauso wie die Fortbildungsschwerpunkte und die Besprechungsthemen. Die Teilnahme an einem dieser Qualitätszirkel kann auch sehr gut zur Vorbereitung auf eine Filialleiterstelle genutzt werden. Interessierte können sich ab November für das kommenden Jahr kostenfrei über den Veranstaltungskalender der AKWL (www.akwl.de) anmelden.

Das Netzwerk mit Informationen füttern

Wenn Sie Ihre Kontakte gefunden, selbst Unterstützung angeboten und Wissen zur Verfügung gestellt haben, dann kommt der Punkt, an dem auch Sie von Ihrem Netzwerk profitieren können. Sprechen Sie über Ihre Ziele, äußern Sie Ihre Wünsche und bitten Sie Ihre Partner um Hilfe. Denn nur wenn Ihre Freunde und Bekannten wissen, wo Sie hinwollen, können sie Ihnen den Weg ebnen. |

Autorin

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin

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