Aus den Ländern

„Ziel: 10.000 auf dem Schlossplatz“

BAV-Chef Hubmann trommelt bei der Kammerversammlung in Bayern für Protest in Stuttgart

jb | Am 8. November trafen sich die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer in München. Neben der Umorganisation des Notdienstes und der allgemeinen politischen Lage ging es auch um den anstehenden Protest.

Termin für den Süden ist der 22. November auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Kammerpräsident Thomas Benkert wies bei seiner Eröffnung zwar darauf hin. Der Kammer seien beim Thema Protest bzw. Streik jedoch die Hände gebunden, aber dafür gäbe es den Verband, so Benkert. Und der Verband nahm den Ball auf, in Person des Vorsitzenden Hans-Peter Hubmann, der gleichzeitig Kammerdelegierter ist. Ganz wichtig sei – wie im Juni –„größte Geschlossenheit“, betonte Hubmann. Er habe allerdings ein bisschen Grummeln im Bauch. „Die Teilnahmebereitschaft an der Demo ist ausbaufähig. Die Rückmeldungen zu den Busfahrten, die der Verband aus allen Bezirken organisiert, dürften mehr sein.“

Ein Signal an die ganze Ampel

Das Ziel sei, 10.000 Menschen auf dem Stuttgarter Schlossplatz zu versammeln, so Hubmann und so ein Signal an die gesamte Ampel zu senden – nicht nur an Herrn Lauterbach. „Wenn die Ampel so weitermacht, zerstört sie die Versorgung,“ prognostiziert Hubmann, „eine Staatsmedizin auf DDR- Niveau können wir nicht brauchen.“ Daher sein Appell: Apotheken müssen flächendeckend geschlossen bleiben. Das habe beim Protesttag im Juni gut funktioniert und müsse wiederholt werden. „Die Mitglieder müssen den Hintern hochbekommen und nach Stuttgart fahren!“ Hubmann verwies auf das Jahr 2008, wo bei einer Protestveranstaltung auf dem Münchener Odeonsplatz 10.000 Apotheker aus Bayern und Baden-Württemberg laut wurden. Damals sei es gelungen, die Pläne der damaligen Gesundheits­ministerin Ulla Schmidt zu stoppen. Hubmann verwies zudem noch auf die Worte von Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie bei der ABDA beim deutschen Apothekertag: Niemand brauche sich Hoffnungen zu machen, dass er am Ende zu den Gewinnern gehöre. „Wer jetzt überlebt, ist in der zweiten Runde dabei,“ erklärt der BAV-Vorsitzende. Er habe keine Hoffnung, dass Karl Lauterbach irgendjemanden verschont. „Er hat kein Verständnis für freiberufliche Versorgung. Sein Modell ist Staatsmedizin.“

Lauterbachs Milchmädchen­rechnung

Auch Gastgeber Thomas Benkert hatte zuvor kein gutes Haar an Lauterbachs Politik gelassen. Seine kurz zuvor bekannt gewordenen Eckpunkte (siehe Seite 10) seien eine Milchmädchenrechnung. Mittelfristig verfolge er das Ziel, die Apothekenstruktur einzustampfen und abzuschießen. „Er hat es in der Industrie geschafft vor 20 Jahren, jetzt macht er das Gleiche mit den Apotheken,“ so Benkert. Die Apothekerschaft müsse nun den Weg über Parlamentarier gehen. Hier seien auch die Delegierten gefragt. Lauterbachs Pläne führten in Fremd- und Mehrbesitz und in Strukturen, die der Versorgung entgegenstehen.

Den Höhepunkt der Kammerversammlung stellte jedoch ganz klar der Tagesordnungspunkt zum Notdienst dar. Denn hier besteht auch im Süden großer Handlungsbedarf. Durchschnittlich sind es 28 Dienste pro Jahr und pro Apotheke, allerdings liege die Bandbreite zwischen 13 und 91 Diensten, so Geschäftsführer Volker Schmitt. Bedingt durch die anhaltende Schließung von Apotheken seien aber keine Spielräume mehr für die Aufrecht­erhaltung der Turni vorhanden, so Schmitt. Zudem führten die rechtlich vorgegebenen Grenzen bei Aufrechterhaltung des Systems der Notdienstkreise zwangsläufig zu mehr Diensten pro Apotheke und die Erleichterungen durch Verzahnungen von benachbarten Kreisen seien mit dem bisherigen System ausgereizt. Deswegen habe sich die Kammer Gedanken zur Umstellung der Dienstbereitschaft gemacht. Zum einen soll darauf hingewirkt werden, dass die bestehenden Kilometergrenzen ausgeweitet werden. Zudem überlegt man nun auch in Bayern, die althergebrachten Notdienstkreise aufzulösen und mithilfe einer Software die Dienste zuzuteilen. Andere Länder haben dies schon vollzogen oder planen dies zu tun. Das würde allerdings die Abkehr vom bisherigen System des geregelten Turnus bedeuten, denn das System erfordere zwingend eine „arrhythmische“ Einteilung mit unregelmäßigen Dienstplänen. Es ermögliche allerdings eine Verzahnung mit den benachbarten Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg, weil diese Länder dasselbe Tool nutzten, wie in Bayern angedacht ist. Thüringen nimmt allerdings bislang nicht teil.

Lange und teilweise emotionale Debatte zum Notdienst

Bevor die Delegierten zur Abstimmung aufgerufen wurden, stellte ein Vertreter des Herstellers des Tools das angedachte System und die Vor- und Nachteile vor. Im Anschluss gab es die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Viele ließen sich dem Anbieter zufolge zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht beantworten. Nach langer und teilweise auch emotionaler Diskussion wurde der Beschluss gefasst, das System zum 1. Januar 2025 umzusetzen. |

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