Arzneimittel und Therapie

Überwiegt der Benefit bei Azithromycin?

EMA startet Nutzen-Risiko-Bewertung

Azithromycin wird häufig bei Infektionen der oberen Atemwege verordnet und stellt in vielen Fällen eine therapeutische Alternative zu Penicillinen dar. Aufgrund zunehmender Antibiotikaresistenzen und breitem Einsatz innerhalb der EU leitet die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) nun aber ein Verfahren ein, um Nutzen und Risiken von Azithromycin in den verschiedenen Indikationen neu zu bewerten. Das Verfahren wurde auf Grundlage neuer Studiendaten und Initiative des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) initiiert. Azithromycin ist innerhalb der EU nicht zentral, sondern durch die einzelnen Mitgliedstaaten zu­gelassen. Dadurch gibt es europaweit voneinander abweichende Produktinformationen. Insbesondere uneinheitliche Angaben zur Indikation können hier zu unkritischem und übermäßigem Einsatz führen. Um das in Zukunft zu verhindern, wird der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA sämtliche verfügbaren Informationen analysieren. Nutzen und Risiken von Azithromycin werden erneut bewertet und gegebenenfalls eine Anpassung der Zulassung empfohlen. Basierend auf der Stellungnahme des CHMP kann dann die Europäische Kommission eine für alle Mitgliedstaaten rechtsverbindliche Entscheidung treffen. Mit einem Ergebnis kann laut EMA im März 2024 gerechnet werden [1, 2].

Azithromycin wird systemisch zur Behandlung von Atemwegs- und Weichteilinfektionen sowie bei Infektionen mit den sexuell übertragbaren Erregern Chlamydia trachomatis oder Neissera gonorrhoeae eingesetzt. Es ist sehr gut gewebegängig, und durch die lange Halbwertszeit von zwei bis vier Tagen sind für viele Indikationen simple Therapieschemata möglich. Dabei wird ein relativ breites Spektrum an aeroben Erregern im gram-positiven und -negativen Bereich abgedeckt [3 – 5]. Jedoch wird beispielsweise in der S2k-Leitlinie „Antibiotikatherapie bei HNO­-Infektionen“ empfohlen, Azithromycin „nur bei mangelnden Alternativen einzusetzen“, da „durch die langen subinhibitorischen Wirkstoffkonzentrationen“ bakterielle Resistenzen gefördert werden [5]. |

Literatur

[1] Azithromycin: Neubewertung des Nutzens und der Risiken. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 10. November 2023, www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/a-f/azithromycin.html

[2] EMA starts review of azithromycin-containing medicines. Meldung der Europäischen Arzneimittel-Agentur, 10. November 2023, www.ema.europa.eu/en/medicines/human/referrals/azithromycin-containing-medicinal-products-systemic-use

[3] Geisslinger G, Menzel M, Gudermann T, Hinz. B. Ruth P. Mutschler. Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

[4] Fachinformation Zithromax® 250/500 mg Filmtabletten, Stand Juli 2023

[5] Antibiotikatherapie bei HNO-Infektionen. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (Hrsg.) unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-Register-Nr. 017/066, Stand 15. Juli 2019

Apotheker Simon Siuts

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