Aus den Ländern

Dobbert: „Wir müssen viele sein und wir müssen laut sein!“

Protest im Mittelpunkt der Kammerversammlung der Landesapothekerkammer Brandenburg

POTSDAM (ks) | Die Kammerversammlung der Landesapothekerkammer Brandenburg am 22. November 2023 stand ganz unter dem Zeichen des Protestmonats November.
Foto: LAKBB

Jens Dobbert rief zum Protest am 29. November in Dresden auf.

Der Bericht des Kammerpräsidenten Jens Dobbert, begann mit dem Aufschlag des Ministers Lauterbach beim DAT und dem zuvor in der FAZ ver­öffentlichten Interview zu den vorgeschlagenen Umstrukturierungsplänen der Apothekenlandschaft. „Lauterbach verkauft sich als Heilsbringer der Apothekerschaft“, so Dobbert, doch dies sei ein „Trojanisches Pferd“. Für Patienten und einige Politiker mögen dies tolle Ideen sein, doch Dobbert brachte einen anschaulichen Vergleich: „Das ist so, als ob die leitende Oberschwester, nachdem sie sich zuvor ein YouTube-­Video dazu ansah, nun die Blinddarmoperation übernimmt. Und wenn es dann zu Komplikationen kommt, kann der Arzt ja per Video hinzugeschaltet werden. Wir müssen das verhindern!“ Daher Dobberts Appell an die Kollegen: „Füllen Sie die Busse, nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit zur Demonstration nach Dresden! Wir müssen viele sein und wir müssen laut sein!“ Zudem machte Dobbert klar, dass die seit 2010 währenden Bemühungen der Landesapothekerkammer Brandenburg (LAKBB) zur Etablierung eines Pharmaziestudienganges in Brandenburg weiterhin von der Landesregierung nicht erhört würden. Auch das von der LAKBB hervorgebrachte Leuchtturmprojekt, eine Hochschule für Heilberufe in Cottbus zu errichten, finde keinen Anklang. Stattdessen stelle man sich am Innovationszentrum Universitätsmedizin in der Lausitz eine interprofessionelle Zusammenarbeit der Mediziner mit Hebammen und Pflegekräften vor. Die Apotheker blieben außen vor. Um den Kolleginnen und Kollegen angesichts des hohen Fachkräftemangels Entlastung zu verschaffen, hat sich die LAKBB um eine Neuregelung des Notdienstes mit einer Verlängerung des Dienstintervalls bemüht, ist mit diesem als Pilotprojekt angelegten Vorschlag allerdings wiederholt bei der zuständigen Ministerin gescheitert. Nichtsdestotrotz dankte Jens Dobbert der Ministerin aber für ihren Einsatz auf Bundesebene zum Erhalt einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung.

Flexible Öffnungszeiten

Die im März neu eingeführte All­gemeinverfügung verschafft den brandenburgischen Apotheken mehr Flexibilität in der Gestaltung ihrer Öffnungszeiten. Statt fester Mindestöffnungszeiten gibt es nun die Möglichkeit Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag in der Zeit von 9 bis 18 Uhr mindestens sechs Stunden und mittwochs mindestens drei Stunden zu öffnen. Wann genau die Arbeitszeiten liegen, kann die Apotheke angesichts ihrer Personalausstattung selbst festlegen. Letztlich wurde auch betont, dass es sich bei den Mitarbeitern in der Apotheke zum größten Teil um Frauen handle und diese in den meisten Fällen Kinder zu betreuen hätten. Wenn aber Institutionen wie Kitas oder Hort ab 16.30 Uhr schließen, passe etwas im System nicht, so Dobbert. Die Veränderungen der Öffnungszeiten gemäß dieser Allgemeinverfügung fänden natürlich nur Gebrauch, wenn angesichts des Personalmangels keine andere Lösung gefunden werden kann, wenn also nichts Anderes mehr geht. Die Nutzung dieser Regelung soll nun evaluiert werden.

Dobbert berichtete auch von der Tagung des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V. (BPhD), welche von einer Gruppe ehemaliger Studenten im einzigen Flächenbundesland ohne eigenen Pharmaziestandort ausgerichtet wurde. Auf dieser richtete er ein Grußwort an die Pharmaziestudierenden und unterbreitete ein Gesprächsangebot an den BPhD und die Fachschaft Cottbus über den pharmazeutischen Nachwuchs in Brandenburg und das Er­reichen des gemeinsamen Ziels eines Pharmaziestandorts in Brandenburg.

Laut Dobbert ist es immer noch einer der schönsten Berufe und gerade jetzt können Apotheker durch die pharmazeutischen Dienstleistungen auch wirklich pharmazeutisch tätig werden, doch aufgrund des Personalmangels ist das sehr schwierig umzusetzen. Er ermunterte die Kollegen, den Anfang zu machen und pharmazeutische Dienstleistungen anzubieten. Es sei eine tolle Sache und die Patienten dankten es. Trotzdem brauche es endlich eine faire Vergütung für die ureigene Hauptaufgabe der Apotheken, nämlich der Arzneimittelversorgung; auch um die Angestellten in den Apotheken fair entlohnen zu können.

Im Jahr 2023 schlossen mehr Apotheken in Brandenburg als in den Jahren 2015 bis 2020 in Summe. Zudem gäbe es in Brandenburg 126 Apotheken, die außer dem Inhaber kein weiteres approbiertes Personal mehr haben. Auch diese Apotheken stehen nicht mehr unendlich lange zur Verfügung. Und wieder der Appell: „Fahren Sie nach Dresden!“

Trotz aller aktuellen Widrigkeiten wird die Qualität der Arzneimittelversorgung in den brandenburgischen Apotheken sehr hoch gehalten. So haben einerseits viele auch während der Pandemie freiwillig an Rezeptur- oder Blutringversuchen bzw. Pseudo Customer-Besuchen teilgenommen, andererseits hat die Kammerversammlung die Teilnahme aller brandenburgischen Apotheken an einem ZL-Rezepturcheck im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2024 als externe Qualitätssicherungsmaßnahme für die Rezepturqualität beschlossen. Die Herstellung von Rezepturen entsprechend hoher Qualität wird als Alleinstellungsmerkmal und eine der wichtigsten Hauptaufgaben in der Apotheke betrachtet.

Keine Beitragserhöhung in Brandenburg

Im Folgenden wurde der deutlich gestiegene ABDA-Haushalt thematisiert. Dobbert lobte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening für ihr Engagement und ihre Entschlossenheit. Sie habe es geschafft, die Apothekerschaft wieder im politischen Berlin zu etablieren. „Wir brauchen eine schlagkräftige ABDA und dafür brauchen wir Geld.“ Den geplanten Daten-Hub der ABDA sehe er hingegen kritisch. Die Gelder dafür sollten eher für die Öffentlichkeits­arbeit genutzt werden.

Die Ängste der Mitglieder der Kammerversammlung, dass es nun auch Steigerungen der Kammerbeiträge geben würde, konnten ausgeräumt werden. Durch den anschließend dargelegten Haushaltplan der Kammer für 2024 wurde klar, dass keine Beitragserhöhungen geplant sind. |

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