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Kongresse
Vom Gehirn bis zur Niere – „wenn Organe in die Knie gehen“
Teilnehmerrekord beim Heidelberger Herbstkongress
Und dieses Konzept scheint aufzugehen mit etwa 1400 Teilnehmenden, davon mehr als 1000 zu Hause vor den Bildschirmen, verzeichnete die Kammer nach eigener Aussage einen Teilnehmerrekord. Das Thema lautete „Von Insuffizienz bis Versagen – wenn Organe in die Knie gehen“. Doch bevor sich die Teilnehmenden gemeinsam mit den Referentinnen und Referenten von oben nach unten, also vom Gehirn bis zur Niere, durcharbeiten konnten, wurden sie von Vizepräsidentin Silke Laubscher begrüßt. Ihr kurzes Grußwort versah Laubscher, die in einer öffentlichen Apotheke tätig ist, mit einem „berufspolitischen Schlenker“ – sie nahm Bezug auf die vorangegangenen Proteste. Die seien ein deutliches Zeichen an die Landespolitik und nach Berlin gewesen. Laubscher bedankte sich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren. So eine Geschlossenheit des Berufsstandes habe sie in 25 Jahren als Apothekerin noch nicht erlebt. Sie freute sich zudem über die große Teilnehmerzahl und dass, obwohl alle in den Corona-Jahren die Online-Fortbildung „kennen, schätzen und lieben gelernt hatten“, so viele an diesem Wochenende den Weg nach Heidelberg ins Hörsaalzentrum Chemie gefunden hatten.
Von Gehirn und Schilddrüse ...
Als erster Referent des Tages sprach dann Neurologe Prof. Dr. med. Klaus Schmidtke von der Rehaklinik Klausenbach in Nordrach bei Offenburg darüber, wenn aus Vergesslichkeit Demenz wird. Der Fokus lag dabei auf Diagnose und Therapie der häufigsten Demenz-Form, der Alzheimer Demenz. Im kommenden Jahr werde zwar ein weiterer Antikörper gegen Amyloid auf den Markt kommen. Den großen Durchbruch in der Alzheimertherapie erwartet Schmidtke jedoch in den nächsten Jahren nicht.
Weiter ging es dann mit der Schilddrüse bzw. deren Funktionsstörungen, konkret um die Substitutionstherapie bei Hypothyreose. Referentin war hier Dr. med. Christine Klasen, Chefärztin für Endokrinologie und Diabetologie am Diakonie-Klinikum Stuttgart. Sie machte deutlich, welchen Schwankungen der TSH-Wert unterliegt, die man auch bei der Interpretation der Laborwerte berücksichtigen sollte. Zudem kritisierte sie, dass Schilddrüsenhormone zu leichtfertig verordnet werden.
... zu Herz, Pankreas und Niere
Das nächste Organ, um das es dann ging, war das Herz. Hier stellte Prof. Dr. Dietmar Trenk neue Ansätze in der Therapie der Herzinsuffizienz vor. Er thematisierte dabei unter anderem die Abkehr von der Stufentherapie. Heute werde mit einer Vierfachtherapie gestartet, so Trenk. Zudem stellte er verschiedene Wirkstoffe vor, deren Wirksamkeit gegen Herzinsuffizienz einen Zufallsbefund darstellte, zum Beispiel die SGLT2-Inhibitoren. Diese stammten eigentlich aus der Diabetologie. Für Antidiabetika seien in den USA Studien zur kardiovaskulären Sicherheit vorgeschrieben und dabei sei diese „Nebenwirkung“ bei Herzinsuffizienz aufgefallen.
Am Sonntagmorgen ging es dann in aller Frühe weiter mit einem Update zu Typ-1- und -2-Diabetes. Prof. Dr. Monika Kellerer, ärztliche Direktorin am Zentrum für Innere Medizin I am Stuttgarter Marienhospital, betonte, dass der Fortschritt beim Typ-1-Diabetes vor allem technischer Natur sei. Die Therapie habe sich seit 100 Jahren nicht geändert. Deutlich mehr habe sich in den letzten Jahren beim Typ-2-Diabetes getan. GLP1-Agonisten seien in ihrer Blutzucker-senkenden Wirkung Insulin nicht unterlegen, sorgten aber zudem für eine bei Typ-2-Diabetikern meist erwünschte Gewichtsabnahme.
Das Thema von Dr. rer. nat Beate Mussawy, Krankenhausapothekerin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, war Niereninsuffizienz und hier vor allem die AMTS in der Apothekenpraxis. Sie thematisierte, wie wichtig es in ihren Augen ist, die glomeruläre Filtrationsrate zu berechnen, um Arzneimitteldosierungen gegebenenfalls anzupassen.
Im letzten Vortrag ging es dann um die pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten. Bevor Referentin Prof. Dr. Irene Krämer, Direktorin der Apotheke am Uniklinikum Mainz, loslegen konnte, nutzte Silke Laubscher die Gelegenheit, um ein flammendes Plädoyer für die pharmazeutischen Dienstleistungen zu halten. Sie appellierte an die Apotheken, diese anzubieten und die Mittel dafür abzurufen. Im kommenden Jahr werde es ein neues Angebot der Kammer geben, um den Einstieg zu erleichtern, nämlich ein individuelles Coaching in der jeweiligen Apotheke.
Auszeichnung herausragender Projektarbeiten
In guter Tradition wurden im Rahmen des Herbstkongresses auch die Preisträger für die beste Projektarbeit im Rahmen der Weiterbildung zum Fachapotheker für Allgemeinpharmazie ausgezeichnet. Seit 2008 gibt es diesen Preis, der mit 750 Euro dotiert ist. Die Jury wählt aus den eingereichten Projektarbeiten die aus, die hinsichtlich der fachlichen Qualität, der Relevanz für die Berufspraxis sowie des Aufbaus und der Gestaltung herausragen. Besonderer Augenmerk liegt auf dem konkreten Nutzen des Projektes für den Apothekenalltag. Die beste Projektarbeit des Jahres 2022 verfasste Tamara Eberle zum Thema „Auswirkungen des Rote Hand Briefs zu Fluorchinolon-Antibiotika vom 8. April 2019 und die daraus folgenden Konsequenzen für pharmazeutisches Personal in öffentlichen Apotheken“. Ihre Weiterbildung absolvierte sie in der Rathaus-Apotheke Beutelsbach und der Schurwald Apotheke Hohengehren unter Betreuung von Jürgen Frasch.
Weil die Fortbildung und somit die Preisverleihung in den vergangenen drei Jahren nur virtuell stattfanden, hat die Kammer zudem die Preisträgerinnen und Preisträger der Jahre 2019 bis 2021 zum Kongress eingeladen und sie noch einmal persönlich geehrt. Namentlich waren das Dr. Nils Buchholz, der Verfasser der besten Projektarbeit 2020 zum Thema „Umfrage über die psychische Belastung der Corona-Pandemie bei den Mitarbeiter:innen einer öffentlichen Apotheke“, und Jasmin Duppel, Verfasserin der besten Projektarbeit 2021. Ihr Thema lautete „Qualitäts- und Gehaltsbestimmung von Rezepturen – ein weiterer Schritt zur Optimierung individuell hergestellter Arzneimittel“. Die Preisträgerin aus dem Jahr 2019, Kathrin Straub, war verhindert. |
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